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Die Stunde des Jägers - EXOCET

Die Stunde des Jägers - EXOCET

Titel: Die Stunde des Jägers - EXOCET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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tiefes Becken. Cussane schlitterte rascher als beabsichtigt in der Dämmerung den Hang hinunter und landete unsanft am Boden, behielt seine Tasche aber fest im Griff.
      Jemand stieß einen Ruf der Überraschung aus, und Cussane, der gerade auf ein Knie kam, sah zwei Kinder am Ufer des Beckens hocken. Auf den zweiten Blick hin war das Mädchen älter, als er angenommen hatte, sechzehn vielleicht. Sie trug Gummistiefel, Jeans und eine viel zu große alte Matrosenjacke. Sie hatte ein spitzes Gesicht, große dunkle Augen und üppiges schwarzes Haar, das unter einer gestrickten Schottenmütze hervorquoll.
      Der Knabe war jünger, zehn vielleicht, trug einen ausgefransten Pullover, abgeschnittene Tweedhosen und Turnschuhe, die schon bessere Zeiten gesehen hatten. Er war gerade im Begriff, einen Fischhaken aus dem Wasser zu ziehen, auf dem ein Lachs aufgespießt war.
      Cussane lächelte. »Wo ich herkomme, gilt so etwas als nicht sehr sportlich.«
      »Lauf, Morag!« schrie der Junge und stürzte mit dem Fischhaken, an dessen Ende noch der Lachs zappelte, auf Cussane los.
      Ein Uferabschnitt bröckelte unter seinem Fuß ab, und er fiel in das Becken. Zwar kam er gleich wieder an die Oberfläche, den Spieß noch immer in der Hand, doch die rasche Strömung des vom Regen angeschwollenen Baches hatte ihn erfaßt und trug ihn fort.
      »Donal!« schrie das Mädchen und rannte auf die Böschung zu.
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      Cussane packte sie an der Schulter und zog sie zurück; gerade noch rechtzeitig, denn ein weiteres Stück Ufer brökkelte ab. »Sei doch nicht dumm. Dir würde es wie ihm ergehen.«

      Sie wehrte sich, wollte sich losreißen. Er ließ seine Tasche fallen, stieß sie aus dem Weg und rannte am Ufer entlang, brach durch die Birkenzweige. An dieser Stelle schoß das Wasser mit einer Macht durch eine schmale Rinne zwischen den Felsen und riß den Jungen mit.

      Cussane hastete weiter, spürte das Mädchen hinter sich. Er zog seinen Regenmantel aus und warf ihn beiseite. Er sprang über die Felsen, versuchte das Ende der Rinne vor dem Jungen zu erreichen, langte nach dem Ende des Fischhakens, den der Junge noch in der Hand hielt, obwohl der Lachs inzwischen fehlte.
      Er packte zu, spürte die enorme Gewalt der Strömung und stürzte, was nicht zu vermeiden war, kopfüber ins Wasser. Im nächsten Becken kam er an die Oberfläche, sah den Jungen nur einen Meter weit entfernt vor sich, streckte den Arm aus und bekam den Pullover fest in den Griff. Einen Augenblick später trug sie die Strömung an ein Kieselufer. Als das Mädchen die Böschung hinuntereilte, war der Junge schon auf den Beinen, schüttelte sich wie ein Terrier und kletterte ihr dann entgegen.
      Ein jäher Strudel ließ Cussanes schwarzen Hut herantreiben. Er holte ihn aus dem Wasser, untersuchte ihn und lachte. »Na, der ist wohl erledigt«, meinte er und warf ihn ins Becken.

      Er drehte sich um, um die Böschung zu erklimmen, und schaute in die Mündung einer abgesägten Schrotflinte in der Hand eines mindestens Siebzigjährigen, der am Rand des Birkenwalds stand, das Mädchen, Morag, und der junge Donal links und rechts von ihm. Er hatte einen abgetragenen Tweedanzug an, das Gegenstück zur Schottenmütze des Mädchens auf und bedurfte dringend einer Rasur.
      »Wer ist das, Opa?« fragte das Mädchen. »Doch kein Wasserschütz?«

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      »Mit einem Kragen, wie ihn die Geistlichen tragen? Unwahrscheinlich.« Die Sprache des Alten war von den weichen Vokalen des Hochlanddialekts gefärbt. »Sind Sie ein geistlicher Herr?«
      »Mein Name ist Fallon«, erwiderte Cussane. »Pater Michael Fallon.« Er entsann sich eines Dorfnamens, der ihm beim Studium der Wanderkarte aufgefallen war. »Ich war unterwegs nach Whitechapel, verpaßte den Bus und dachte mir, nimmst die Abkürzung über den Berg.«
      Das Mädchen war zurückgelaufen, um seinen Rege nmantel zu holen. Als sie ihn brachte, nahm ihn der Alte ihr ab. »Auf, Donal, geh die Tasche des Herrn holen.«
      Er mußte also den Vorfall von Anfang an mit angesehen haben. Der Junge huschte fort, der Alte wog den Regenmantel mit der Hand. Er langte in eine Tasche und zog die Stetschkin hervor. »Jetzt schau dir das mal an! Nein, Morag, ein Wasserschütz ist er bestimmt nicht, aber ein sehr seltsamer Priester.«
      »Er hat aber Donal gerettet, Opa.« Das Mädchen berührte seinen Ärmel.
      Er lächelte langsam auf sie hinab. »Allerdings. Ab ins Lager, Kleine. Sag, daß wir

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