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Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Reglers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Landorff
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konnte, besonders abends. Die Abende und Nächte waren ja am schlimmsten … Es hat geklappt, er ist oft los, zu Fuß raus aus der Stadt, den Berg hoch, wo es dunkel genug war für die Sterne, stundenlang ist er oft weggeblieben, das war gut.«
    »Warum war das gut?«, fragte Treysa.
    Medine Ügdur dachte lange über die Antwort nach. Es war still in der großen Wohnung. Die Häppchen waren noch unberührt, nicht mal Wasser war eingeschenkt. Treysa war grade mal eine halbe Stunde hier. Sie hatten keine Zeit verloren, dachte er.
    »Ich muss etwas ausholen«, begann sie. »Unsere Familie hatte lange keinen persönlichen Kontakt zu Leyla. Sie war … wie soll ich sagen … ein Dickkopf, immer schon. Aber ich liebte sie dafür. Den Mann, den mein Vater für sie ausgesucht hatte, lachte sie aus. Und als sie diesen Paul Tretjak heiratete, war es vorbei. Mein Vater hat ihr eine größere Summe Geld überwiesen – nicht als Geschenk, eher wie eine Abfindung. Dieses Geld steckte im ›Blauen Mondschein‹. Leyla und ich haben uns nur ab und zu heimlich geschrieben. Gesehen und gesprochen habe ich sie erst wieder, als sie krank wurde.«
    Treysa sagte nichts. Und Medine Ügdur sprach weiter. »Wir wissen ja nicht, wie lange sie diesen Tumor schon hatte, unbemerkt, verstehen Sie? Gehirntumore, ich wusste das nicht, verändern auch die Persönlichkeit. Herr Treysa, diese Frau im Hotel ›Zum Blauen Mondschein‹ und meine Schwester Leyla, wie ich sie kannte, die hatten nicht mehr viel gemeinsam, eigentlich gar nichts. Damit würde ich es gern bewenden lassen.« Sie griff jetzt nach der Karaffe, füllte die Gläser und reichte ihm den Teller mit dem Essen. Treysa griff nach einer kleinen runden Pumpernickelscheibe mit Lachs und Avocado.
    »Leben Sie allein hier?«, fragte er. Treysa wusste, dass ihr Mann Adem Ügdur schwerreich war. Als Treysa ihn gegoogelt hatte, hatte sich auf seinem Computerbildschirm ein Imperium aufgetan: Ügdur hatte in Istanbul und Ankara Privatuniversitäten gegründet, diverse Nachhilfedienste für Schüler und Studenten aufgebaut, er investierte in clevere Onlinedienste zum Erlernen von Sprachen. Wo immer es um nichtstaatliche Bildung ging, tauchte sein Name auf.
    »Das Wort ›allein‹ würde ich nicht benutzen«, antwortete seine Frau. »Selbständig. So würde ich das nennen. Ich lebe selbständig.« Sie lächelte. »Wissen Sie, ich habe Freundinnen und Freunde, und mein Mann und ich … also, auch wir sind Freunde. Er kommt mich immer besuchen, wenn er in Berlin ist, wir telefonieren, er ist da, wenn ich ihn brauche. Und umgekehrt. Er ermöglicht mir dieses Leben. Und ich ihm seines. Vielleicht sind Ehen nicht für das Alter gemacht, jedenfalls nicht, wenn man darunter dasselbe Bett und dieselbe Wohnung versteht. Was meinen Sie?«
    Treysa zuckte die Achseln. Er hatte in letzter Zeit immer öfter den Eindruck, ein altmodischer Mensch zu sein. Gerade ging es ihm wieder so. »Gabriel kam dann zu einer Südtiroler Bauernfamilie in Pflege«, sagte er. »Er erzählt davon nichts, sagt nur, die seien sehr nett gewesen. Wissen Sie etwas darüber? Haben Sie noch einmal Kontakt zu ihm aufgenommen?«
    Medine Ügdur schaute an Treysa vorbei zum Fenster. Der Regen hatte eher noch zugelegt. Die Wohnungen mochten exklusiv sein, der Ausblick war es nicht. Man sah eine graue Häuserfront, auf der ein riesiges Plakat angebracht war: Ihr Büro in Berlin-Mitte. Ziehen Sie um in den Erfolg. Flächen bis zu 500 qm zu vermieten.
    »Einmal habe ich dort in dem Bauernhof angerufen, wo er untergebracht war, dort oben in den Bergen. Es gab nur ein Telefon, es stand in der Küche. Man musste ihn rufen. Es hat lange gedauert, bis er am Apparat war.« Sie nippte an ihrem Wasserglas. Es kostete sie Überwindung, zu erzählen, das konnte sie nur schlecht verbergen. »Wissen Sie, was er zu mir gesagt hat? Und bedenken Sie, er war ja eigentlich noch ein Kind.« Sie holte sichtbar Luft. »Er hat gesagt: ›Ich will euch alle nie wiedersehen und von euch nie wieder etwas hören.‹ Mitten in der Küche, vor allen Leuten hat er das zu mir gesagt. Und dann hat er es noch mal wiederholt.«
    Stefan Treysa sah, dass sie Tränen in den Augen hatte.
    »Ja. Gabriel hat den Satz noch mal wiederholt, und zwar auf Türkisch. Er sprach kein Wort Türkisch, er hasste die Sprache, seit seine Mutter immer mehr davon Gebrauch machte. Er hatte den Satz auswendig gelernt.« Sie schwieg einen Augenblick, ehe sie sagte: »Durch diesen Telefonhörer

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