Die Stunde des Spielers
Stöckelschuhen weh, dabei war die Nacht noch jung. Ich dachte nicht weiter darüber nach.
»Kitty!«, ging er freudig an den Apparat. »Bitte sag mir, dass du dich gut amüsierst.«
»Womit wir gleich beim Thema wären … Ich muss wirklich mit dir reden, hast du einen Moment Zeit?«
»Zufälligerweise veranstalte ich heute eine Party hier in der Bar unter dem Dach. Wir fangen gerade an, du solltest vorbeischauen.«
Wahrscheinlich war es eine Party nur für Vampire – Blut in Weingläsern und so. Damit käme ich klar. So verzweifelt war ich mittlerweile.
»Ich bin gleich da«, sagte ich.
»Und bring deinen netten Freund mit.«
»Hm, genau deshalb muss ich mit dir reden. Er ist verschwunden.«
»Er hat dich an einem Samstagabend in Las Vegas allein gelassen? Was ist er, verwegen oder dumm?«
»Es ist viel komplizierter«, murmelte ich. »Ich bin in zwei Minuten bei dir.«
»Ich freu mich schon.«
Als ich vor dem Klub aus dem Aufzug stieg, sank mir ein wenig der Mut, denn es war tatsächlich eine Vampirparty. Ich witterte es, ein Geruch, der durch die Klimaanlage wie ein Hauch Parfüm in den Korridor wehte. Blut und Leichen. Einem normalen Menschen wäre es nicht aufgefallen. Für mich war es unverkennbar. Eine Gruppe Vampire - also im Grunde saubere, gut erhaltene Leichen, die mit Leben erfüllt waren - genehmigte sich ihr Lieblingsgetränk.
Beim Geruch von Blut rührte sich etwas in mir. Die Wölfin erwachte, hielt die Schnauze in den Wind und fragte sich, ob wir auf die Jagd gingen. Blut bedeutete Beute. Ich hielt kurz inne, atmete tief durch und sagte Nein. Hier wurde nicht gejagt. Ich war der Boss. Das Fell und die Krallen legten sich wieder.
Außerdem, nur weil ich Blut roch, bedeutete das noch lange nicht, dass überhaupt etwas gejagt wurde.
Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass es sich bei der Menschenschlange im Korridor um diejenigen Leute handelte, die darauf warteten, in Doms Nachtklub unter dem Dach eingelassen zu werden. Ich spazierte einfach an ihnen vorbei, ohne die beleidigten Blicke der anderen zu bemerken, und hielt direkt auf die Tür zu, immer dem Vampirgeruch nach.
Ein Türsteher stellte sich mir in den Weg. Seine massige Gestalt füllte den Eingang. Er war weiß, glatzköpfig und eine Tätowierung lugte aus dem Kragen seines tiefen zugeknöpften Hemdes. Er starrte mich zornig an. Beinahe hätte ich ihn angeknurrt.
»Du wirst dich schon anstellen müssen.«
Einmal ruhig durchatmen ließ mich klarer denken. »Dom hat mich eingeladen. Er erwartet mich.«
»Du stehst nicht auf der Liste«, sagte er. Er war kein übernatürliches Wesen. Ich hätte erwartet, dass ein Werwolf oder Vampir oder so etwas für Dom arbeitete. Doch der hier war ein typischer Gorilla. Wusste vielleicht noch nicht einmal, was da drin vor sich ging, oder dass ich Blut in der Luft witterte.
Mein Versuch, einsichtig zu reagieren, misslang. »Du weißt ja noch nicht einmal, wie ich heiße! Woher willst du denn wissen, dass ich nicht auf der Liste stehe? Habt ihr überhaupt eine Liste? Und sollten berühmte Persönlichkeiten nicht einfach, du weißt schon, hineingehen können?«
»Du bist berühmt?«, fragte Glatzkopf ausdruckslos.
Das war genau die verbale Ohrfeige, die ich brauchte. Seufzend rieb ich mir die Stirn. »Ich heiße Kitty Norville. Ich habe vor ein paar Minuten mit Dom gesprochen, und er hat mich hierher eingeladen. Und ich habe nicht die geringste Möglichkeit, es dir zu beweisen.«
Ein zweiter Rausschmeißer hatte sich an uns herangeschoben und hörte uns zu. Offensichtlich hielt er mich nicht für eine Bedrohung. Vielmehr war ich wohl das Unterhaltsamste, das den ganzen Abend passiert war. Ach, die Menschen!
Dieser Typ grinste schief und sagte zu seinem Kollegen. »Ich geh nachsehen.« Er musste Mitleid mit mir bekommen haben.
»Danke«, rief ich ihm hinterher.
Glatzkopf starrte mich einfach nur wütend an.
»Wir haben hier einen Dresscode«, sagte er nach einer Weile und musterte mich von Kopf bis Fuß. Als wäre ich verdammt noch mal nicht gut genug! Als müsste er mir erst ins Gedächtnis rufen, warum ich von Vampiren geführte Nachtklubs nicht ausstehen konnte.
»Das hier ist mein Hochzeitskleid! Willst du mir erzählen, dass es nicht dem Dresscode entspricht?«, fragte ich. Ich warf einen Blick auf die Menschenschlange, die vor der Tür anfing, und versuchte herauszufinden, weshalb ich in den Augen dieses Typen nicht den Maßstäben entsprach. Die Männer trugen Seidenhemden,
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