Die Stunde der Wahrheit
Rippen.
»Was ist?« kam die schläfrige Antwort.
»Unsere Lady schnarcht nicht«, flüsterte Papewaio.
Lujan gähnte und gab sich mißmutig wegen der angekratzten Würde. »Ich schnarche nicht.«
»Dann war das aber eine hervorragende Nachahmung.« Der Truppenführer lehnte sich auf seinen Speer. Seine Silhouette hob sich gegen das Mondlicht vor dem Fensterladen ab. Er verbarg seine Erheiterung, denn er mochte den ehemaligen Grauen Krieger sehr. Papewaio achtete Lujan als guten Offizier, und er schätzte Lujans Art, die sich so ganz von seiner eigenen Schweigsamkeit unterschied.
Plötzlich warnte ihn ein leises Rascheln im Flur, und er richtete sich auf. Auch Lujan hörte es, denn er ließ den Rest seines Protestes unausgesprochen. Die beiden Offiziere verständigten sich mit Handzeichen über ihre Vorgehensweise. Jemand, der nicht gesehen werden wollte, näherte sich vom äußeren Gang. Der Fremde war jetzt nur noch sechs Schritte vom Laden entfernt. Papewaio hatte an jeder Kreuzung im Flur hinter Maras Gemächern eine neue Matte auf den Boden gelegt; jeder, der sich der Tür näherte, mußte ein Rascheln verursachen.
Das Geräusch war ihr Zeichen. Ohne irgendwelche Worte zog Lujan sein Schwert und nahm seinen Platz an der Tür ein. Papewaio lehnte seinen Speer in eine Ecke und zog sowohl ein Schwert als auch einen Dolch. Mondlicht spiegelte sich auf dem Lack, als er sich auf Maras Matratze legte und die Waffen unter dem Laken fest umklammerte.
Die Minuten verstrichen, ohne daß etwas geschah. Dann wurde der Laden, der zum Gang beim Garten führte, geräuschlos zur Seite geschoben. Der Eindringling zögerte nicht lange, sondern schlüpfte mit gezogenem Dolch durch die schmale Spalte und beugte sich rasch über das, was er für die schlafende Gestalt der Lady der Acoma hielt.
Papewaio rollte sich nach rechts und kauerte dann in Kampfstellung, Schwert und Dolch zur Abwehr erhoben. Klinge erklang auf Klinge, während Lujan sich dem Attentäter von hinten näherte, um ihn am Wegrennen zu hindern.
Das schwache Mondlicht verriet ihn jedoch, als sein Schatten nach vorn auf den Boden fiel. Der Attentäter stieß die Klinge in die Kissen, und die Jiga-Federn wirbelten durch die Luft. Er rollte sich zur Seite und sprang auf die Füße – um zu erkennen, daß er in eine Falle geraten war. Obwohl er die Kleidung eines Trägers trug, reagierte er mit der geübten Schnelligkeit eines Kriegers und schleuderte seinen Dolch nach Papewaio. Der Truppenführer sprang behende zur Seite. Ohne jedes Geräusch gelangte der Eindringling an ihm vorbei, wirbelte herum, um zu verhindern, daß ihn ein Schwert in den Rücken traf. Er krachte durch die Papiertür und stürzte mit voller Wucht auf den dahinterliegenden Weg.
Lujan folgte ihm dicht auf den Fersen. »Er ist im Garten!«
Sofort tauchten weitere Wachen der Acoma in den Gängen auf. Überall öffneten sich Läden, und Keyoke stürzte sich ins Getümmel, gab Befehle, die sofort befolgt wurden. Die Krieger verteilten sich und droschen mit ihren Speeren auf die Büsche ein.
Papewaio rappelte sich wieder auf und wollte sich gerade an der Suche beteiligen, als Keyoke ihn leicht an der Schulter berührte. »Ist er entkommen?«
Der Truppenführer stieß einen Fluch aus und beantwortete bereits die Frage, die der Kommandeur erfahrungsgemäß als nächstes stellen würde. »Er versteckt sich irgendwo hier auf diesem Gelände, doch du mußt Lujan fragen, wenn du wissen willst, wie er aussieht. Das Mondlicht kam ihm zu Hilfe, und ich habe nicht viel mehr als einen Schatten erkennen können.« Er hielt inne, während Keyoke nach dem früheren Banditen schicken ließ, und fuhr dann nachdenklich fort: »Er ist von durchschnittlicher Größe und Linkshänder. Und sein Atem stank ziemlich nach Jomach-Früchten.«
Lujan vervollständigte die Beschreibung: »Er trägt die Tunika und den Gürtel eines Trägers, doch seine Sandalen sind mit weichem Leder besohlt, nicht mit gehärtetem Needra-Fell.«
Keyoke winkte den zwei am nächsten stehenden Soldaten zu und gab ihnen knappe Befehle. »Sucht die Quartiere ab, die den Kehotara zur Verfügung gestellt worden sind. Findet heraus, wer fehlt; er ist unser Mann.«
Eine Minute später kamen zwei andere Krieger, die einen schlaffen Körper schleppten. Sowohl Papewaio als auch Lujan erkannten den Attentäter, und beide bedauerten, daß er noch Zeit gefunden hatte, sich den zweiten, kleineren Dolch ins Herz zu stoßen.
Keyoke spuckte auf die
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