Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
Ricki Cains Stimme gehört und sie sofort erkannt hatte, ohne anfangs zu wissen, woher. Das einzige Mal, das er sie reden hörte, war auf Französisch gewesen, in diesem Hinterzimmer von Shelter All. Und so hatte sie ihre Opfer gefunden. O Gott, sie hatte sie direkt an der Strippe gehabt und konnte sie nach allen möglichen persönlichen Details fragen. Wer weiß, dass Sie hier sind? Haben Sie Ihrer Familie gesagt, wo Sie sich aufhalten? Sind Sie durchgebrannt? Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihrer Familie gesprochen? Und sobald sie einen der Waisen und Heimatlosen gefunden hatte, einen, der nicht vermisst wurde, vereinbarte sie ein Treffen mit ihm. Und dann verschwanden sie. Oder doch eher nicht, denn um zu verschwinden musste jemand sie vermissen, und Ricki Cain hatte sehr darauf geachtet, sich nie so jemanden auszusuchen.
Die Adresse war leicht zu finden, doch als Danny auf das Haus zufuhr, erkannte er die Gegend wieder. Sie lag ganz in der Nähe des Gebäudes, in dem die Leichen gefunden worden waren. O Gott, ihr Haus stand direkt darüber.
Er bog in die unbefestigte Straße ein.
Vor dem Haus stand eine Palme. Als Dannys Scheinwerferlicht sie erfasste, sah er, dass Ricki Cain frontal dagegengefahren war. Die beiden vorderen Reifen waren geplatzt. Scherben des Scheinwerferglases funkelten auf dem Boden. Der Kofferraum stand offen. Die beiden Feuerlöscher aus der Lagerhalle lagen darin.
Ricki Cain stand rufend und flüsternd neben dem Haus. Bellen und Knurren drangen aus dem Haus, begleitet von Reiß- und Kaugeräuschen. Dann hörte er den Schrei.
Alejandra war im Haus.
Danny rannte zur Vordertür, rammte die Schulter dagegen, prallte ab. Die Tür war zu solide. Da hätte er ebenso gut durch die Mauer brechen können. Alle Fenster waren vergittert.
Ricki Cains Gesicht wirkte völlig ruhig, als Danny sich ihr näherte. Oder genauer: Ihr Gesicht war bar jeglichen Gefühls. Ihre Augen sahen wie die von Ishmael Vertanness aus – leer, schwarz, seelenlos. Drei blutende Kratzer zogen sich die Wange hinunter. Sie berührte sie mit der Hand. »Die kleine Schlampe hat mich gekratzt.«
»Wo ist sie?«
»Es geht ihr gut. Sie ist drinnen.«
Die Bedeutung ihres gerissenen Grinsens musste erst verdaut werden. »Sie haben sie im Haus bei den Hunden gelassen?«
»Nicht nur irgendwelche Hunde. Die Hunde der Hackers. Ich bin diese ›ehemalige Putzfrau‹, die Sie in Ihrem Artikel erwähnt haben. Jetzt geben Sie mir Ihren Autoschlüssel.«
»Du Hexe.«
Danny machte einen Schritt vor und schwang das Messer. Ricki Cain wich aus, lachte und wirbelte die Hausschlüssel um den Zeigefinger. »Noch einen Schritt, und ich werfe sie in die Dunkelheit. Jetzt geben Sie mir die Schlüssel zu Ihrem verdammten Auto.«
Aus dem Haus drang ein gellender Schrei.
»Die Schlüssel.«
Danny warf ihr die Autoschlüssel vor die Füße. Und sie warf ihm sofort den Hausschlüssel zu. Natürlich. Sie wollte, dass er die Schlüssel hatte: Damit sorgte sie dafür, dass er zu beschäftigt war, um sie am Wegfahren zu hindern.
Danny rannte zur Haustür und fummelte den Schlüssel ins Schloss, als Ricki Cain mit seinem Auto flüchtete. Die Riegel klickten. Er öffnete die Tür einen Spalt, hörte Pfoten über Linoleum klacken. Ein sabberndes Maul aus Rosa, Schwarz und Weiß erschien. Etwas Großes, Schweres krachte gegen die Tür.
Wieder hörte er Alejandra schreien. Er lief zum Schlafzimmerfenster, schaute durch das Gitter, sah, was passierte. Die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen, aber jemand hatte ein Loch in das dünne Holz getreten, groß genug, dass die Hunde es weiter aufreißen konnten. Stück für Stück rissen sie heraus. Alejandra kauerte im hintersten Eck unter dem Fenster. Das war das Flüstern gewesen. Ricki Cain hatte die Hunde gerufen, sie aufgestachelt. Jetzt hatten sie das Mädchen gewittert.
Die Tür klapperte im Rahmen, als ein weiteres großes Stück herausgerissen wurde.
Was sollte er tun? Wenn’s zum Äußersten kam, würde er sich selbst opfern, sich auf einen Messerkampf mit den Hunden einlassen müssen. Doch sie würden ihm kaum eine Chance geben und ihn in Stücke reißen. Aber mehr Chancen als Alejandra hatte er immer noch.
Er hob das Messer und wappnete sich fürs Eindringen.
Und blieb unvermittelt stehen.
Die Feuerlöscher.
Er rannte zu dem zerbeulten Auto, schnappte sich einen der Löscher, rannte zur Tür zurück und stieß sie weit auf. Die Hunde kamen auf ihn zugestürzt. In Sekunden hatten sie
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