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Die Stunde des Spielers

Die Stunde des Spielers

Titel: Die Stunde des Spielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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verziehen, sagte Brenda: »Uns stehen Mittel zur Verfügung, die hilfreich sein könnten.«
    »Das ist ja so eine Erleichterung«, sagte Mom. »Ich wusste, dass eine Reise nach Vegas aufregend wäre, aber das hier ist ein bisschen zu viel.«
    »Mom, Dad?«, sagte ich rasch. »Wir müssen nur noch ein paar Dinge besprechen. Wie wäre es, wenn ich mich in ein paar Minuten mit euch auf einen Drink an der Bar treffe?«
    Mom drückte nochmals meine Schulter, und Dad bedachte mich mit einem väterlichen Lächeln, bevor sie an die Bar gingen, um sich Getränke zu bestellen.
    Beinahe wäre ich über dem Tisch in mich zusammengesackt, den Kopf in den Händen.
    Ungläubig starrten Evan und Brenda ihnen nach.
    »Ein Werwolf sollte eigentlich keine Eltern haben«, sagte Brenda mürrisch. »Sie sollten keine Mütter haben. Wie soll ich dich denn jetzt umlegen, wenn ich weiß, dass das diese echt nette Frau aus der Fassung bringen würde?«
    »Du sollst mich überhaupt nicht umlegen!« Ich blickte sie wütend an.
    »Tut mir leid. Ist nur so ’ne Redensart«, sagte sie und wandte sich dann an Evan. »Deshalb sind Mütter so was
    Schreckliches. Sie bringen alles durcheinander.«
    »Was ist mit deiner Mutter?«, fragte ich.
    »Habe seit zehn Jahren kein Wort mehr mit der Frau gewechselt. Ich habe mich mit achtzehn verdrückt und es
    nie bereut.«
    Das war unvorstellbar für mich.
    »Wir haben zu tun«, sagte Evan und bedeutete Brenda mit einem Nicken, sich von der Sitzbank zu erheben. »Je schneller wir den Anhaltspunkten nachgehen, umso schneller werden wir Ben finden. Dann könnt ihr wieder eine große glückliche Familie sein.«
    »Das ist ja so verrückt«, murmelte Brenda, die nun stand und auf Evan wartete. Also wirklich, sie hatte gut reden!
    »Nochmals vielen Dank«, sagte ich und gab ihnen meine Telefonnummer, bevor sie sich auf den Weg machten.
    Mom und Dad mussten die Sitzgruppe im Auge behalten haben, denn sie kamen einen Moment später mit einer Flasche Wein und drei Gläsern herüber. Sie setzten sich mir gegenüber, auf dieselben Plätze, auf denen zuvor Evan und Brenda gesessen hatten. Angesichts der Absurdität der Situation wäre ich beinahe in Gelächter ausgebrochen.
    Dad schenkte den Merlot ein. Mom übernahm das Reden.
    »Du hast also mit der Polizei gesprochen? Was wissen sie? Gibt es sonst noch etwas, das wir tun können?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Trank einen großen Schluck und ließ die Wärme einen Teil der Anspannung in mir fortspülen. Dann hörte ich auf zu trinken, denn wenn ich mich zu sehr entspannte, würde ich vielleicht in Tränen ausbrechen.
    »Sie haben gesagt, sie rufen an, sobald sie etwas in Erfahrung bringen. Wir können jetzt nichts weiter tun als abwarten.«
    »Oh, Liebes, es tut mir so leid. Mir ist klar, dass dieses Wochenende eigentlich ganz anders verlaufen sollte! Sie streckte den Arm über den Tisch aus und drückte meine Hand. Sie war so ernst. Ich wollte ihnen sagen, dass es mir gut ging, dass ich auf mich achtgeben konnte. Doch wenn ich so sicher war, auf mich selbst aufpassen zu können, wieso war ich dann so außer mir bei dem Gedanken, ich könnte Ben verlieren? Ich wollte nicht mehr auf mich selbst achtgeben müssen. Ich wollte auf uns beide aufpassen.
    Mom war ernst und weinerlich. Dad hingegen wirkte verschlossen. Seine Miene war streng, er hatte die Stirn gerunzelt. Auf einmal kam ich mir wieder wie eine Achtjährige vor und fragte mich, was ich angestellt hatte.
    »Also, Kitty«, sagte er. »Ich weiß, dass das hier schwierig ist. Aber hat irgendwer die Möglichkeit angedeutet, dass Ben vielleicht ... ich weiß auch nicht. Dass er bloß eine kleine Auszeit gebraucht hat. Dass er irgendwohin ist, um sich alles durch den Kopf gehen zu lassen.«
    Ich starrte ihn an. »Dass er kalte Füße bekommen hat, meinst du.«
    Er stimmte zu, indem er kaum merklich mit den Schultern zuckte. Dass Mom nicht schockiert oder empört wirkte, bedeutete, dass sie diese Unterhaltung bereits geführt hatten.
    Meine eigenen Eltern. Spielten mit dem Gedanken, dass man mir vor dem Altar den Laufpass gegeben hatte. Wenn es also alle außer mir andeuteten, hieß das, dass alle recht hatten? Nein – ich hatte die Videoaufnahme gesehen, und ich kannte Ben. Ich trank noch einen großen Schluck Wein.
    »Nein. Auf keinen Fall. Ben ist nicht so. Das würde er nicht tun.«
    »Ich weiß, Liebes«, sagte Dad und machte eine beschwichtigende Handbewegung. Herrgott, jetzt nannten sie mich schon beide

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