Die Stunde des Jägers - EXOCET
Keine Angst, der wird’s der Opposition da drüben schon zeigen. Ich brauche Sie hier, Harry. Was macht die kleine Woroninowa?«
»Wie ich schon sagte, Sir, wir hielten auf dem Weg vom Flughafen bei Harrods an, damit sie sich ein paar Sachen besorgen konnte. Sie hatte ja nichts als die Kleider am Leibe.«
»Dann hat sie jetzt natürlich keinen Penny mehr«, murrte Ferguson. »Wir werden den Eventualfonds anzapfen mü ssen.«
»Nicht notwendig, Sir. Sie scheint hier über ein beträchtliches Bankguthaben zu verfügen, Schallplattentantiemen und so weiter. Ihren Lebensunterhalt wird sie sich mit Leichtigkeit verdienen können. Alle Impresarios werden sich um sie reißen, sobald bekannt wird, daß sie verfügbar ist.«
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»Damit wird noch gewartet. Ihre Anwesenheit bleibt streng geheim, bis ich das Signal gebe. Wie ist sie denn so?«
»Wirklich sehr nett, Sir. Ich habe sie im Gästezimmer untergebracht, und sie hat erst mal ein Bad geno mmen.«
»Machen wir es ihr nicht zu gemütlich, Harry. Wir müssen in diesem Fall weiterkommen. Von Devlin hörte ich, daß noch einer von McGuiness’ Killern, der Mann, der Tscherny im Auge behalten sollte, im Liffey gefunden worden ist. Unser Freund vergeudet keine Zeit.«
»Ich verstehe, Sir«, sagte Fox. »Was schlagen Sie vor?«
»Wir schaffen Sie noch heute nachmittag nach Dublin. Sie können Sie begleiten, Harry. Übergeben Sie sie Devlin auf dem Flughafen und kommen Sie gleich zurück. Morgen früh fliegen Sie mit der ersten Maschine nach Paris.«
»Vielleicht will sie erst einmal ein bißchen zu sich kommen«, gab Fox zu bedenken. »Mal tief Luft holen.«
»Geht uns das nicht allen so, Harry? Und wenn Sie mir damit auf subtile Weise zu verstehen geben wollen, wie Sie sich fühlen, kann ich Ihnen nur eins sagen: Sie hätten den Posten annehmen sollen, den man Ihnen in der Handelsbank Ihres Onkels anbot. Von zehn bis vier eine ruhige Kugel schieben.«
»Unerträglich langweilig, Sir.«
In diesem Augenblick brachte Kim Tanja Woroninowa herein. Sie hatte zwar leichte Ringe unter den Augen, sah aber erstaunlich gut aus, was nicht zuletzt auf den blauen Kaschmirpullover und den adretten Tweedrock von Harrods zurückzuführen war. Fox übernahm die Vorstellung. »Sehr erfreut, Miss Woroninowa«, sagte Ferguson. »Sie haben ja einiges hinter sich. Bitte nehmen Sie Platz.«
Sie setzte sich auf die Couch am Kamin. »Haben Sie eine Ahnung, was in Paris los ist?« fragte sie.
»Noch nicht«, erwiderte Fox. »Wir finden das schon noch heraus, aber meiner Vermutung nach hat das KGB selbst unter
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günstigen Umständen nicht viel für Versager übrig, und wenn wir das persönliche Interesse Ihres Pflegevaters für diesen Fall berücksichtigen…« Er hob die Schultern. »Ich jedenfalls möchte nicht in Schepilows oder Turkins Haut stecken.«
»Selbst einem gewitzten alten Kämpen wie Below wird es schwerfallen, diese Affäre heil zu überstehen«, warf Ferguson ein.
»Und was wird jetzt?« fragte sie. »Sehe ich Professor Devlin wieder?«
»Ja, aber dafür müssen Sie nach Dublin fliegen. Ich weiß, Sie sind eben erst hier gelandet, aber der Zeitfaktor ist entscheidend. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich Sie bitten, die Maschine am späteren Nachmittag zu nehmen. Captain Fox wird Sie begleiten, und wir sorgen dafür, daß Devlin Sie in Dublin am Flughafen abholt.«
Da sie noch immer in einem Zustand der Erregung war, kam ihr der Vorschlag nur wie ein weiteres Glied in der Kette der Ereignisse vor. »Gut. Wann brechen wir auf?«
»Am frühen Abend also«, sagte Devlin. »Sicher, ich hole sie ab. Kein Problem.«
»Werden Sie selbst das nötige Treffen mit McGuiness arrangieren, damit sie sich die Bilder oder das andere Material ansehen kann, das bei der IRA vorliegt?«
»Darum kümmere ich mich.«
»Und zwar so bald wie möglich«, setzte Ferguson fest hinzu.
»Ich höre und gehorche, großer Geist aus der Flasche«, gab Devlin zurück. »Lassen Sie mich einmal mit ihr reden.«
Ferguson reichte ihr den Hörer. Tanja sagte: »Professor Devlin? Was ist?«
»Ich habe gerade aus Paris gehört, daß die Mona Lisa bis über beide Ohren grinst. Bis bald.«
Auch in Moskau hatte sich an diesem Vormittag Bedeutendes
ereignet, das die ganze Sowjetunion und die Weltpolitik allge
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mein betreffen sollte, denn Juri Andropow, seit 1976 Chef des KGB, war Generalsekretär
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