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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus A. Will
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hatten, hatte es damals keine Sondersitzung des Zentralbankrates gegeben, wie der Vorstand in der guten alten Zeit geheißen hatte. In dieser historischen Woche hatte der damalige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl fast im Alleingang entscheiden müssen.
    »Meine Damen und meine Herren, dies ist eine historische Sitzung«, eröffnete Dohm die Sitzung ohne Umschweife, nachdem er sich in seinen etwas erhöhten Präsidentensessel hatte fallen lassen, »in der Sie eine Gewissensentscheidung treffen müssen. Baron von Hartenstein wird Ihnen zunächst berichten, woran er und die von Ihnen entsendeten Abteilungsleiter seit einer Woche arbeiten.« Nur äußerst selten sprach Dohm seinen Freund mit dem Adelstitel an, aber das machte auf die Mitglieder des Vorstandes vielleicht genau den Eindruck, den es jetzt brauchte, um aus einem subalternen Zentralbereichsleiter einen ebenbürtigen Gesprächspartner zu machen.
    Im Aufstehen zog von Hartenstein ein Blatt aus seiner Mappe, dann fixierte er die Runde der sechs Vorstände reihum. Die eine Hälfte saß mit dem Rücken zur holzgetäfelten Wand, die andere Hälfte hatte die großen Fensterscheiben hinter sich. »Das Bundessicherheitskabinett beschließt mehrheitlich in geheimer Sitzung, dass die Deutsche Mark am kommenden Montag als Parallelwährung eingeführt wird. Der Währungsschnitt beträgt 20 Prozent.«
    Zahlungsverkehr-Vorstand Peter Thomsen hatte die Hände so fest aneinandergepresst, dass die Knöchel weiß wurden, Vizepräsidentin Eva Kohnle, zuständig für Internationales, blinzelte gegen die Sonne, Aufsichts-Vorstand Ulrich Lotz schloss die Augen, obwohl er Blick auf die Holzwand hatte und die Vorstände für IT und Personal, Peter Hammer und Ernst Lederer, schienen bereits zu planen, so sehr kräuselten sie ihre Stirn. Von Hartenstein bewegte nur seine Augen und hielt das Schreiben weiter in der Hand.
    Präsident Dohm schaute einmal in die Runde seiner Kollegen. Die Vorstände schienen schockstarr zu warten, was jetzt geschehen würde. »Bitte lesen Sie weiter, Baron.« Dohm war der Einzige im Saal neben von Hartenstein, der den Text kannte.
    »Das Bundeskabinett und der Deutsche Bundestag werden den Geheimbeschluss wegen der Sicherheitsaspekte im Nachhinein beschließen.« Danach setzte von Hartenstein sich.
    »Von Hartenstein und ich«, begann Dohm die immer noch starren anderen Vorstände anzusprechen, »sind uns nicht sicher, ob das rechtlich einwandfrei ist, aber das entscheiden wir nicht, sondern allenfalls das Bundesverfassungsgericht. Die markige Bundesregierung will uns eine neue Währung aufdrücken, und zwar unsere alte D-Mark. Die sogenannte Operation D-Day läuft an. D-Day ist in sechs Tagen.«
    »Was können wir tun?« Eva Kohnle fand als Erste die Sprache wieder. Außerdem war sie die Vizepräsidentin. Sie war auch die Einzige der Vorstände, die Dohm duzte.
    »In der Sache? Nichts, Eva. Wir wissen doch selbst, dass so, wie es im Moment läuft, die Währungsunion in Europa nicht nachhaltig funktionieren kann.«
    »Dann wäre die Rückkehr doch folgerichtig.«
    »Das ist das Argument der Markigen, nicht unseres. Folgerichtig wäre der Schritt einer politischen Union, zumindest einer vertieften Integration.« Des Öfteren war von Hartenstein bereits aufgefallen, dass Dohm das »wir« nicht als Majestätsplural einsetzte, sondern als den Zement, der die eine Meinung der Bundesbank betonieren sollte. »Wir sollten jetzt abstimmen und Haltung zeigen, Eva und meine Herren. Oder wollt ihr als willfährige Mitläufer enden? Man sagt, wir seien ein reaktionärer Haufen. Beweisen wir das Gegenteil.«
    Nur eine Minute später stimmte der Vorstand der Deutschen Bundesbank geschlossen gegen die Entscheidung des Bundessicherheitsrates. Die Mütter und Väter der D-Mark wollten den Euro behalten. Eine historische Entscheidung, von der die Öffentlichkeit jedoch nichts mitbekam. Erst nach der Abstimmung fingen die Bundesbanker dann an, über die Machbarkeit zu diskutieren.
    »Wenn der Beschluss umgesetzt werden würde, könnte die Bundesbank sich dem ja nicht verweigern, oder?« Der Vorstand für Zahlungsverkehr, Geldversorgung und das Filialnetz war der Vorgesetzte von Dr. Dietmar Klein.
    »Das ist eine schöne Idee, so eine Verweigerung, Herr Thomsen, aber leider nicht praktikabel.« Nach einer knappen halben Stunde beendete Dohm die Vorstandssitzung der Deutschen Bundesbank.
    9.45 Uhr
    Als Dohm mit dem Bundeskanzler verbunden wurde, wunderte er sich sehr, dass

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