Die Stunde des Jägers - EXOCET
Sie trotzdem weitermachen?«
»Es spricht nichts dagegen.«
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»Gut. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Ja, in der Tat. Ich denke, es ist Zeit für einen Heimaturlaub, wenn dieser Fall irgendwelche Kreise ziehen sollte. Die Chieftain schafft es ohne weiteres bis nach Finnland. Wissen Sie dort einen sicheren Flugplatz?«
»Gewiß. Perinö. Wir benutzen ihn oft. Ich werde dafür sorgen, daß Vorbereitungen für den Anschlußflug getroffen werden. Übrigens, heute abend kam eine interessante Durchsage in den Nachrichten. Professor Bernard ist mit einem Kopfschuß in einem Lagerhaus an der Seine gefunden worden.«
»Wirklich? Spektakuläre Einzelheiten?«
»Die Polizei ermittelt noch. Sie wissen, wie das ist?«
»Sicher. Ich rufe wieder an.«
Below legte auf und blieb nachdenklich auf dem Bettrand sitzen. Irana sagte: »Was war denn?«
Er lächelte und nahm ihre Hand. »Ich habe dieses Jahr noch keinen einzigen Tag Urlaub genommen und du auch nicht. Wie war’s mit einer kleinen Reise nach Moskau?«
»Wann?«
»Am besten sofort. Wir könnten die Aeroflot-Maschine morgen früh um sieben nehmen.«
»Ich verstehe. Du hast ein schlechtes Gefühl bei der Sache?«
»Nur so eine Ahnung, und ich bin zu alt, um Risiken einzugehen.« Er lächelte wieder. »Du rufst am besten gleich an und läßt Plätze reservieren.«
Der Raum, in den Bobst Montera und Gabrielle geschoben hatte, diente offenbar zum Aufbewahren des Tafelsilbers und des Nachschubs für die Hausbar und hatte ein kleines Fenster mit einem massiven Gitter davor. Sie setzte sich auf eine Kiste, und Montera zündete eine Zigarette an und wartete.
Sie holte tief Luft und sah zu ihm hoch. »Darf ich es dir erzählen?«
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»Das wäre eine gute Idee.«
»Tony und ich waren fünf Jahre verheiratet. Wir haben uns vor sechs Monaten scheiden lassen. Alles andere, was ich dir über mich gesagt habe, ist wahr. Ich habe allerdings noch ausgelassen, daß meine Mutter Engländerin ist und daß sie wieder heiratete, als ich noch klein war – einen Engländer.«
»Was den Halbbruder erklärt.«
»Ja«, sagte sie nur. »Ich sollte versuchen herauszufinden, ob irgend etwas gegen die Falklandinseln geplant ist.«
Er lachte laut auf. »Mein Gott, ich hatte keine Ahnung davon. Das heißt, bis ich dann von einem Tag zum anderen zurückbeordert wurde.«
»Und dann ist alles schiefgegangen«, fuhr sie fort. »Ich wußte nicht, was Liebe ist, und dann sah ich dich im Ballsaal eurer Botschaft.«
»Ja, es war ein großer Augenblick…«
»Und ich mußte immerfort an dich denken. Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht, als der Krieg ausbrach, obgleich ich keine Ahnung hatte, daß du flogst. Und dann fing diese verdammte Exocet-Geschichte an, und Ferguson bedrängte mich wieder. Du seist der Feind, sagte er.«
»Er hatte recht.«
»Ich wollte aussteigen, ich konnte dich nicht weiter belügen und hintergehen, nachdem du mir den Ring geschenkt hattest.«
»Und dann hast du das mit deinem Bruder erfahren?«
»Ich möchte, daß es aufhört, Raul«, sagte sie flehend. »Das Töten auf beiden Seiten. Um unserer aller willen. Wenn du diese Exocets morgen nach Argentinien bringst, bedeutet es noch mehr Blutvergießen.«
Er seufzte schwer und schüttelte den Kopf. »Aber wir verlieren, Gabrielle. Vielleicht ist die Exocet alles, was wir noch haben. Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Ich bin Argentinier. Dein Brigadier Ferguson hat recht. Ich bin der
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Feind.«
Sie stand auf und trat zu ihm und legte ihm den Arm um die Taille. »Ich bin müde, Raul, furchtbar müde. Es gibt nur noch eines, was ich mit Sicherheit weiß…. daß ich dich liebe.«
Ihr Kopf sank an seine Schulter, er küßte das goldene Haar und sagte nichts.
»Und was nun?« sagte Villiers, als Bobst ins Wohnzimmer zurückkam. »Noch ein bißchen mit dem Feuerzeug spielen?«
»Nicht nötig«, erwiderte Bobst. »Meine Pariser Kontakte haben mir versichert, ich könne wie geplant weitermachen. Waren Sie übrigens dafür verantwortlich, daß der arme alte Bernard die Reise ins Jenseits angetreten hat?«
»Wer ist das?« fragte Villiers.
»Ja, ich hab’s mir gedacht.« Bobst lächelte. »Was hat er Ihnen gesagt? Konvois auf der Straße nach St. Martin? Ein Hinterhalt im Morgengrauen? Kindermärchen. Ich versichere Ihnen, daß mir etwas viel Besseres vo rschwebt.« Er schenkte sich
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