Die Stunde des Jägers - EXOCET
Hardy erschien an der Tür, hinter ihm Moira McGregor. »Ich bin gekommen, so schnell ich konnte«, erklärte der Vorarbeiter. »Habe es gerade erst erfa hren.«
»Sie können hier nicht rein!« rief Brodie barsch.
Hardy ignorierte ihn. »Ich weiß nicht, worum es hier geht, aber kann ich irgend etwas für Sie tun?«
Auf dem Bahnsteig pfiff der Zugführer. Cussane sagte: »Nein, nichts. Was macht Tisini?«
»Sieht aus, als hätte er ein gebrochenes Bein.«
»Richten Sie ihm aus, er hätte noch mal Glück gehabt.«
Der Zug fuhr mit einem Ruck an. »Sie lägen jetzt nicht hier, wenn ich Sie nicht hineingezogen hätte«, sagte Hardy.
Er stieg aus und stellte sich zu Moira auf den Bahnsteig. Der Zugführer sprang auf. »Man muß es halt nehmen, wie’s kommt«, rief Cussane. »Keine Sorge!«
Der Zugführer schloß die Schiebetür, und der Zug beschleunigte in Richtung Glasgow.
Trent konnte der Versuchung, Ferguson in London anzurufen, nicht widerstehen, und sein Gespräch wurde vom Generaldirektorat zu dem Anschluß am Cave ndish Square umgestellt. Fox und Devlin waren außer- Haus. Ferguson hob selbst ab.
»Hier Chefinspektor Trent, Sir, Sicherheitspolizei Glasgow. Ich glaube, wir haben den Mann, nach dem Sie fahnden – Cussane.«
»Bei Gott, wirklich?« rief Ferguson. »In welcher Verfassung ist er?«
»Selbst habe ich ihn noch nicht zu Gesicht bekommen, Sir. Er wurde in einem Dorf weiter südlich festgenommen und soll im Lauf der nächsten Stunde mit dem Zug hier in Glasgow
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eintreffen. Ich werde ihn persönlich in Empfang nehmen.«
»Schade, daß der Kerl nicht als Leiche aufgetaucht ist«, knurrte Ferguson. »Na, man kann halt nicht alles haben. Che finspektor, ich wünsche, daß er morgen früh mit der ersten verfügbaren Maschine nach London gebracht wird. Begleiten Sie ihn persönlich. Dieser Fall ist so wichtig, daß nichts danebengehen darf.«
»Wird gemacht, Sir«, erwiderte Trent beflissen.
Ferguson legte auf und griff nach dem roten Telefon, doch seine angeborene Vorsicht gebot ihm Einhalt. Den Innenminister rief er besser erst an, wenn der Fisch tatsächlich im Netz war.
Brodie saß in die Ecke gelehnt auf einem Hocker, behielt Cussane im Auge und rauchte eine Zigarette. Der Zugführer ging an seinem kleinen Schreibtisch eine Liste durch, addierte Beträge auf und legte den Kugelschreiber weg. »So, ich mache jetzt meine Runde. Bis später.«
Nachdem der Mann gegangen war, zog Brodie seinen Hocker durch den Gepäckwagen und setzte sich dicht vor Cussane hin. »Ich hab’ nie kapiert, weshalb Männer in Röcken rumlaufen. So was setzt sich doch nie durch.«
Er beugte sich vor. »Was bringt euch Pfaffen das?«
»Wovon reden Sie?« fragte Cussane.
»Das wissen Sie doch ganz genau. Spielchen mit Chorknaben?« Der Mann hatte Schweißperlen auf der Stirn.
»Ihr Schnauzer ist aber riesengroß. Tragen sie den, um einen weibischen Mund zu verstecken?« gab Cussane zurück.
Nun wurde Brodie wütend. »Unverschämter Patron! Dir werd’ ich’s zeigen.«
Er streckte den Arm aus und drückte die Glut der brennenden Zigarette auf Cussanes Handrücken. Cussane schrie auf und fiel rückwärts auf die Postsäcke.
Brodie lachte und lehnte sich über ihn. »Dacht’ ich mir doch,
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daß dir das gefällt«, meinte er und streckte erneut die Hand, mit der brennenden Zigarette aus. Cussane trat ihm in die Hoden. Brodie taumelte zurück, hielt sich die Hände zwische n die Beine, und Cussane sprang auf. Er trat geschickt aus, traf die rechte Kniescheibe, und als Brodie nach vorn umkippte, rammte er ihm sein Knie ins Gesicht.
Der Polizeisergeant lag stöhnend auf dem Rücken. Cussane durchsuchte ihm die Taschen, fand den Schlüssel und löste die Handschellen. Er holte seine Reisetasche, stellte sicher, daß der Inhalt intakt war, steckte sich die Stetschkin in die Tasche und zog die Schiebetür des Waggons auf. Regen strömte herein.
Der Zugführer, der den Gepäckwagen einen Augenblick später betrat, bekam gerade noch mit, wie Cussane neben dem Schienenstrang im Heidekraut landete, einen Purzelbaum schlug und den Bahndamm hinunterrollte. Dann sah er nur noch Dunst und Regen.
Als der Zug langsam in Glasgows Hauptbahnhof einfuhr, wartete Trent mit einem halben Dutzend Beamten in Uniform auf Bahnsteig 1. Die Schiebetür des Gepäckwagens glitt auf, und der Zugführer erschien.
»Hier drin.«
Trent
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