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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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war wütend, weil Mara sich nicht die Mühe machte, sie direkt wegen der Beleidigung anzusprechen. Der Lord der Minwanabi war alles andere als amüsiert; er hatte diese kleine Beinahe-Jungfrau aus dem Tempel Lashimas erniedrigt, doch sie war nicht im mindesten eingeschüchtert. Tatsächlich hatte sie sich während dieses ersten Schlagabtauschs gut gehalten. Und da seine Diener bereits neben ihr standen, um sie und ihr Gefolge zu ihren Plätzen zu geleiten, konnte Jingu ohne Einbuße an Anstand nichts anderes tun, als sie zu entlassen.
    Die Festlichkeiten vergingen für Mara nur langsam. Das Essen, die Musik und die Tänzer und Tänzerinnen waren von ausgesuchtester Qualität, doch der Tisch gleich neben der Küche war heiß, laut und ständig von dem Gewirr vorbeieilender Diener und Dienerinnen umgeben. Die Hitze und Gerüche aus der Küche verursachten Mara Übelkeit, und noch bevor der erste Gang des Banketts serviert wurde, wirkte Papewaio angespannt. Das unaufhörliche Kommen und Gehen der Fremden, die in der Küche zu tun hatten, zerrte an seinen Nerven, besonders, da auf jedem Tablett Gegenstände lagen, die als Waffen benutzt werden konnten. Er hatte gehört, was Mara zu Nacoya über mögliche »Unfälle« gesagt hatte. Und wenn es auch unwahrscheinlich war, daß der Lord der Minwanabi in dieser Situation einen Mordanschlag verüben würde, so wich Teanis giftiger Blick niemals von Mara. Der Truppenführer der Acoma ließ daher äußerste Vorsicht walten, und als das Dessert abgeräumt worden war, berührte er sanft Maras Schulter. »Lady, ich schlage vor, daß Ihr Euch noch vor der Dunkelheit in Eure Gemächer zurückzieht. Die Gänge sind uns fremd, und wenn Ihr auf die Hilfe des Lords der Minwanabi angewiesen seid, könnten die von ihm zur Verfügung gestellten Diener möglicherweise andere Anweisungen erhalten haben.«
    Mara schien mit ihren Gedanken weit weg gewesen zu sein und nur langsam wieder zurückzukehren. Ihr Haar war perfekt frisiert und ihre Haltung wachsam, doch hatte die Müdigkeit dunkle Ringe unter ihren Augen hinterlassen. »Wir müssen einen Weg finden, wie wir Arakasi eine Nachricht zukommen lassen können, damit er weiß, wo er uns erreichen kann, wenn es notwendig werden sollte.«
    Papewaio antwortete grimmig: »Wir können nichts tun, ohne zu riskieren, daß wir entdeckt werden, Lady Vertraut Arakasi. Seine Spione können ihn ohne Gefahr erreichen, und er wird Euch von allein finden, wenn es darauf ankommt.«
    Mara nickte nur; in dem Geräusch klappernder Tische, als die Diener und Dienerinnen den Saal für eine Darbietung von Akrobaten räumten, war ihre Stimme nicht zu hören. Sie tätschelte Nacoyas Arm und stand dann auf, um sich beim Lord der Minwanabi zu entschuldigen. Ihre Kopfschmerzen waren echt genug, und da der Kriegsherr ohnehin nicht vor dem folgenden Tag auftauchen würde, konnte man es ihr nicht vorwerfen, wenn sie sich jetzt zurückzog. Wenn überhaupt, so wollte sie den Eindruck einer jungen und unerfahrenen Frau hinterlassen, der es an Sinn für Feinheiten mangelte. Sich zeitig zurückzuziehen würde diesen Eindruck bei den Gästen nur verstärken, ihr vielleicht sogar eine Atempause verschaffen, um über eine mögliche Verteidigung nachzudenken. Der Lord der Minwanabi würde es schwer haben, seinen Plan umzusetzen, wenn die Augen eines jeden Rivalen Ausschau nach einer Schwachstelle hielten, um sie gegen ihn zu benutzen.
    Mara beauftragte den Diener, der ihre Teller abtrug, dem Lord von ihrem Aufbruch zu berichten. Zu dem Zeitpunkt, da die Nachricht auf dem Podest angekommen war und der große Lord das Gesicht mit einem breiten, selbstzufriedenen Grinsen in Falten legte, waren die Stühle, wo die Acoma gegessen hatten, bereits verwaist. Jingu war so verliebt in diesen Triumph, daß er Teanis gleichzeitiges Verschwinden gar nicht bemerkte. Sie war es leid, ihren Herrn zu bearbeiten, um endlich die Chance zu erhalten, die Lady der Acoma vor ihrem Ende quälen zu dürfen. So war sie gegangen, um sich ihren eigenen Methoden zuzuwenden, die sie ihrem Ziel näherbringen könnten – in dem Wissen, daß die Getränke und die luxuriöse Unterhaltung den Appetit ihres Herrn genügend befriedigen würden.

    Teanis Kopfbedeckung, ein blauer Seidenschal, flatterte hinter ihr her, als sie einen der hinteren Gänge des Herrenhauses der Minwanabi entlanghastete. Sie machte sich nicht die Mühe, ihn zurechtzurücken, und hielt auch nicht an, um die auf die Schultern gefallenen

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