Die Stunde Der Vampire
ja genau! Mehr musste ich nicht tun; es klang so einfach. Ich wollte mit ihm reden, von ihm lernen, denn ich hatte es die ganze Zeit über nicht geschafft, irgendwie Frieden mit diesem Leben zu schlieÃen, doch er lieà es so einfach klingen â¦
»Kitty!«
Mein Gehirn ratterte. Verwirrt blinzelte ich. Jeffrey schüttelte mich am Arm. Er hatte mir so laut ins Ohr gezischt, dass sich die Leute vor uns umdrehten.
»Was? Was ist los? Was ist passiert?«
Ben starrte mich ebenfalls an. »Sie haben eine Minute lang wie eine Comicfigur ausgesehen. Ich glaube, Sie haben sogar gegeifert.«
»Habe ich nicht !«
Doch beide Männer musterten mich eingehend, besorgt. Trotz seiner schnodderigen Bemerkung war Bens Stirn gerunzelt. War ich in Ohnmacht gefallen? Hatte ich
das Bewusstsein verloren? Ich hatte lediglich der Zeugenaussage gelauscht, Smith â¦
Diese feste, betörende Stimme erfüllte den Saal. Ich konnte sie an meinem Herzen spüren.
»Oh mein Gott«, murmelte ich. »Bin das nur ich? Spüren Sie beide es denn nicht â¦Â«
Jeffrey schüttelte den Kopf. »Nicht auf diese Weise, aber ich kann es sehen. Es hat angefangen, als er zu sprechen begonnen hat.«
Etwas an Smiths Stimme klang so vernünftig, so rein. Es tat kaum etwas zur Sache, was er sagte, denn ich hörte sowieso nur: Hier ist jemand, dem ich vertrauen kann .
Ich legte die Hände an die Schläfen, um die Kopfschmerzen zu lindern, die sich, wie ich vermutete, gerade zusammenbrauten. »Das hier ist wirklich pervers.«
»Seine Kirche verstehe ich nun wohl ein bisschen besser«, sagte Jeffrey.
»Ohne Zweifel.« Das Heilmittel war nur der Beginn seiner Macht, wie es schien. Er konnte Vampire und Werwölfe allein durch seine Sprechweise anziehen. Im Grunde brauchte er sie kaum zu heilen, wenn er lediglich auf eine Herde treu ergebener Anhänger aus war.
Wenn er schon quer durch den Saal eine solche Macht über mich hatte, wie sollte ich dann nahe genug an ihn herankommen, um mehr über ihn in Erfahrung zu bringen? Konnte ich es wagen, ihn zu einem Interview in die Sendung einzuladen und seine Stimme im ganzen Land auszustrahlen?
Dann waren wir wieder einmal fertig für heute. Die Anhörung wurde vertagt.
Smith kam sofort den Gang in der Mitte zwischen den Stuhlreihen entlang, sein treu ergebenes Gefolge im Schlepptau. Ich beobachtete ihn, wie ein Wolf einen Jäger beobachtet, der sich ihm mit einem Gewehr nähert: den Kopf geduckt, mit wütendem Blick, die Lippen bereit zu einem herausfordernden Knurren, falls der Eindringling zu nahe kommen sollte. Wären Jeffrey und Ben nicht dort gewesen, wäre ich ihm vielleicht ebenfalls gefolgt, ganz genauso eifrig bemüht und hingebungsvoll wie seine beiden SchoÃtiere.
Ich war niemands SchoÃtier!
Im Vorübergehen begegnete er meinem Blick. Eine halbe Sekunde umzuckte ein Lächeln seine Lippen â ein kaltes Lächeln â , und in seinen Augen lag Siegesfreude.
Er wusste, dass er mich erwischt hatte.
Manche Vampire und Werwölfe sagten gerne von sich, dass sie an der Spitze der Nahrungskette stünden. Stärker als sterbliche Menschen, in der Lage, sterbliche Menschen zu jagen.
Doch vielleicht waren wir auf etwas gestoÃen, das noch über uns stand. Ich musste unbedingt herausfinden, was er war. Wenn ich nicht das Risiko einging, mich näher an ihn heranzuwagen, würde ich es nie erfahren.
Ich schob mich hastig an Jeffrey vorbei, um den Gang zu erreichen. Um ihn abzufangen, war ich zu spät dran, aber vielleicht konnte ich ihn noch einholen.
Ben rief mir hinterher: »Kitty, was machen Sie â¦Â«
Nachdem ich nur ein paar Schritte auf Smith zugegangen war, drehten sich die Werwölfe zu mir um. Ihre Lippen waren zu Grimassen zurückgezogen, die Schultern angespannt,
sie ballten die Fäuste, als machten sie sich bereit zuzuschlagen. Zwei kampflustige Werwölfe. Panik durchzuckte mich; mit diesen Kerlen konnte ich es nicht aufnehmen, und meine Wölfin wusste das. Es kostete mich Mühe, dort zu stehen und nicht den Blick zu senken. Mich nicht zu winden und zu ducken. Bitte verprügelt mich nicht â¦
Ich blickte an ihnen vorbei Smith an, der sich umgedreht hatte, um nachzusehen, was los war.
»Hallo, Reverend Smith? Ich bin Kitty Norville von der Talkshow The Midnight Hour . Ob ich Ihnen vielleicht ein paar Fragen stellen könnte? Ich glaube, mein Publikum
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