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Die Stunde des Jägers - EXOCET

Die Stunde des Jägers - EXOCET

Titel: Die Stunde des Jägers - EXOCET Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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dem wird mir ganz anders.«
      In Cussane wallte wieder der Zorn auf, aber er beherrschte sich. »Eine Tasse Tee wäre mir lieb – und die Gelegenheit, mich anzuziehen.«
      Ihre Antwort, zynisch und viel zu abgebrüht für ihr Alter, überraschte ihn. »Fürchten Sie, ich könnte Sie in Versuchung führen, Pater?« Sie grinste. »Ich hole den Tee.« Dann flitzte sie hinaus.

      Sein Anzug war getrocknet und gründlich abgebürstet wo rden. Er kleidete sich rasch an, ließ Weste und weißen Stehkragen weg und zog statt dessen einen dünnen schwarzen Rollkragenpullover über den Kopf. Weil es immer noch goß, zog er seinen Regenmantel an und ging hinaus.

      Murray Finlay stand an einen Planwagen gelehnt und schmauchte eine Tonpfeife. Donal hockte ihm zu Füßen. »Guten Morgen«, sagte Cussane, doch mehr als einen bösen Blick brachte Murray nicht zuwege.
      Morag wandte sich vom Feuer ab und bot Cussane Tee in einem alten Emailbecher an. »Krieg ich keinen?« fragte Murray herüber.

      Sie schenkte ihm keine Beachtung. »Wo ist dein Großvater?« fragte Cussane.
      »Am Wasser, angeln. Ich führe Sie hin. Nehmen Sie Ihren Tee mit.«
      Sie hatte etwas ungemein Anziehendes an sich, etwas Jungenhaftes, das von der Schottenmütze noch betont wurde. Es war, als streckte sie trotz ihrer zerlumpten Kleider der ganzen Welt die Zunge heraus. Die Vorstellung, daß ein solches Mäd
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    chen durch Kontakt mit Murray und seinesgleichen und die elenden Zukunftsaussichten verroht werden würde, war Cussane alles andere als angenehm. Sie überwanden eine Anhöhe und erreichten ein Wasserbecken, eine hübsche kleine Stelle, wo das Heidekraut bis dicht am Ufer wuchs. Der alte Hamish Finlay stand mit der Angelrute in der Hand schenkeltief im Wasser, warf sie immer wieder geschickt aus. Ein Windhauch bewegte die Wasseroberfläche, kleine schwarze Rückenflossen erschienen, und plötzlich sprang hinter der Sandbank eine Forelle aus dem tiefen Wasser und verschwand gleich wieder.

      Der alte Mann warf Cussane einen Blick zu und lachte in sich hinein. »Haben Sie das gesehen? Ist Ihnen schon aufgefallen, daß die besten Dinge im Leben am falschen Platz auftauchen?«

    »Sehr oft schon.«
      Finlay gab Morag seine Rute. »Im Korb findest du drei dicke Fische. Ab jetzt mit dir, und mach dich ans Frühstück.«
      Sie wandte sich zurück zum Lager. Cussane bot dem Alten eine Zigarette an. »Ein nettes Kind.«

    »Tja, kann man wohl sagen.«
      Cussane gab ihm Feuer. »Sie führen ein sonderbares Leben, sind aber doch wohl keine Zigeuner?«
      »Nein, Landfahrer. Die Leute geben uns alle möglichen Namen, und manche sind nicht sehr schmeichelhaft. Wir sind die letzten Überreste eines stolzen Clans, der bei der Schlacht von Culloden zerschlagen wurde. Gelegentlich haben wir Kontakt mit anderen Landfahrern. Morags Mutter zum Beispiel ist eine englische Zigeunerin.«
    »Und keine feste Bleibe?« fragte Cussane.

      »Nein. Niemand will uns lange um sich haben. Spätestens morgen kommt der Dorfpolizist aus Whitechapel hier zu uns hoch. Drei Tage – mehr gesteht man uns nicht zu, und dann verjagt er uns. Aber was wird aus Ihnen?«
    »Ich mache mich heute gleich nach dem Frühstück auf den

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    Weg.«
      Der Alte nickte. »Ich will nicht erst fragen, warum Sie gestern abend den Kragen eines Geistlichen trugen. Das ist Ihre Angelegenheit. Kann ich irgend etwas für Sie tun?«
    »Am besten tun Sie gar nichts.«

      »So ist das also.« Finlay seufzte tief. In der Ferne schrie Morag auf.
      Cussane kam im Laufschritt durch den Wald und fand die beiden in einer birkenumstandenen Lichtung. Das Mädchen lag auf dem Rücken, Murray hockte über ihr, drückte sie mit einem geilen Ausdruck zu Boden. Er grapschte nach einer ihrer Brüste, sie schrie erneut angewidert auf, und nun war Cussane zur Stelle. Er packte sich eine Handvoll von Murrays gelbem Haar und drehte so grob, daß nun der massige Mann aufschrie. Als er auf die Beine kam, riß Cussane ihn herum, hielt ihn kurz fest und stieß ihn dann weg.
    »Wehe, wenn Sie sie noch einmal anrühren!«
      In diesem Augenblick traf Finlay ein, die Schrotflinte schußbereit. »Murray, ich habe dich gewarnt.«
      Murray ignorierte ihn jedoch und ging grimmig blickend auf Cussane zu. »Dich mach’ ich platt, du Wurm!«
      Er griff rasch an, die Arme zum Zerschmettern erhoben. Cussane wich seitlich aus und setzte Murray eine Linke in die Nierengegend, als er

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