Die Stunde des Spielers
gegen Menschen wie mich.«
Erica - als Schwarze - bedachte mich mit einem extrem ironischen Blick, und ich kam mir wie ein Vollidiot vor. Ich sah kurz zur Decke und versuchte, zusammenhängender zu klingen. »Sagen wir einfach, die ganze Sache mit den Silberkugeln stimmt wirklich, und ich gehe jede Wette ein, dass jemand in dem Saal Silberpatronen verkauft.«
Der ironische Blick verschwand nicht, und ich fragte mich, ob sie zu den Leuten gehörte, die trotz der Beweislage nicht von der lebenslangen Überzeugung lassen konnten, dass es sich bei all dem um nichts weiter als Lagerfeuer-geschichten handelte. Das war das Seltsame daran, im heutigen Amerika Werwolf zu sein. Man hatte mich geoutet. Die ganze Welt des Übernatürlichen - Vampire, Lykanthropen, noch unglaublichere Dinge - war von der derzeitigen Regierung anerkannt worden. Man hatte gefilmt, wie ich mich live im Fernsehen in einen Wolf verwandelte. Und manche Leute glaubten noch immer nicht daran. Oder wollten es nicht glauben. Sie sahen mich immer noch an, als habe ich den Verstand verloren, wenn ich davon erzählte. Doch ehrlich gesagt gab es für sie wahrscheinlich nur zwei mögliche Reaktionen: entweder Unglauben - oder schreiend davonlaufen.
Doch Erica gehörte nicht zu diesen Leuten. Ja, noch besser, sie drehte nicht durch. Sie fand es einfach nur lustig. »Sie sind ein Werwolf - wie können Sie vor etwas Angst haben?«
»Oh, Sie würden sich wundern«, sagte ich mit einem schmalen Lächeln.
»Es werden Sicherheitsleute anwesend sein«, sagte sie. »Wir besorgen noch extra Security, wenn Sie sich dann besser fühlen.«
»Danke«, sagte ich, doch ich fühlte mich kein bisschen besser. Ich würde mich einfach durchbeißen müssen. Schließlich hatte ich mich schon in viel furchterregenderen Situationen befunden, stimmt’s? Sicher ging nur meine Paranoia mit mir durch. Außerdem hatte ich eine Sendung auf die Beine zu stellen.
Erica überquerte die Bühne und gestikulierte, während sie mir erklärte, wie das Ganze funktionieren würde. »Wir haben alles außer den Telefonen aufgebaut. Ozzie hat mich an Ihren Sendetechniker weitergeleitet, wie heißt er gleich noch mal, Matt? Er sagt, Sie haben schon Außenübertragungen gemacht und können uns erklären, wie die Anrufe durchgestellt werden sollen. Mal ganz abgesehen davon, dass Sie die Leute unterweisen müssen, die die Vorgespräche führen und eine Vorauswahl treffen. Aber wissen Sie, ich habe mir Ihre Sendung angehört: Gibt es bei Ihnen überhaupt Vorgespräche?«
»Ob Sie es glauben oder nicht.«
»Sie haben einen Plan B, falls etwas mit den Telefonen schiefläuft?«
»Normalerweise habe ich immer ein bisschen Stoff zum Improvisieren im Kopf. Und Interviews mit Gästen. Wahrscheinlich kann ich ein oder zwei mehr hineinzwängen, falls ich jemand Guten aufstöbere.«
»Wen haben Sie bisher?«, fragte sie.
»Ich habe diesen Elvis-Imitator gefunden, der am selben Tag - in derselben Stunde - geboren wurde, als Elvis starb. Er behauptet, der wiedergeborene King zu sein. Wild, was?«
Sie verdrehte die Augen. »Von dem Typen habe ich gehört. Er hat versucht, der Sendergruppe ein Band von seiner Sitzung mit einem Reinkarnationstherapeuten zu verhökern. Wir haben es ihm nicht abgekauft. Da gibt es bestimmt etwas Besseres.«
Ich hatte gehofft, dass sie genau das sagen würde. Frage immer die Leute vor Ort nach guten Geschichten. Ich gab mich skeptisch. »Ach ja? Was denn zum Beispiel?«
»Wo soll ich bloß anfangen? Sie wissen doch, dass die richtig guten Sachen nie an die Öffentlichkeit gelangen.«
»Und weswegen?«
»Wer würde es schon glauben?«
»Oh, ich zum Beispiel.«
Sie ging am Rand der Bühne in die Hocke und zählte an den Fingern ab: »Erstens ist diese Stadt voller Vampire. Es wimmelt hier nur so von ihnen. Es ist der ideale Ort für sie - alles hat rund um die Uhr offen, nicht wahr?«
»Woher wissen Sie, dass es sich um Vampire handelt?«
»Selbst bevor die NIH euch alle geoutet hat, habe ich diese Widerlinge als Vampire bezeichnet. Sie hängen in Bars herum auf der Suche nach den ganzen deprimierten und fertigen Menschen, die all ihr Geld verloren haben. Leichte Beute. Anders lässt es sich nicht erklären, dass derart attraktive Leute sich auf solche Verlierer stürzen.«
»Faszinierend. Ich werde mir die Sache einmal näher ansehen.« Und vielleicht konnte sie mir dabei behilflich sein, Ricks Nachricht an Dom zu überbringen.
»Zweitens, wissen Sie etwas über die
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