Die Stunde des Jägers - EXOCET
er. »Sie ist der ungewöhnlichste Mensch, dem ich je begegnet bin. Es war Liebe auf den ersten Blick. Es ist nicht nur wegen ihrer Schönheit, nein, sie strahlt eine innere Freude aus, die mehr weckt als physische Leidenschaft.« Er lachte plötzlich auf, und die Ränder unter seinen Augen schienen zu verschwinden, so daß er nicht mehr müde und erschöpft aussah. »Sie ist in jeder Hinsicht so verdammt wunderbar, Mama. Ich habe immer geglaubt, daß das Leben irgend etwas Besonderes für mich bereithält, und sie ist es.«
Dona Elena Llorca de Montera holte tief Luft. »Darüber wäre also nichts mehr zu sagen, nicht wahr? Ich nehme an, du wirst sie mir vorstellen, wenn du die Zeit für gekommen hältst. Und jetzt erzähl, warum du nach Frankreich sollst.«
»Tut mir leid«, erwiderte er. »Streng geheim. Ich kann nur sagen, daß es für das ist, was unser Herr Präsident die ›Sache‹ zu nennen beliebt. Er glaubt übrigens, wenn ich Erfolg habe, könnte es uns den Sieg bringen.«
»Stimmt das?«
»Wenn er es wirklich glaubt, ist er naiv. Die ›Sache‹…« Er ging zur Brüstung und schaute zum Fluß hinüber. »Wir haben schon jetzt die Hälfte unserer Piloten verloren, Mama. Die Hälfte. Das steht nicht in der Zeitung. Das Volk jubelt und schwenkt Fahnen, Galtieri hält Reden, aber die Wirklichkeit ist das Gemetzel von San Carlos.«
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Sie trat zu ihm und nahm seinen Arm. »Komm, Raul, laß uns ins Haus gehen.« Er wandte sich um, und nebeneinander schritten sie die Stufen hoch.
Ferguson saß in seinem Arbeitszimmer am Cavendish Square und las zum soundsovielten Mal den Funkspruch der CIA, als Harry Fox mit einigen Akten hereinkam.
»Das war’s, Sir. Das ist alles, was wir über Ralph Bobst haben.«
»Sagen Sie, ist Gabrielle noch in der Stadt, oder ist sie nach Paris zurückgeflogen?«
»Sie ist immer noch in Kensington Palace Gardens. Ich habe gestern abend bei Langans gegessen, und sie war mit ein paar Freunden da. Warum?«
»Ich dachte, das sei offensichtlich, Harry. Sie war ganz hin von Raul Montera – und er von ihr. Das könnten wir uns zunutze machen.« Er sah den anderen an und hob die Hand. »Werden Sie jetzt bitte nicht altmodisch, Harry. Das hier ist kein Spiel mehr, sondern Krieg.«
»Ja, Sie haben recht… Aber es gibt Tage, an denen ich lieber etwas anderes täte.«
»Vergessen Sie das jetzt. Zu Bobst. Erzählen Sie mir etwas über ihn. Nur die Dinge, auf die es ankommt.«
»Multimillionär. Die Bobst Development Corporation hat ihre Finger in allen möglichen Sachen. Bauunternehmen. Reedereien, Elektrotechnik, was Sie wollen.«
»Und Bobst selbst?«
»Sehr prominent, steht jeden dritten Tag in der Zeitung, wie Sie der Akte entnehmen können. Fing ganz klein in der Immobilienbranche an. Hat sich in den sechziger Jahren gesundgestoßen.«
»Und so ging es dann weiter?«
»Sie sagen es, Sir. Unter diesen Umständen und in Anbe
tracht seines Bankkontos verstehe ich nicht ganz, daß er für die
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Argentinier arbeitet, selbst wenn dabei ein paar Millionen Pfund für ihn herausspringen.«
»Genau.« Ferguson blätterte eine Weile stirnrunzelnd in der Akte. »Hier scheint mir etwas faul zu sein, oberfaul sogar. Erstens die Verbindung zu den Russen. Warum war Below so sicher, daß Bobst der richtige Mann sei… Ich meine, nachdem Garcia sich an ihn gewendet hatte?«
»Stimmt. Was meinen Sie, Sir?«
»Dieser Ralph Bobst war Waise, was sehr günstig ist. Alle anderen Männer, die in seiner Einheit dienten und in Korea in Gefangenschaft gerieten, sind im Lager umgekommen. Ebenfalls sehr günstig.«
Eine lange Pause entstand. Dann fragte Fox: »Deuten Sie das an, was ich denke, Sir?«
Ferguson stand auf, trat zum Kamin und starrte in die Flammen.
Fox sagte: »Er ist ein sehr angesehener Geschäftsmann, Sir. Es ergibt keinen Sinn.«
»Die Affäre Lonsdale damals auch nicht, erinnern Sie sich? Ebenfalls ein sehr angesehener Geschäftsmann. Gebürtiger Kanadier und so. Noch jetzt, nach all den Jahren, ist seine wahre Identität nicht restlos geklärt.«
»Es steht aber fest, daß er Russe war. Ein Geheimagent.«
»Ja.«
»Wollen Sie andeuten, daß Bobst ein zweiter Lonsdale sein könnte?«
»Die Möglichkeit besteht, mehr können wir im Moment nicht sagen. Sicher, er könnte natürlich auch ein skrupelloser Raffke sein, der schnelles Geld machen will. Wir werden sehen.«
»Was
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