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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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grünlichen bis bläulichen Schimmer und in seinem Inneren laufen feine Holzstrahlen.« Er sah auf. »Was ist denn das, bitte?«
    »Das sind Markstrahlen«, sagte Filine sofort. »Eine Zellengruppe im Holz, die dazu dient, Wasser und Nährstoffe quer zu leiten.«
    »Aha!«, sagte No. »Das ist ja fast wie in Bio. Also grünliches oder bläuliches Holz mit feinen Querleitungen. Aber was hat das mit meinem Fragment zu tun?« Er seufzte und las weiter. »Stechpalme ist sehr hart, feinfaserig und gleichmäßig in der Struktur. Deswegen ist sie zäh und schwer zu brechen.« No hielt inne. »Das war’s! Mehr steht hier nicht? Hm, zäh und schwer zu brechen. Aber was hat man nun alles aus ihr gemacht? Was könnte mein Fragment gewesen sein? Dazu steht hier nicht ein Wort.«
    »Wir müssen eben weiterforschen«, erwiderte Filine. »Lasst uns doch jetzt zu Meister Zachus gehen. Er hat bestimmt eine Idee.«
    Damit waren Rufus und No einverstanden. Schnell sortierten sie die Bücher wieder ein. Ehe sie gingen, warf Rufus noch einen Blick auf den Boden. Minster, der Radiergummi und das Buch über Tiersprachen waren verschwunden.
     
    Die Lehrlinge eilten quer durch die Akademie in die Werkhalle. Doch als sie diese betraten, sahen sie sofort, dass Meister Zachus beschäftigt war. Der kleine Mann mit den zauseligen grauen Haaren stand inmitten einer Gruppe von etwa zehn Lehrlingen und Gesellen und gab gerade Unterricht in Metallverarbeitung.
    Dafür lagen große, graue Klumpen bereit, die zu einem Haufen aufgetürmt waren. Auf den Baumstümpfen, die im ganzen Raum verteilt waren, standen Ambosse, und in der Esse loderte ein Feuer. Große Holzbecken mit Wasser standen in der Halle und neben den Ambossen lagen schwere Hammer.
    No bekam große Augen. »Wow! Seht euch das an. Sieht so aus, als würde hier gleich geschmiedet!«
    Wie auf sein Wort hin deutete Meister Zachus auf die Klumpen. »Das sollen Schwerter werden«, erklärte er seiner Gruppe. »Und zwar durch eurer Hände Arbeit!« Er lächelte zufrieden. »Es wird ziemlich anstrengend, aber wenn ihr euer erstes eigenes Schwert aus Damaststahl in der Hand haltet, wiegt das den vergossenen Schweiß wieder auf!«
    Er sah Rufus, Filine und No an. »Wollt ihr mitschmieden?«
    »Nein, leider«, antwortete No. »Wir haben nur eine Frage.«
    »Dann wartet kurz.«
    Meister Zachus wandte sich wieder den anderen Lehrlingen zu. Rufus bemerkte, dass unter ihnen auch der rothaarige Anselm und der blonde Junge waren, die er am Morgen zusammen mit Coralia in der Mensa gesehen hatte.
    »Wie viel Eisen braucht man für ein Schwert?«, fragte Meister Zachus.
    Der blonde Junge hob die Hand. »Über ein Kilo.«
    »Richtig, Bent«, nickte der Meister. »Und dieses Eisen muss genug Kohlenstoff enthalten, sonst bekommt die Klinge keine Festigkeit. Diese Verbindung nennt man Stahl. Aus ihm werden Schwerter gemacht. Neben der Härte muss die Klinge aber auch weich und elastisch bleiben. Harter Stahl sorgt dafür, dass die Klinge lange scharf bleibt und nicht so leicht verbiegt. Weicher Stahl sorgt dafür, dass sie nicht bricht! Darum haben die Schmiede lange nach einem Werkstoff gesucht, der diese beiden Eigenschaften in sich vereint. Und wie haben sie diesen entdeckt?«
    Wieder hob der blonde Junge die Hand. »Durch die Härtbarkeit. Man muss den glühenden Stahl in Wasser ablöschen. Reines Eisen bleibt dann weich, aber Stahl gewinnt an Härte.«
    »Sehr gut, einen Erkenntnispunkt!«, bestätigte Meister Zachus. »Und bevor wir uns jetzt an die Arbeit machen, noch eine Frage an dich, Bent: Wer beherrschte die Kunst der Schwertherstellung besonders gut?«
    »Die Kelten!«, rief Bent sofort. »Ihre Knollenknaufschwerter waren die besten! Ich habe leider noch nie eins in der Hand gehabt, aber ich würde alles dafür geben. Deswegen bin ich auch hier! Ich will denselben Stahl schmieden, wie ihn die Kelten erfunden haben.«
    »Deine Begeisterung für Blankwaffen ist wahrhaft ansteckend!«, lachte Meister Zachus. »Aber in diesem Fall muss ich dich leider enttäuschen. Die Kelten haben diese Kunst zur Perfektion geführt, sie aber von den Skythen übernommen. Das habe ich in einer Reihe von Fluten studieren können. Wie du es vermutet hast, steht es aber in vielen Geschichtsbüchern. So, und nun an die Arbeit. Nehmt euch jeder einen Klumpen und lasst sehen, was ihr in den letzten Stunden gelernt habt.«
    Der Werkmeister überließ die Lehrlinge und Gesellen ihrer Aufgabe und kam zu Rufus, Filine und

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