Die Stunde des Schakals (German Edition)
Schnauze des Hundes ein, doch das Vieh hielt wie mit eisernen Klammern fest. Die Lefzen waren zurückgezogen, die Zähne verschwanden fast völlig in Angulas Haut. Clemencia richtete ihre Pistole nach vorn, legte zur Stabilisierung die linke Hand um das Handgelenk der rechten, zielte.
«Rühr dich nicht, Angula!», rief sie. Angula zerrte verzweifelt, riss die Hand nach oben und schleifte das Tier in einem Halbbogen um sich herum, ohne freizukommen. Der Bullterrier stand jetzt auf den Hinterbeinen, eng an ihn gepresst. Fast sah es aus, als tanzten sie zusammen, innig umschlungen, gewaltsam, eine stöhnende und knurrende Masse mit zuckenden, ineinander verkeilten Gliedern. Es war kein sicherer Schuss möglich. Es war überhaupt kein Schuss möglich.
«Herrgott, Angula!», schrie Clemencia. Angula kreischte irgendetwas und umarmte mit der Linken den Bullterrier. Er knickte in der Hüfte ein, beugte den Oberkörper nach vorn, schloss den freien Arm um den Hals des Tiers und drückte zu. Seine Hand krallte sich in das Nackenfell. Er versuchte, den Hund zu erwürgen.
«Verdammt!», brüllte Clemencia. Sie sprang über die Stacheldrahtrolle, war jetzt so nah, dass sie den Schweiß roch, das Blut, die Ausdünstung des Hundes. Seine Augen starrten sie an. Obwohl er das Maul fest um Angulas Hand geschlossen hatte, obwohl ihm der Arm die Luft abschnüren musste, knurrte er immer noch. Er würde nicht loslassen. Er war darauf dressiert, zuzupacken und nie mehr loszulassen. Clemencia setzte die Pistole zwischen seinen Augen auf, korrigierte den Winkel, damit Angula nicht getroffen würde, falls die Kugel durchschlüge. Angula japste und keuchte. Der Hund knurrte und röchelte. Clemencia schrie «nein» und drückte ab. Einmal, zweimal.
Der Bullterrier schnellte mit den Hinterbeinen hoch und bäumte sich auf, ohne einen Laut von sich zu geben oder den Biss zu lockern. Dann erschlafften die Glieder, die Muskeln, ein letztes Zucken lief übers Fell. Schwer hing der Körper in Angulas Arm. Noch im Tod drückten die Zähne des Viehs zu, klammerten die Kiefer fest. Clemencia musste sie mit Gewalt auseinanderreißen, um Angulas Hand zu befreien. Die Handfläche und der Daumenballen waren ein einziger blutiger Brei. Keine Zeit, sich jetzt darum zu kümmern! Clemencia ging in die Knie, um Angulas Bein von den Widerhaken des Natodrahts zu lösen. Angula stand stumm und regungslos da. Aus dem Innern des Hauses drang leise ein hohles, lang anhaltendes Husten. Das war der Killer.
«Los, weg hier!», zischte Clemencia. Der Stoff ratschte, als sie Angulas Hose aus dem Stacheldraht riss. Endlich ließ Angula den Hundekadaver in den Staub fallen. Die Kette klirrte.
«Komm schon!», flüsterte Clemencia.
Angula bückte sich und suchte den Boden nach seiner Pistole ab. Ungelenk nahm er sie mit der linken Hand auf. Er wies Richtung Tür und sagte: «Die sind noch dadrinnen.»
«Eben!», sagte Clemencia. Sie zog ihn hinter sich her, weg vom Haus, durch die Lücke des Zauns, bis sie in Deckung waren. Angula setzte sich auf die dem Farmhaus abgewandte Seite des Autowracks, lehnte Rücken und Kopf an die Karosserie.
«Mein Fehler», stöhnte er. «Ich dachte, er hätte beide Bullterrier überfahren. Und dann schoss der eine plötzlich aus dem Dunkel hervor und …»
«Hast du ihn gesehen?»
«Der hatte mich schon an der Hand, bevor ich überhaupt wusste, was los war. Ich hatte nicht die geringste Möglichkeit …»
«Hast du den Killer gesehen?»
«Den Killer?» Angula starrte auf seine zerfleischte Hand.
«Reiß dich zusammen, Angula!»
«Da war kein Killer, da war nur ein Schatten, der über die Front des Bakkies flankte und im Haus verschwand.»
«Groß oder klein? Dick oder dünn? Ein Schwarzer, ein Weißer?», fragte Clemencia.
«Ein Geist!», sagte Angula bestimmt. «Sonst wäre er nie an dem Bluthund vorbeigekommen.»
«Der Hund ist tot», sagte Clemencia. Ob Acheson noch lebte, war mehr als zweifelhaft. Seit der Salve aus der Kalaschnikow hatte Ruhe geherrscht. Auch wenn Clemencia mit anderem beschäftigt gewesen war, hätte sie weitere Schüsse mitbekommen. Sie behielt das Farmhaus im Auge. Alles war düster. Nichts bewegte sich.
«Hältst du es noch aus?», fragte sie, ohne Angula anzusehen.
«Acheson hatte keine Chance», sagte Angula, «nicht gegen einen Geist. Und wir …»
«Und wir?»
Angula richtete sich mühsam auf, stützte die linke Hand mit der Pistole auf dem Dach des Autowracks ab. «Wir knallen ihn ab,
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