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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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geradezu manische Furcht vor Verrätern geherrscht. Sobald er, Angula, ein wenig Zeit finde, stelle er mal zusammen, wie viele eigene Genossen in den SWAPO-Internierungslagern spurlos verschwunden seien. Es würde ihn nicht wundern, wenn die Zahl nahe an die im Kampf Gefallener heranreiche. Das habe so fix gehen können! Ein kritisches Wort, und man war verdächtig, und wer verdächtig war, stellte eine Gefahr dar, und wer eine Gefahr darstellte, musste ausgeschaltet werden.
    Das galt schon für die eigenen Leute, die man in einem Dorf irgendwo im Ovamboland hatte aufwachsen sehen, deren Familien unter den Südafrikanern gelitten hatten, die also fast automatisch in die SWAPO hineingeboren worden waren, um wie viel mehr aber für einen wie Anton Lubowski, der aus einer anderen Welt stammte und quasi vom Feind übergelaufen war! Dass so einer doppelt und dreifach überprüft wurde, sei doch selbstverständlich gewesen. Und dabei sollte niemand zum Beispiel die verdächtigen Einzahlungen auf Lubowskis Konto entdeckt haben? Drei Raten zwischen Februar und August 1989, die sich auf hunderttausend Rand addierten und von einem Strohmann des südafrikanischen Geheimdienstes kamen. Die Harms-Kommission habe das später problemlos aufgedeckt. Nichts gegen staatliche Untersuchungskommissionen, aber da hätten die SWAPO-Comrades doch ganz andere Möglichkeiten gehabt. Es gäbe auch harte Indizien, dass einige SWAPO-Führer über die Zahlungen Bescheid wussten. Nicht umsonst habe sich Lubowski am Nachmittag vor seiner Ermordung mit der Überprüfung finanzieller Angelegenheiten befasst. Das habe sein Buchhalter bestätigt.
    Wie gesagt, mancher sei schon für viel weniger umgelegt worden, nur sei Lubowski eben prominent gewesen. Den konnte man nicht sang- und klanglos in einem Erdloch in Angola verschwinden lassen, da musste man sich etwas Besseres einfallen lassen. Und am besten war natürlich, Lubowski loszuwerden, ohne ihn als Verräter bloßstellen zu müssen. Das hätte in der Partei für Unruhe gesorgt und ihren Ruf nach außen beschädigt. Nur zwei Monate vor den entscheidenden Wahlen wollte man sich das nicht leisten. Also brauchte man jemanden, dem man den Mord in die Schuhe schieben konnte, und da kam Acheson gerade recht.
    Angula war noch nicht am Ende. Er holte einmal tief Luft und sagte: «Doch zurück zu Mister Ndangi Oshivelo! Er war von Lubowski vertreten worden, hatte sich mit ihm angefreundet, ging bei ihm ein und aus. Was lag näher, als Oshivelo auf Lubowski anzusetzen? Aber damit nicht genug. Wem würde die SWAPO-Führung wohl einen Mordauftrag anvertrauen, wenn man die Zahl der Mitwisser über Lubowskis Verrat möglichst klein halten wollte? Einem, der sowieso Bescheid wusste. Einem, der die Gepflogenheiten des Opfers kannte. Einem, der, ohne Verdacht zu erregen, in seine Nähe gelangen konnte. Einem wie Oshivelo eben!»
    Den Leiter der Serious Crime Unit des Mordes zu beschuldigen, war ein starkes Stück. Nein, es war ungeheuerlich. Mühsam beherrscht fragte Clemencia: «Hast du irgendeinen Beweis dafür, Angula?»
    «Ich bin sicher, wenn ich an die Top-Secret-Dokumente der SWAPO kommen würde …»
    «Also nein?»
    «Warum ist Oshivelo so ein hoher Posten bei der Polizei zugeschanzt worden, sobald die SWAPO das Sagen hatte? Weil er eine Belohnung verdient hatte. Weil jemand, der etwas zu verlieren hat, ein Geheimnis eher bewahrt.»
    «Das reicht nicht, Angula, das reicht bei weitem nicht.»
    «Und warum, Chefin, versucht er jetzt mit allen Mitteln, uns von der Lubowski-Spur fernzuhalten?»
    Das hatte sich Clemencia schon mehr als einmal gefragt. Aber deswegen konnte man Oshivelo nicht solche Verbrechen unterstellen. Auch sonst machte das alles keinen Sinn. «Weißt du, was dein Fehler ist, Angula? Du vergisst, womit wir es eigentlich zu tun haben. Nämlich mit vier ehemaligen Agenten des Civil Cooperation Bureaus, die deiner Theorie nach unschuldig sind. Trotzdem hat jemand sie in den letzten Tagen hingerichtet.»
    Angula nickte. «Ein Profikiller, der ausgezeichnet informiert war. So, als hätte ihn jemand gebrieft, der van Zyl und Konsorten seit langem überwacht hatte.»
    «Okay, Angula», sagte Clemencia. «Du spuckst jetzt alles aus, was du dir so zurechtgelegt hast. Dann lachen wir gemeinsam darüber und vergessen die Sache!»
    «Vor ungefähr zwei Jahren verschwand eine Menge beschlagnahmter Waffen aus unserem Lager. Angeblich ein Einbruch, der natürlich nie aufgeklärt wurde. Ich habe mir die

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