Die Stunde des Jägers - EXOCET
Sie war inzwischen klitschnaß und durchgefroren. Sie ging einige Schritte weiter und sah eine Leiter, die an einem Heuboden stand. Sie stieg so leise wie möglich hinauf und hörte von unten aus dem Stall das Gemurmel der Männer.
Sie betrat den Heuboden, drehte sich um und stieß die Leiter fort. Sie machte so gut wie kein Geräusch, als sie auf den vom Regen aufgeweichten Boden fiel, und Wanda machte die Luke zu.
Unten wurde laut gelacht, und als sie sich an das Dunkel gewöhnt hatte, sah sie schwache Lichtstreifen durch ein paar Ritzen zwischen den Planken nach oben dringen. Sie fand eine alte Pferdedecke, kroch darunter und deckte sich außerdem noch mit muffig riechendem Heu zu. Sie zitterte wie Espenlaub und war immer voll Angst und Abscheu, wenn sie an Kemal dachte. Dann bekam sie sich allmählich wieder unter Kontrolle und schlief zuletzt vor Erschöpfung ein.
Kemal sagte: »Weiß der Himmel, wo sie hingelaufen ist. Es regnet, und bei der Dunkelheit kann man kaum die Hand vor den Augen sehen.«
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»Hier kann sie nirgends hin, und außerdem wird sie uns sowieso nicht schaden«, sagte Bobst geringschätzig. »Ich kenne meine Wanda. Das dumme Ding wird zurückgekrochen kommen, wenn sie vom Regen genug hat. Geh jetzt besser zu den Leuten und sag ihnen Bescheid.«
Kemal entfernte sich, und Bobst probierte den Uniformrock noch einmal an. Er paßte wirklich recht gut, und er stand ihm. Sein offizieller KGB-Rang war Oberst. In Moskau wurden sie ihn für all die geleisteten Dienste wahrscheinlich zum General befördern. Er fragte sich, wie ihm die Uniform stehen würde.
Gabrielle hatte sich Villiers’ Jacke über die Schultern gelegt und döste in einer Ecke vor sich hin. Montera holte eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche und stellte fest, daß sie leer war. Villiers bot ihm eine von seinen an. Er gab ihm Feuer und sagte: »Sie erinnern mich an eine Reklame, die ich als Junge gesehen habe. Darauf rauchte ein Mann, der von schönen Frauen umringt war, Pfeife. Der Text lautete: ›Was hat er bloß, das andere Männer nicht haben?‹ Die Antwort war die Tabakmarke. Was ist Ihr Geheimnis?«
»Beziehungen sind im Grund sehr einfach«, sagte Montera. »Entweder funktionieren sie, oder sie funktionieren nicht. Sobald man sich Mühe geben muß, ist es schon aus.«
»Dann war ich von Anfang an auf verlorenem Posten«, gab Villiers zu. »Ich mußte mir anscheinend die ganze Zeit Mühe geben.« Er warf einen Blick auf Gabrielle. »Ein unglaubliches Mädchen.«
»Ich weiß«, entgegnete Montera.
»Das nehme ich auch an«, sagte Villiers bitter und ging in eine Ecke, wo er sich auf eine Bank setzte und die Knie an die Brust zog, um sich etwas gegen die Kälte zu schützen.
Er schlief ein und wurde schließlich vom Geräusch von Schritten im Hof geweckt. Er blickte auf und sah durch das Fenstergitter einen Landrover aus der Garage fahren. Kemal saß am Steuer, daneben Bobst.
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»Es geht los«, sagte Montera.
»Scheint so.«
Gabrielle stand auf und trat, sich Villiers’ Jacke um die Schultern ziehend, zu ihnen. »Was machen wir?«
»Im Augenblick gar nichts«, antwortete Villiers. »Oder siehst du vielleicht eine Möglichkeit?«
Das Sonderkommando des 23. Lenkwaffenregiments fuhr mit einem Drei-Tonnen-Armeelaster; der Offizier saß vorn neben dem Fahrer. Es goß in Strömen, als das Fahrzeug kurz nach sechs Uhr morgens bei Lancy um eine Straßenbiegung kam, wo der Landrover den Weg blockierte. Bobst, der einen Militärregenmantel übergezogen hatte, kam winkend auf den Offizier zugelaufen. Der Lkw verlangsamte, der Offizier kurbelte das Fenster hinunter und beugte sich hinaus. »Was gibt’s?«
»Hauptmann Leclerc?« fragte Bobst.
»Ja.«
»Major Dubois, im Moment auf der Ile de Roc stationiert. Bin gestern abend mit dem Boot nach St. Martin gefahren, um Sie heute morgen abzuholen, aber das Sauwetter droht, uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ein Erdrutsch hat die Hauptstraße versperrt, und ich dachte, ich fahre Ihnen am besten entgegen, um sie auf eine Umleitung zulotsen.«
»Sehr freundlich von Ihnen«, sagte Ledere.
»Ist doch selbstverständlich. Fahren Sie einfach hinter dem Landrover her, dann schaffen wir es rechtzeitig.«
Montera stand auf Zehenspitzen am Kellerfenster und spähte durch die Gitterstäbe, als der Landrover, gefolgt von dem Armeelaster, auf den Hof rollte. Villiers und Gabrielle traten neben
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