Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Pritchard
Vom Netzwerk:
seine Uhr. Sie hatten noch zwei, vielleicht zweieinhalb Stunden Tageslicht. Vaya mierda de día , dachte er und spuckte einen Klumpen Schleim auf einen Felsbrocken. Was für ein beschissener Tag. Sie hatten rein gar nichts von Wert gefunden.
    Carlos, sein Sohn, ging fünfzig Meter hinter ihm und trug die Beute des Tages: zwei Hasen und einen Fasan. Die waren kaum das Benzin wert, das sie für die Fahrt hierher verbraucht hatten.
    Cipriano schüttelte den Kopf. Es war seine Schuld. Er war alt genug, um zu wissen, dass man einem jungen Narren wie Nacho Morales nicht trauen sollte. Noch jetzt konnte er seine vom Brandy schwere Stimme hören: Ich kenne da eine Ecke, wo kein Mensch hingeht. In der Hinsicht hatte Morales recht gehabt, warum sollte sich irgendjemand die Mühe machen, die ganze Strecke hierherzufahren? Zum Jagen war es einfach furchtbar hier.
    Ciprianos Füße schmerzten, weil sie stundenlang bergauf gestolpert waren. Er zog den Weinschlauch von der Hüfte, stellte einen Stiefel auf einen Felsbrocken und zielte mit einem Weinstrahl nach seinem Mund. Links von ihm kreisten Bussarde am weiten, blauen Himmel. Er hob den Schlauch zum stummen Gruß. Ich wünsche euch mehr Jagdglück, als ich es hatte.
    Der Weinschlauch war beinahe leer. Er hatte zu viel getrunken. Das war der Grund, warum er das einzige anständige Ziel des Tages verfehlt hatte: einen riesigen Eber. Noch ein Grund, warum das ein Tag zum Vergessen war.
    »Gehen wir in diese Richtung«, sagte Nacho, die Flinte aufgeklappt über dem Arm. Er deutete zu einem Piniengehölz. »Da drüben ist ein Pfad, der uns zur Straße zurückbringt. Von dort können wir zum Auto gehen.«
    Cipriano schulterte seine Flinte und bahnte sich einen Weg durch das Stechginstergestrüpp der Hügelflanke. Das war’s. Ein vergeudeter Tag. In dieser Richtung würden sie nichts mehr finden.
    Schweigend wanderten sie zehn, vielleicht zwanzig Minuten dahin. Sie näherten sich dem Bereich, in dem sich die Bussarde befunden hatten. Beim Geräusch ihrer Schritte erhoben sich fransige Flügel in die Luft: Die Vögel hatten am Boden gesessen und gefressen.
    Dann kam noch ein Geräusch, ein metallisches – das Rasseln einer Kette.
    Nacho schrie als Erster. Cipriano riss sich die Flinte von der Schulter, rannte los und blieb dann stehen, als er erkannte, was an dem Baum mitten auf der Lichtung baumelte. Die Waffe fiel ihm aus den Händen.
    Jetzt hatten sie doch noch etwas gefunden.

1
    Samstag, 3. April 2010
    Die Maschine erzitterte, als sie in eine Wolke tauchte. Über Dannys Kopf sprang das Gurtlämpchen mit einem Pling an. Der Landeanflug auf Gatwick begann.
    Er war da.
    Zuhause.
    Danny formte das Wort mit dem Mund, er wollte spüren, ob er dabei noch etwas empfand. Er hatte die ersten dreißig Jahre seines Lebens in England verbracht, aber war es noch immer sein Zuhause? Es gab hier inzwischen keine Freunde mehr, keine Verwandten. Es war sein erster Besuch, seit er vor acht Jahren diesem Land den Rücken gekehrt hatte. Alles, was er von seinem Fensterplatz aus sehen konnte, war eine graue Wolkenmasse – was seiner Stimmung entsprach.
    Er war eine Mischung aus Spanier und Engländer. Die Kinder hatten ihn wegen seiner übertriebenen Gesten, seines andalusischen Lispelns gehänselt. »Dago Danny« hatten sie ihn in der Schule gerufen. Jetzt nannten die Spanier ihn el inglés , den Engländer. Das Schicksal hatte entschieden, dass er sich nirgendwo ganz zu Hause fühlte.
    Er holte seinen Mietwagen ab, fuhr zur M3 und geriet in einen Stau, kaum dass er auf die M25 abgebogen war.
    Daran hatte sich also nichts geändert.
    Ob Zuhause oder nicht, das südliche England war ihm noch immer sehr vertraut: die ordentlich aneinandergereihten roten Backsteinhäuser, die Hecken, der anämische Himmel. Wie anders war das doch als das einsame, leere Innere Spaniens. Regentropfen glitzerten auf den nackten Ästen der Bäume am Rand der Autobahn. Da gab es noch einen Unterschied: die Jahreszeiten. Es war ihm zuvor noch gar nicht aufgefallen: An der andalusischen Küste lieferten die immergrüne Vegetation und der wolkenlose blaue Himmel keinen Hinweis darauf, in welchem Monat man sich befand.
    Die Fahrt von Gatwick nach Fleet, der Pendlerstadt im östlichen Hampshire, in der Danny aufgewachsen war, dauerte neunzig Minuten. Entfernungen wirkten in England so kurz. Von Almería aus konnte man leicht neunzig Minuten fahren, ohne die Provinz überhaupt zu verlassen.
    Er mietete sich ein Zimmer über

Weitere Kostenlose Bücher