Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
du eine Freundin hattest. Wie lange denn?«
»Das geht dich nichts an.«
»Weißt du was? Ich glaube, du bist in der Midlife-Crisis«, sagte sie, als er seine Gitarre nahm und ins Haus ging. Sie sprach zu seinem Rücken, weil sie genau wusste, dass Danny ihr nie das letzte Wort lassen würde. Er schaffte es bis in die Küche, bevor er sich umdrehte.
»Warum glaubst du das?«
»Das passiert, wenn Männer in dein Alter kommen, übergewichtig und unfit werden. Nimm doch nur dieses Auto zum Beispiel.«
»Was ist mit dem Auto?«
»Für einen Mann deines Alters ist es lächerlich, in einem solchen Auto herumzufahren. Rennstreifen auf der Motorhaube und ein Heckspoiler.«
»Ich habe es so gekauft.«
» Precisamente. Merkst du, wie du unbewusst davon angezogen wurdest? Das ist ein Beweis für den inneren Aufruhr, den du gerade durchmachst, Darling. Und dieses blöde Star-Wars-Poster im Wohnzimmer. Du bist ein bisschen zu alt für einen solchen Unsinn, oder? Wenn ich gewusst hätte, dass ich damit den Samen einer lebenslangen Obsession säe, wäre ich mit dir nie in diesen verdammten Film gegangen.«
»Du bist nicht mit mir gegangen. Das war die abuela. «
»Bist du sicher?«
Ja, Danny war sicher: Diese Erfahrung war seiner Psyche unauslöschlich eingeprägt. Nicht nur, dass die abuela unfähig war, auch nur ein Wort von dem zu verstehen, was gesagt wurde, sie war auch von Kopf bis Fuß in Schwarz ins Kino gegangen, weil sie noch um ihren kürzlich verstorbenen Mann trauerte. Ihre Ähnlichkeit mit Darth Vader war Dannys Schulkameraden nicht entgangen.
Danny zählte bis fünf, weil er einen Streit unbedingt vermeiden wollte. »Hör zu, ich schlafe schon im Stehen ein. Ich werde mich jetzt noch ein bisschen mit der Gitarre entspannen und mich dann in die Falle hauen.«
Seine Mutter ließ sich nicht beschummeln. »Du bist sehr gut mit der Gitarre, nicht? Was für ein palo von Flamenco war das? Ich schätze, du hast das von deinem Vater. Er war sehr musikalisch. Zumindest so weit ich mich noch erinnern kann.«
Danny drehte sich um, doch zu schnell – die Gitarre stieß gegen den Küchentisch und warf das darauf stehende Weinglas um. Dannys Vater war das Thema, das ihn immer auf die Palme brachte, der Stachel, der so tief in seinem Fleisch steckte, dass er ihn nicht herausziehen konnte.
Dann stritten sie, und während sie sich beide in Rage redeten, wechselten sie unvermeidlich ins Spanische. Der Streit endete, wie alle spanischen Streits enden: Mit vielen übertriebenen Gesten zogen sich beide Seiten in entgegengesetzte Richtungen zurück und murmelten dabei vor sich hin, um sicherzustellen, dass der andere nicht das letzte Wort haben würde. Mutter ging nach drinnen, Danny in den Garten.
Dann klingelte sein Handy.
Es war Michael Thorndyke.
Schon wieder.
Er hatte tagsüber noch dreimal angerufen, aber Danny hatte ihn ignoriert.
»Mr. Thorndyke, es tut mir wirklich leid, aber ich kann Ihnen nicht mehr …«
»Sie haben ihn übersehen?«
»Wen übersehen?«
»Meinen Sohn. Wir haben in der Bank angerufen. Heute Morgen um 7.36 Uhr wurden von dem Konto, das Craig benutzt, dreihundert Euro abgehoben.«
»Dann hatte er jemand anderen geschickt. Ich habe genau hingesehen …«
»Sie haben ihn übersehen, Mr. Sanchez. Sie müssen morgen noch einmal hin und die Augen gut aufmachen. So einfach ist das.«
Danny ließ sich nicht gerne unterbrechen. Er spürte, wie seine Fingerknöchel weiß wurden, und zählte bis fünf. Der Mann war immerhin ein persönlicher Freund der Weißen Hexe. Danny war bei drei angelangt, als Thorndyke sagte: »Hören Sie, Sie haben Mist gebaut …«
»Nein, jetzt hören Sie mir zu, Thorndyke. Ich weiß ja, welche Art von Speichelleckern Sie sonst herumkommandieren, aber ich gehöre nicht dazu. Ich habe Ihnen heute Morgen einen Gefallen getan, aber Sie haben eben alle Reserven des Wohlwollens verbrannt, die ich noch für Sie übrig hatte. Engagieren Sie einen Privatdetektiv, damit der Ihren Sohn findet, Mr. Thorndyke. Gute Nacht.«
Danny legte auf und schaltete das Handy ab. Er ging in sein Büro und machte den Computer an. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er würde wegfahren.
Und er wusste auch, wohin.
2. Teil
La Matanza
5. Mai 2000
Die drei Jäger waren den ganzen Tag gewandert. Der Weg war gesäumt von kleinen, in schwarze und weiße Rechtecke unterteilten Metallplatten. Das hieß, sie näherten sich jetzt der Grenze des Jagdreservats.
Cipriano, der Älteste, schaute auf
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