Die Stunde des Jägers - EXOCET
bis euch die Argentinier im Südatlantik auf den Grund schicken.« Er hob die Rückseite von Martins Sakko an und fand den Smith & Wessen. »Jetzt guck dir das mal an«, sagte er zu Schepilow. »Typisch Amateur, in der Kombüse habe ich ein Knäuel Bindfaden gesehen. Hol das mal.«
Schepilow war bald zurück. »Und nach dem Auslaufen gibt’s ein Seebegräbnis für mich?« fragte Martin.
»So ungefähr.« Türkin wandte sich an Schepilow. »Fessle ihn. Sehen wir zu, daß wir hier rauskommen. Ich lasse den Motor an.«
Er ging zum Niedergang. Tanja zitterte nun nicht mehr, war aber blaß und hatte Wut und Verzweiflung im Blick. Martin schüttelte fast unmerklich den Kopf und bekam vbn Schepilow ein Knie ins Gesäß. »Los, geradestellen, Hände auf den Rükken.« Martin spürte den Druck des Schalldämpfers im Kreuz. Der Russe sagte zu Tanja: »Fesseln Sie ihm die Hände.«
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»Hat man euch denn gar nichts beigebracht?« fragte Martin. »So dicht rückt man keinem auf die Pelle.«
Er fuhr herum, machte eine Linksbewegung, weg vom Lauf der Pistole, die einmal aufbellte und ein Loch ins Schott bohrte. Seine Rechte packte das Handgelenk des Russen, verdrehte es und riß es herum, bis es angespannt war, steif wie ein Stahlstab. Schepilow grunzte und ließ die Waffe fallen. Martins geballte linke Faust kam herabgesaust wie ein Hammer und brach ihm den Unterarm.
Schepilow schrie auf und fiel auf ein Knie. Martin bückte sich, hob die Waffe auf, aber da kam erstaunlicherweise die andere Hand des Russen hoch, und die Klinge des Klappmessers blitzte auf. Martin blockte ab, empfand jähen Schmerz, als die Klinge seinen Ärmel durchtrennte und ins Fleisch schnitt. Mit ausgestreckten Fingerknöcheln versetzte er Schepilow einen Schlag an den Unterkiefer und kickte das Messer unter die Sitzbank.
Tanja war aufgesprungen, aber an Deck erklangen schon hastige Schritte. »Iwan?« rief Türkin.
Martin legte einen Finger auf die Lippen, drängte sich an Tanja vorbei in die Kombüse. Von dort aus führte eine schmale Leiter zur vorderen Luke. Er öffnete sie und kletterte hinaus, als er Türkin unter Deck gehen hörte.
Es hatte zu regnen begonnen, und feiner Dunst kam vom Meer hereingetrieben, als er leise übers Deck zur Öffnung des Niedergangs lief. Türkin war inzwischen unten angekommen, stand mit der Pistole in der rechten Hand da und spähte vorsichtig in den Salon. Martin machte kein Geräusch und gab ihm nicht die geringste Chance; streckte einfach den Arm mit der Pistole aus und schoß ihm sauber durch den rechten Arm. Türkin schrie auf, ließ die Waffe fallen und taumelte in den Salon.
Martin hastete den Niedergang hinunter.
Tanja floh zu ihm. Martin hob Turkins Pistole auf und steckte
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sie in die Tasche. Türkin lehnte sich an den Tisch, hielt sich den Arm und starrte ihn haßerfüllt an. Schepilow rappelte sich gerade auf und sank stöhnend auf die Sitzbank. Martin drehte Türkin um und durchsuchte seine Taschen, bis er seine Waffe fand. Dann sprach er Türkin an.
»Ich habe Sie absichtlich so in den Arm geschossen, daß Sie am Leben bleiben – vorerst zumindest. Wem dieses Boot gehört, weiß ich nicht, aber Sie und Ihr Kumpel da wollten sich offenbar damit davonmachen. An Ihrer Stelle würde ich das jetzt auch tun. Wenn man Sie hier erwischt, bringen Sie nur Ihren Verein in Verlegenheit, und außerdem will man Sie bestimmt in Moskau haben. Zu zweit sollten Sie schon zurechtkommen.«
»Scheißkerl!« zischte Peter Türkin verzweifelt.
»Nicht in Damengesellschaft!« wies Alex Martin ihn zurecht, schob Tanja Woroninowa zum Niedergang und drehte sich dann um. »Ihr beiden würdet übrigens in Belfast keinen einzigen heißen Samstagabend durchstehen«, bemerkte er und folgte dann Tanja an Deck.
Am Peugeot zog er sich vorsichtig den Sakko aus. Da Blut an seinem Hemdsärmel war, fischte er sein Taschentuch heraus. »Können Sie mich damit verbinden, so gut es geht?«
Sie wickelte das Taschentuch fest um die Schnittwunde. »Was für ein Mann sind Sie eigentlich?«
»Im Grunde ist mir Mozart lieber«, versetzte Alex Martin und schlüpfte wieder in den Sakko. »Sehen Sie sich das mal an.«
Am Ende des Jachthafens lief die Alouette aus.
»Arme Schweine«, meinte Martin. »Werden jetzt bestimmt ins Straflager abkommandiert.« Er ließ sie einsteigen und lächelte heiter, als er sich ans Steuer setzte. »So, und jetzt nichts wie ab zum
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