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Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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uns zur Hauptstadt begleitest, Ananthos«, versicherte Clodsahamp diesem.
    Die Spinne schien erheblich erleichtert. »Dann sind meine Überlegungen eindeutig. Ich helfe euch weder, noch behindere ich euch, sondern überantworte euch nur denen, die in der Position dazu sind.« Er drehte sich um und löste feierlich den Strang, der das Boot am Bug hielt.
    Bribbens hatte gegen Ende der Diskussion wieder das Segel gesetzt und war jetzt an seinem Steuerruder. »Vorsicht vor der Spiere!« rief er, als der Wind in das Segel fuhr. Bald glitten sie unter dem komplexen Flechtwerk hindurch, das den Fluß überspannte, und reisten wieder flußaufwärts.
    »Ich habe noch nie einen Warmlander gesehen.« Ananthos stand ziemlich nahe an Jon-Tom. »Hochinteressante Biologie.« Trotz zehntausend Jahren Ur-Angst wich Jon-Tom nicht aus, als der Spinnenmann nach ihm griff.
    Das doppelklauige Bein Aranthos' war von starren Haaren bedeckt. Die zarten Seidenschals in Grün und Türkis milderten seine bedrohliche Erscheinung. Die fingergroßen Klauen berührten die Wange des Menschen, drückten sanft, wanderten vom Gesicht zum Hals und zogen sich zurück. Irgendwie gelang es Jon-Tom, nicht zurückzuzucken. Er konzentrierte sich auf die hell irisierenden Augen, die ihn betrachteten.
    »Überhaupt kein Fell, anders als der kleine Braune, außer am Oberteil. Und so weich... so weich!« Er schauderte. »Was für eine schrecklich hinderliche Zartheit.«
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte Jon-Tom. Ihm kam der Gedanke, daß der Weber ihn ziemlich abstoßend finden mochte.
    Sie fuhren fort, einander zu betrachten. »Das ist schöne Seide«, sagte der Mensch. »Machst du sie selbst?«
    »Meinst du, ob ich die Seide gesponnen oder den Schal hergestellt habe? Um ehrlich zu sein: keins von beiden.« Er zeigte mit einem Bein auf die anderen Weber. »Wir unterscheiden uns weit mehr in der Größe, als das bei euch der Fall zu sein scheint. Einige unserer kleinen Vettern produzieren eine feinere Seide, als ein ungeschickter Tölpel wie ich es könnte. Sie sind dazu ausgebildet, und andere verweben und gestalten dann sorgfältig ihr Erzeugnis.« Er griff nach unten, wickelte ein ein Meter langes Stück ab und reichte es Jon-Tom.
    Verglichen mit dem Tuch wog eine Handvoll Federn wie Blei. Hätte er es angehaucht, wäre es über die Reling geblasen worden. Es war von einem durchscheinenden und gleichzeitig so vollen Blau wie das feinste persische Türkis und hatte hier und da dunklere Stellen; es war das leichteste Gewebe, das Jon-Tom je gespürt hatte. Es zu tragen wäre, wie nichts anzuhaben.
    Er wollte es zurückgeben. Ananthos' Kopf zuckte zur linken Seite. »Nein. Es ist ein Geschenk.« Schon hatte er zwei andere lange Schals so gebunden, daß sie das Fehlen des türkisfarbenen ausglichen. Jon-Tom konnte einen kurzen Blick auf das komplizierte Knoten- und Schnallenarrangement werfen, das den Quasi-Sari zusammenhielt. »Warum?«
    Jetzt hüpfte der Kopf nach unten und nach rechts. Jon begann einen Zusammenhang zwischen den Kopfbewegungen und den Vorgängen im Inneren des Webers zu erkennen. Was anfänglich wie ein nervöses Zucken erschienen war, wurde jetzt als komplexe, hochgradig stilisierte Aneinanderreihung von Gesten unterschiedlicher Bedeutung erkennbar. Die Spinnen setzten ihre Köpfe so ein, wie Italiener die Hände: zum Reden ohne gesprochene Worte.
    »Warum? Weil du irgend etwas an dir hast, irgend etwas, das ich nicht beschreiben kann, und weil du es bewundert hast.«
    »Das würde ich auch sagen, daß wir etwas an uns haben«, brummte Talea. »Die Ausstrahlung des chronischen Wahnsinns.«
    Ananthos dachte über die Bemerkung nach. Wieder trieb das wispernde Lachen über Deck wie Schneeflocken. »Oh, Humor! Humor gehört zu den wertvollsten Qualitäten der Warmlander, vielleicht ist es die Eigenschaft, die eure Schwächen am besten ausgleicht.«
    »Für all das Gerede über Feindseligkeit, das es in unseren Legenden gibt, scheinst du mir sehr freundlich«, sagte sie.
    »Es ist meine Pflicht, weichkörprige Frau«, erwiderte der Weber. Sein Blick richtete sich wieder auf Jon-Tom. »Erfreue mich, indem du mein Geschenk annimmst.«
    Jon-Tom nahm das Stück Seide entgegen. Er band es halstuchartig über sein Indigohemd. Es verfing sich nicht in der Schnalle seines Umhangs. Tatsächlich fühlte es sich nicht so an, als sei es überhaupt da. Er machte sich keine Gedanken darüber, wie es zwischen dem irisierenden grünen Umhang und dem hellvioletten

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