Die Stunde des Fremden
Riccioli mit seiner affektierten Stimme. »Weiber sind eine Gottesgeißel. Wer sie liebt, den betrügen sie, oder sie ruinieren ihn mit einem Haufen zeternder Bambini. Wer sie nicht mag, dem werfen sie sich in die Arme. Man sollte auf einer einsamen Insel leben mit einem Malkasten und einem mitfühlenden Freund.«
»Da haben Sie nicht ganz unrecht«, erwiderte Ashley.
Tullio hatte hinter seiner Staffelei malend auf der Terrasse gestanden, als Ashley mit entzündeten, brennenden Augen zum Haus zurückgetaumelt kam. Ohne viel Umstände hatte Tullio ihn nach oben und damit außer Reichweite peinlicher Fragen geführt. Jetzt saß Ashley in seinem Zimmer, zurückgelehnt in einem niedrigen Sessel, während Tullio mit weichen, weibischen Händen die scharfen Sandkörner entfernte und die entzündeten Augen mit Olivenöl badete. Es war nicht leicht, mit zurückgelehntem Kopf und angespannten Nackenmuskeln zu reden. Doch waren Worte das einzige, was gegen die quälende Einsamkeit und seine Selbstvorwürfe half.
»Sie haben mit ihr gestritten, was?«
»Ich hab' mich bei ihr entschuldigt.«
»Ein einmaliger Fehler!« sagte Tullio. »Sie sind doch alt genug, das zu wissen.«
Er tupfte die umgedrehten Lider mit Watte ab und tropfte warmes Olivenöl auf die entzündeten Stellen. Ashley seufzte erleichtert, als die Schmerzen langsam nachließen.
»Danke schön, Tullio. Vielen Dank«, sagte er aufatmend. Tullio wischte seine Hände an einem seidenen Taschentuch ab.
»Ist mir ein Vergnügen, mein Freund. Wir alle brauchen Verbündete gegen die Frauen. Der Gedanke macht mich krank, was ein Mann alles auf sich nehmen muß, nur wegen des Vorzugs, Kinder zu haben, die ihn später unglücklich machen werden.«
»Wie ich höre, wollen Sie das alles selbst sehr bald auf sich nehmen?«
»Oh, das!« Riccioli hob die Schultern und zog seine feine Nase kraus. »Das ist eine rein geschäftliche Angelegenheit – lästig, doch nicht zu vermeiden. Wenn es erst mal vorüber ist …« Er machte eine großzügige Geste, »– … finito! Erledigt.«
»Die Insel, der Malkasten und der mitfühlende Freund?«
»Genau. Nehmen Sie Anstoß daran?«
»Ich bin durch nichts mehr zu erschüttern«, sagte Ashley mit ehrlicher Überzeugung. »Aber es würde mich interessieren, wie das Geschäft aussieht, das Sie da gemacht haben. Scheint durchaus vorteilhaft zu sein.«
Tullio zog eine Miniatur-Maniküre aus seiner Brusttasche und begann mit umständlicher Sorgfalt, seine Fingernägel zu bearbeiten.
»Mit Carla Manfredi hat es angefangen. Vielleicht kennen Sie die? Sie ist ein Biest, aber sie stinkt vor Geld. Sie hat meine erste Ausstellung finanziert. Wir hatten glänzende Kritiken, wenn wir auch nicht viel verkaufen konnten. Sie sollte noch eine machen, doch inzwischen hatte sie schon ihr Interesse an der Kunst verloren und ihre Aufmerksamkeit der Musik zugewandt. Er ist Pole, glaube ich. Carla hält ihn für einen zweiten Paderewski. Immerhin riet sie mir, es mit Orgagna zu probieren. Sie arrangierte eine Begegnung bei einer Party. Später habe ich ihn in seinem Büro aufgesucht. Er finanzierte mich recht gern – zu seinen Bedingungen. Und die sind ziemlich generös. Wenn ich auch glaube, daß Elena eine ganze Menge mehr dabei verdient als ich. Was meinen Sie?«
»Dürfte recht wahrscheinlich sein«, sagte Ashley bereitwillig. »Wie Sie schon sagen, Frauen sind ein Übel und schneiden doch bei den meisten Geschäften am besten ab.«
Riccioli sah ihn scharf an. Er fürchtete, ausgelacht zu werden, doch war Ashleys Ausdruck vollkommen ernst.
»Sie machen selbst nicht gerade das beste Geschäft, was?« fragte Tullio lächelnd.
»Ein bißchen verdiene ich schon dabei – aber nicht genug«, sagte Ashley listig. »Jedenfalls bin ich gern bereit, etwas springen zu lassen, damit es mehr wird.«
»Wieviel?«
Die müden, mädchenhaften Augen wurden hart und berechnend. Tullio Riccioli mochte der verwöhnte Liebling der Salons und Freund so genannter Ästheten sein, doch hatte er sein Leben in den Slums von Rom begonnen und wußte nur zu genau, daß er um keinen Preis dorthin zurückkehren wollte.
»Tausend Dollar«, sagte Ashley kühl. »Ein bißchen mehr, ein bißchen weniger, je nach Leistung.«
»Worum geht's, Signore?« Tullio verbeugte sich und breitete die Arme aus.
»Später, Tullio, später«, sagte er mit einem glatten Lächeln. »Ich dachte nur, es könnte Sie interessieren, daß das Geld zur Verfügung steht.«
»Geld ist das
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