Die Stunde des Jägers - EXOCET
geben werden, da die Europäische Gemeinschaft Druck auf sie ausübt.«
»Genau.«
»Ich habe gehört, die Libyer wollen helfen.«
»Sie wissen doch, wie dieser Ghaddafi ist. Viel Gequassel und nichts dahinter. Oh, vielleicht tut er zuletzt doch etwas, aber dann wird es zu spät sein.«
Eine Pause entstand. Below zündete sich eine amerikanische Zigarette an. »Was möchten Sie also von mir, mein Freund?« fragte er eindringlich.
»Ihre Regierung hat uns bereits geholfen, wenn auch sehr diskret. Satellitenaufklärung und dergleichen, alles sehr nützlich. Wir wissen, daß Sie in dieser Angelegenheit auf unsere Seite sind.«
»Nein, Juan«, sagte Below. »Hierbei ergreifen wir nicht Partei.«
Garcia zeigte seine Erbitterung. »Um Himmels willen, tun Sie doch nicht so. Sie wollen doch auch, daß die Briten eine Niederlage erleiden. Es wird Ihnen sehr zustatten kommen. Eine Niederlage würde doch katastrophale psychologische Auswirkungen auf die NATO haben.«
»Was möchten Sie also?«
»Exocets. Ich habe genug Geld, um zu bezahlen. Konten in Genf, jede beliebige Währung, notfalls auch Gold. Alles, was ich von Ihnen haben möchte, ist ein Name, ein Kontakt. Sagen Sie bitte nicht, Sie könnten nichts tun.«
Nikolaj Below fixierte ihn einen Moment und sah dann auf seine Uhr. »In Ordnung, ich werde sehen, was ich machen kann. Ich melde mich nachher. Aber nicht in der Botschaft. Seien Sie in Ihrer Wohnung.«
»Sie meinen, Sie hätten jemanden?«
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»Vielleicht. Gehen Sie jetzt. Ich warte noch ein wenig.«
Garcia verließ das Café. Die Tür klappte hinter ihm zu, und der Luftzug wehte ein Blatt Papier, das in einer Ecke gelegen hatte, durch den Raum. Below schauerte zusammen, blickte sich angewidert in der schmuddeligen Umgebung um und stand auf.
Der Kneipier kam aus der Küche. »Wünschen Sie noch etwas, Monsieur?«
»Ich denke nicht.« Below ließ einen Geldschein auf die Theke fallen und knöpfte seinen Mantel zu. »Ich möchte wissen, ob der liebe Gott wirklich wußte, was er tat, als er solche Morgen schuf.«
Er machte die Tür auf und eilte hinaus.
Below hatte ein Penthaus in einem luxuriösen Gebäude am Boulevard St.-Germain, das er sofort nach seinem Treff mit Garcia aufsuchte. Er war müde und fror, und die Aussicht, von Irana Wronsky empfangen zu werden, erfüllte ihn mit einem wollüstigen Kitzel. Sie war eine hübsche, etwas mollige Frau, fünfunddreißig Jahre und unleugbar attraktiv. Sie war seit rund zehn Jahren seine Sekretärin und hatte ihn binnen vier Wochen nach ihrer Versetzung an die Seine verführt. Sie war ihm uneingeschränkt ergeben.
Als sie ihm die Tür aufmachte, trug sie einen schicken Morgenmantel aus schwarzer Seide, der sich bei jedem Schritt vorn öffnete und schwarze Strümpfe und Strapse freigab.
Below nahm sie in die Arme. »Du duftest herrlich.«
Ihr Gesicht war besorgt. »Nikolaj, du bist eiskalt. Ich mach dir einen Kaffee. Was gab’s denn?«
»Zuerst Kaffee«, erwiderte er. »Wir gehen zu Bett, und du wärmst mich. Dann sage ich dir, was Garcia wollte, und du kannst deinen oft erprobten Verstand arbeiten lassen.«
Später stützte sie sich im Bett auf einen Ellbogen hoch, sah zu, wie er seine Zigarette rauchte, und sagte nach ein paar Mi
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nuten: »Warum willst du dich überhaupt damit abgeben, Nikolaj? Das ist doch eine Bande von blutrünstigen Faschisten, da unten in Buenos Aires. Die herrschenden Militärs haben Ta usende von Menschen verschleppt und gefoltert und ermordet. Mir wären die Briten viel lieber.«
»Wenn du so weiterredest, werde ich noch überlaufen, nur damit du in Kensington wohnen und jeden Tag bei Harrods einkaufen kannst.« Er lächelte und wurde dann wieder ernst. »Es gibt mehr als einen Grund, daß wir uns für die Sache interessieren. Ein Minikrieg, an dem wir nicht unmittelbar beteiligt sind, ist immer nützlich, besonders wenn dabei zwei antikommunistische Länder aufeinander losgehen. Wir erfahren zum Beispiel eine Menge technischer Einzelheiten über Waffensysteme und dergleichen.«
»Sehr vorteilhaft.«
»Noch vorteilhafter ist dies, Irana. Ob Exocets oder nicht, die Briten werden siegen. Die argentinische Luftwaffe hat zwar Großartiges geleistet, aber ihre Flotte bleibt in den Häfen, und ihre Besatzungstruppen auf den Falklandinseln bestehen weitgehend aus wehrpflichtigen Rekruten. Mir graut bei dem Gedanken, was die britischen
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