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Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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allerdings von einem Massiv, das weit näher lag als der östliche Horizont: Ein schwarzer Kraterberg erhob sich aus Vorbergen dreitausend Meter über den Fluß, der vor ihm nach Süden abbog. Eis und Schnee krönten den feurigen Gipfel.
    Der Schnee machte nach unten hin Koniferen und Laubbäumen Platz, die wiederum in die gleiche wildwuchernde Vegetation übergingen, die den Fluß flankierte, und diese schließlich wich einer Stadt, die sich in die Hänge des Vulkans klammerte und an diesen nach oben wuchs. Ganz unten streckten kleine Docks dünne, hölzerne Finger in den Fluß.
    «Mein Zuhause«, sagte Ananthos, »Hauptstadt und uralte Niederlassung, von der aus die Weber ihren Anspruch auf die Schildebene und alle angrenzenden Lande geltend machten.« Er breitete vier Vorderarme aus. »Ich heiße euch alle in Gossameringue-auf-dem-Hauch willkommen.«
    Die Stadt war ein Wunder, wie die Schals und Tücher. Die Übereinstimmung endete damit noch nicht, denn wie diese war sie aus feinster Seide gewebt. Morgentau haftete an Aufhängungen, Streben, Strängen und Stützen eines scheinbar schwerelosen Flechtwerks. Dächer hingen an Tragefäden, anstatt von Pfeilern gestützt zu werden. Millionen dicker silbriger Stränge trugen und stützten Gebäude von mehreren Stockwerken Höhe, und auf allem schimmerten und blitzten Juwelen aus Tau.
    Andere Stränge, so dick wie Baumstämme, den Spinndrüsen Dutzender Weber entstammend, sicherten die größeren Strukturen.
    In den unteren, nähergelegenen Ebenen konnten sie eine Vielzahl sich bewegender Gestalten erkennen. Es war klar, daß die Stadt dicht bevölkert war. So wie sie sich am Fuße des mächtigen Vulkans ausbreitete und Hunderte von Metern an seinen Flanken emporwuchs, schien sie imstande, eine Bevölkerung zu beherbergen, die in Zehntausenden zählte.
    Es war so viel Spinnenseide verarbeitet, daß sie, in ihre Einzelstränge zergliedert, die ganze Erde in einen Kokon hüllen konnte.
    Einmal hatte Jon-Tom eine volle Stunde damit verbracht, ein einziges kleines Netz zu bewundern, das von einer Spinne an einer Meeresküste gewebt worden war. Es war von sehr kleinen Tropfen des Morgennebels benetzt gewesen.
    Hier schienen die Tautropfen fast planvoll arrangiert. Als die ersten Strahlen der aufsteigenden Sonne die Stadt direkt trafen, verwandelte sie sich plötzlich in ein Labyrinth aus Platindrähten und Diamantstaub. Es war blendend hell, aber der Effekt schwand bald, als der Tau verdunstete. Die Sonne stieg höher, die Bezauberung verging rasch wie ein Beckenschlag.
    Gossameringue bestand ganz und gar aus Kugeln, Ellipsen, Sphären, Bögen und Kuppeln. Jon-Tom konnte nirgendwo in der Konstruktion einen einzigen scharfen Winkel entdecken. Alles war weich und gerundet, was der Stadt einen Eindruck von Sanftheit gab, dem ihre Bewohner entsprechen mochten oder auch nicht.
    Die Sonne erklomm ihren Weg in den Morgenhimmel, und das kleine Boot machte in dem nächst gelegenen freien Dock fest. Ein paar frühe Morgenarbeiter richteten neugierige Facettenaugen auf die fremdartige Fracht aus Warmlandern. Sie ließen sie völlig unbehelligt. Sie sahen sie nur an. Wie es ihrer historischen Vorliebe und Achtung für Privatsphäre entsprach, wandten sich diese wenigen Weber bald wieder ihren Aufgaben zu und ignorierten die Ankömmlinge. Das machte Clodsahamp etwas Sorgen. Ein Volk, dessen Mitglieder sich so fanatisch um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, ergibt keinen bereitwilligen Verbündeten.
    Unter Ananthos' Geleit verließen sie das Boot und überquerten die Docks. Bald hatten sie eine Seide- und Silber- Welt betreten.
    »Diese Unternehmung muß Erfolg haben«, sagte Caz; als sie zu klettern begannen, plazierte er vorsichtig seine breiten Füße. Der Verkehrsweg bestand aus einem feinen Kreuzgewebe von Seidensträngen. Sie waren fester als Stahl und bebten nicht, selbst dann nicht, als Jon-Tom prüfend auf einem herumhüpfte, aber wenn jemand eine Sprosse der gigantischen Strickleiter verfehlte und hindurchfiel, war mindestens ein gebrochenes Bein ziemlich wahrscheinlich.
    Nach einer Weile wurde aus Vorsicht Sicherheit, und die Gruppe kam schneller voran.
    »Ich bin zufrieden, wenn wir hier lebend herauskommen«, flüsterte Talea dem Hasen zu.
    »Genau meine Meinung«, erwiderte Caz. Er deutete den Weg zurück, den sie gekommen waren. Der Fluß und die Docks waren schon lange von verdrehten und verschränkten Seidenbändern und bauten verschluckt. »Weil wir hier ohne

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