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Die Stunde des Wolfs

Die Stunde des Wolfs

Titel: Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Furst
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auf die Brücke. Der neue Anstrich war noch im Gange, ein Ende aber schon abzusehen. Die Crew, dachte er, hatte noch nie so hart gearbeitet. Bei der Besprechung in der Offiziersmesse hatten sie entschieden, ihnen nur zu sagen, dass Kurs Nord genommen wurde, mit geheimem Ziel, einer Zwischenlandung in Lissabon, ohne Landgang. War es die Vorstellung einer geheimen Mission, die sie inspirierte? Irgendetwas hatte sie beflügelt, so wie sich die ganze Mannschaft an den Gerüsten ins Zeug legte und zügig arbeitete. Und dieses eine Mal zumindest spielte das Wetter mit. Der Gedanke, dass ein Einsatz an ein paar Regengüssen vom Atlantik scheitern könnte, schien geradezu absurd, doch die Kriegsgeschichte belehrte eines besseren, und das war De Haan bewusst.
    Ratter kam mit einem Jutesack in der Hand und einem Glitzern im Auge den Niedergang hochgestürmt. »Willst du mal sehen, was ich in Tanger gekauft habe?«
    Er griff in den Sack und zog einen runden Blechkanister heraus, der in der Mitte mit der Hand beschriftet war. PALADE IM LAMPENLICHT, 1933. Stand darauf und dann, JAMS CAGGNI/JONE BLONDL .
    »Zehn Rollen«, sagte Ratter. »Vermutlich der ganze Film, oder da ist irgendwo noch ein anderer dabei.«
    »Wo hast du das her?«
    »Hehlermarkt.«
    Seltsame Dinge wanderten durch die Welt der Häfen, dachte De Haan, die ein merkwürdiges Eigenleben entwickeln. Stammte das hier aus einem Kino in Tanger? Oder von einem Passagierdampfer? Jedenfalls seltsam verschlungene Pfade, die auf der Noordendam endeten.
    »Ich dachte«, sagte Ratter, »wir könnten ihn vielleicht zur Belohnung vorführen, nach dem Anstrich.«
    »Ich kann ihn dir zurückzahlen, aus der Messekasse.«
    »Nein, nein, das ist mein Geschenk an das Schiff.«
    »Haben wir den Projektor noch?«
    »Mussten ein bisschen danach suchen, aber wir haben ihn in der Takellast gefunden.«
    »Klar, wo sonst? Und, funktioniert er noch?«
    »Kann nicht sagen, was passiert, wenn wir den Film einlegen, aber ich hab ihn eingeschaltet, und er lief. Im Lautsprecher hatten sich Ratten häuslich eingerichtet und die Kabel aufgefressen, aber Kovacz hat ihn wieder zusammengeflickt.«
    Der Projektor war schon auf der Noordendam gewesen, bevor De Haan sie als Kapitän übernahm, und niemand hatte eine Ahnung, wie er dorthin gekommen war. »Film um einundzwanzig hundert Uhr«, sagte er. »Der Bootsmann soll auf dem Vorderdeck eine Leinwand montieren.«
    Eine wunderbare Nacht für einen Film; ein großes weißes Tuch über den schwarzen Himmel gespannt, ein leichter Gegenwind, der an der Leinwand zerrte oder sie wie ein Segel bauschte, so dass James Cagney unter dem Gejohle des Publikums zuweilen anschwoll oder heftig zuckte. Nach zehn Minuten unvermeidlichem Herumgefuchtel lief der Projektor jedenfalls, wenn auch ein wenig zu schnell, so dass die Schauspieler etwas in Eile schienen. Der Ton aus dem neu verkabelten Lautsprecher dagegen ließ zu wünschen übrig, die Stimmen klangen dumpf, als kauten die Schauspieler Brot, und manchmal war die Musik verzerrt, klang überirdisch verfremdet – ›Parade im Rampenlicht‹, die übernatürliche Version.
    Das alles hatte nichts zu sagen. Offiziere und Besatzung saßen auf einem Lukendeckel und amüsierten sich prächtig. Manche verstanden kein Wort, doch auch das zählte nicht. Es war ein Busby-Berkeley-Film, es gab also viel zu sehen; scharenweise spärlich bekleidete Mädchen formierten sich schon bald im Badeanzug zu einem Wasserballett, das in einer großen Klimax endete – einer Fontäne aus eleganten und geschmeidigen Schwimmerinnen, die wie graziöse Vögel mit den Armen winkten.
    Ratter bediente den Projektor, und De Haan saß zu seinen Füßen. Als er über die Köpfe der sitzenden Crew hinwegschaute, wurde ihm bewusst, wie wenige sie waren, im Grunde eine Hand voll Männer auf dem weitläufigen Deck unter einem Ozeanhimmel. Der Film lief gerade ein paar Minuten, als Maria Bromen an Deck erschien, ein wenig zögerlich, im Zweifel, wo sie sitzen sollte. De Haan winkte sie heran und machte neben sich Platz. Offenbar hatte sie ihre Kleider gewaschen und zum Trocknen aufgehängt, denn jemand hatte eine Arbeitshose für sie gefunden und einen Pullover, wozu sie ein Kopftuch trug, das sie unter dem Kinn verknotet hatte. »Sehen Sie immer Filme?«, fragte sie.
    »Noch nie. Aber der Erste Offizier hat das hier in Tanger aufgestöbert.«
    Nach einer Weile sagte sie: »Das Englisch ist schwierig, für mich.«
    »James Cagney hat Ärger mit

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