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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Eingang wachte.
    Da sie jetzt nichts mehr ablenken konnte, spürte Mara das Gewicht ihrer eigenen Sorgen. Sie vertraute sie ihrer Ersten Beraterin an: »Nacoya, was ist mit den fünfzig Kriegern, die bei den Baracken stationiert sind? Der Eid der Minwanabi, für die Sicherheit der Gäste zu sorgen, schließt unser Gefolge nicht ein, und ich fürchte, daß ihr Leben in Gefahr ist.«
    »Ich glaube nicht.« Die Zuversicht der alten Frau kam unerwartet nach der Unsicherheit, die sie den ganzen Tag ausgestrahlt hatte.
    Mara spürte Wut in sich aufsteigen, beherrschte sich jedoch. »Es wäre so einfach, sie zu töten. Eine falsche Behauptung, daß ein Sommerfieber in den Baracken ausgebrochen wäre – allein beim leisesten Verdacht einer Krankheit würden ihre Körper verbrannt werden. Niemand könnte hinterher beweisen, wie unsere Soldaten gestorben sind …«
    Nacoya umfaßte Maras Handgelenke. »Ihr macht Euch unnötige Sorgen um das Falsche, Mara-anni. Der Lord der Minwanabi wird sich nicht mit unseren Kriegern abgeben. Mistress, alles was er tun muß, ist Euch und Ayaki niederzustrecken, und jeder Mann, der das Acoma-Grün trägt, wird ein Grauer Krieger werden, herrenlos und verflucht von den Göttern. Dieses Schicksal wird Jingus Geschmack weit besser entsprechen, denke ich.«
    Hier hielt die Erste Beraterin inne. Sie suchte den Blick ihrer Herrin, doch deren Augen waren geschlossen. »Mara, hört mir zu. Andere Gefahren warten auf uns, lauernd wie eine zusammengerollte Relli in der Dunkelheit. Ihr müßt Euch vor Teani in acht nehmen.« Nacoya richtete sich auf; sie machte noch immer keine Anstalten, sich zurückzuziehen. »Ich habe sie den ganzen Tag beobachtet, und sie starrte Euch unverwandt an, sobald Ihr ihr den Rücken gekehrt hattet.«
    Doch Mara war zu müde, um weiter aufmerksam zuzuhören. Sie hatte sich mit einem Ellbogen in die Kissen gestützt und ließ ihre Gedanken ohne besonderes Ziel umherschweifen. Nacoya betrachtete sie mit alten Augen und wußte, das Mädchen hatte die Grenzen dessen erreicht, was sie ertragen konnte. Doch sie durfte nicht schlafen, denn wenn ein Attentäter zuschlug, mußte sie in der Lage sein, die Lampen zu löschen und sich rasch in die Ecke zurückzuziehen, die Papewaio für den Notfall bestimmt hatte, damit er nicht versehentlich die falsche Person mit seinem Schwert erschlagen würde.
    »Habt Ihr zugehört?« fragte Nacoya scharf.
    »Ja, Mutter meines Herzens.« Doch nun, da der Kriegsherr selbst Vergnügen an der Zwangslage der Acoma fand, war Teani eine ihrer geringsten Sorgen. So dachte sie zumindest, als das Licht Schatten, die vom Tod zu künden schienen, über die Truhen warf, die ihre Kleider und Juwelen enthielten. Wie wären Lano oder ihr Vater Lord Sezu mit der Ehre der Acoma in dieser Situation umgegangen? Mara runzelte die Stirn; sie versuchte zu erraten, wie die beiden, die durch die Hände der Minwanabi gestorben waren, ihr hätten helfen, ihr Anweisungen hätten geben können. Doch es kam keine Antwort. Am Ende war sie nur auf ihren eigenen Verstand angewiesen.
    Diese Schlußfolgerung verfolgte sie in einen unruhigen Schlaf. Obwohl ihr Instinkt sie davor warnte zu schlafen, erinnerte sie nun an ein dünnes, müdes Kind. Nacoya, die sie großgezogen hatte, seit sie ein Baby war, konnte es nicht länger ertragen, ihr zuzusetzen. So erhob sie sich von den Kissen und begann in einer Truhe zu wühlen.
    Mara lag in tiefem Schlaf, als die alte Frau zurückkehrte. Sie hatte eine Reihe hauchdünner Seidenschals in den Händen, die sie in der Nähe der Lampen bei den Schlafmatratzen anbrachte – eine letzte Vorbereitung, bevor auch sie sich der Erschöpfung hingab. Was geschieht, geschieht, dachte sie. Zwei Frauen, zwei Zofen und ein übermüdeter Krieger waren keine Gegner für den gesamten Haushalt der Minwanabi. Nacoya hoffte nur, daß der Angriff bald erfolgen würde, damit Papewaio noch genügend Wachsamkeit besäße, um sich wehren und kämpfen zu können.
    Doch die Nacht schleppte sich ohne Zwischenfall hin. Die alte Amme nickte ein und schlief, während der wachende Krieger hinter dem Laden gegen den betäubenden Schleier der Erschöpfung kämpfte. Seine überreizten Nerven ließen ihn Bewegungen im Garten sehen, merkwürdige Schatten, die von lauernden Gefahren kündeten. Doch immer, wenn er zwinkerte, lösten sich die Formen in einen Busch oder Baum auf, oder der Schatten wanderte einfach weiter, als das kupferne Gesicht des Mondes schwächer wurde und

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