Die Stunde der Wahrheit
goldbraunen Haare wieder hochzustecken. Die Gemächer von Truppenführer Shimizu lagen gleich auf der anderen Seite des nächsten Innenhofes, und so war keine List mehr nötig – um diese Stunde würde ohnehin nur noch der Sklave unterwegs sein, der die Öllampen anzündete. Teani schlüpfte mit einem geheimnisvollen Lächeln durch den letzten Laden. Heute würde der Sklave erst spät kommen, so beschäftigt, wie er mit den Wünschen von Jingus Gästen war. Der alte Jaguna konnte furchtbar knauserig sein, wenn es darum ging, für sein Personal zu sorgen. Die Politik kam immer an erster Stelle beim großen Lord, eine Eigenschaft, die seine Offiziere ihm manchmal übelnahmen.
Das Mondlicht strömte auf den Hof und verlieh Teani einen goldenen Schimmer. Sie öffnete den Kragen ihres Gewandes und ließ den Stoff weit genug rutschen, daß er einen Blick auf ihren herausfordernden Busen freigab. Ihre Zähne blitzten, als sie lächelte. Wenn sie es richtig anstellte, würde die dürre, kleine Acoma-Hexe noch in dieser Nacht sterben. Wie süß würde es sein, ihre Schreie zu hören.
Die Läden, die auf der anderen Seite des Hofes zu Shimizus Gemächern führten, standen einen Spalt offen. Eine Lampe brannte im Innern und warf die verzerrte Silhouette eines Mannes an die Wand, der mit einer Flasche in der Hand vornübergebeugt auf seinen Kissen saß. Er trinkt wieder, dachte Teani angeekelt, und das nur, weil sie in der großen Halle zu lange aufgehalten worden war, während sie erfolglos versucht hatte, Jingu den Befehl zur Ermordung Maras abzuringen. Die Konkubine wollte sich dieses Vergnügen nicht nehmen lassen. Die Tatsache, daß ihr Lord sich nicht darum scherte, ihr diese Aufgabe zu übertragen, ließ Teani keine andere Wahl, als ihn zu überlisten.
Sie warf ihre Haare mit einer schwungvollen Bewegung über die nun beinahe bloßen Schultern und ging weiter auf den offenen Laden zu. Sie trat so leise ein, daß der dunkelhaarige Mann im Zimmer für einen Augenblick nichts bemerkte. Teani ließ sich Zeit und betrachtete ihn.
Shimizu, Truppenführer der Minwanabi, galt bei seinen Soldaten als ein Mann mit glühender Loyalität, leidenschaftlichen Überzeugungen und einem offenen Wesen. Seine schnellen Reflexe und sein nahezu unfehlbares Urteilsvermögen auf dem Schlachtfeld hatten ihm eine frühe Beförderung beschert. Sein Gesicht war jung für seine Position, es hatten sich noch keine Falten eingegraben außer den Narben, die er sich in der Ausübung seines Berufes eingehandelt hatte. Sein einziger Fehler war seine Dünnhäutigkeit; sie brachte ihn manchmal ohne Vorwarnung zum Explodieren. Die Augen waren von schweren Lidern beschattet, und seine Stimmungen waren schwer zu erahnen, es sei denn, er trank. In der leicht pikierten Art, wie er die Unterlippe vorschob, erkannte Teani seine Enttäuschung und Wut – es war die beleidigte, explosive Haltung, die Männern eigen ist, wenn sie von einer Geliebten versetzt worden sind. Teani gratulierte sich insgeheim dafür, wie hervorragend sie diese Aufgabe gelöst hatte. Sie hatte festgestellt, daß dieser Mann ein Narr war, innerlich krank vor Sehnsucht und Begierde nach ihrem Körper, einer jener gefühlsbetonten Jugendlichen, die Verlangen mit Liebe verwechselten. Und als sie den Schweiß auf seiner muskulösen Brust sah, wußte Teani, daß Shimizu auf ihr Geheiß hin alles für sie tun würde; ein perfekt geschmiedetes Werkzeug für ihre Pläne wie so viele andere vor ihm, Männer wie Frauen.
Außer Mara. Die Lady der Acoma war ihr entkommen. Deshalb brachte Teani ihr verführerischstes Lächeln zustande und legte von hinten eine Hand auf Shimizus schweißbedeckte Schulter.
Shimizu zuckte heftig zusammen, seine Hand schoß vor und griff nach dem Schwert, das er immer auf den Knien hatte. Die Klinge fuhr mit einem singenden Geräusch aus der Scheide und pfiff in einer blitzschnellen Drehung durch die Luft – auch dann noch, als er seine Geliebte schon erkannte. Die Spitze berührte weiche Seide und hielt inne, nur knapp davon entfernt, das Blut der Konkubine zu vergießen.
»Frau!« Shimizus Gesicht wurde erst blaß, dann rötete es sich aus Wut über Teanis Zuspätkommen und ihr heimtückisches Eindringen. Als er sich wieder gefangen hatte, bemerkte er einen eigenartigen Glanz in ihren Augen. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, als wäre das Schwert ein Liebhaber, den es zu umarmen galt. Ihre Brustwarzen richteten sich auf, und sie atmete hörbar, erregt durch die
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