Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
dachte sie. Der Junge, der ihr jetzt mit müden Augen und hängenden Schultern gegenübersaß, schien gar nichts gemein zu haben mit dem Aufschneider Nova, nichts mit dem lächerlichen Liebling der Magierin, nichts mit dem immer lauten, immer im Mittelpunkt stehenden Possenreißer, der so lange alles gewesen war, was sie in ihm gesehen hatte. Aber wer wusste schon, wann er sich wieder verwandelte. Was nützte es ihr, wenn sie ihm in einem Moment vertrauen konnte und im nächsten nicht?
Sie atmete tief durch, spürte den Stolz in sich, der laut protestierte … und besiegte ihn. Als sie die Arme senkte, fühlte es sich dennoch nicht an, als würde sie nachgeben. Sie sahen sich an und ihre Blicke schlossen Frieden. »Also«, sagte sie. »Unten servieren sie Cremetörtchen?«
Moia
I n dieser Nacht redeten Hel und Nova lange. Was die Magier gesagt hatten, aber vor allem das, was sie vermutlich noch verschwiegen, beschäftigte sie bis in die frühen Morgenstunden. Wer war die Rebellenanführerin der Isen, der man solche magischen Fähigkeiten zutraute? Woher wussten die Magier überhaupt von ihr? Und wer erwartete sie in Moia? Was geschah, wenn sie ihren Feind ausfindig machten? All das war unklar, und darüber zu sprechen, nahm eine große Last von Hel. Ihr war, als würden sie Stück für Stück das große Gewirr aus Angst und Unsicherheit durchbrechen, das sich um sie geschlossen hatte.
Dann fragte Nova nach dem Händler, der sie gerettet hatte. Hel fühlte einen Kloß im Hals. Sie wich ihm aus und begann, von etwas anderem zu erzählen. Obwohl Nova merken musste, dass sie etwas verbarg, hakte er nicht nach. Auch über Aricaa sprachen sie nicht mehr. Zwar waberte irgendwo in ihr eine dunkle Neugier, die nur zu gerne an der juckenden Stelle gekratzt hätte, aber Hel gab ihr nicht nach. Wahrscheinlich würde Nova früher oder später sowieso damit herausrücken, und jetzt wollte sie ihn lieber gernhaben, statt sich zu ärgern.
Spät nachts lagen sie im Bett und Nova sprach von Moia, der Landschaft, dem Hof und seiner Mutter … irgendwann wurden seine Worte schwer und Hel gab nur noch gelegentlich ein »Hm« von sich und sie dösten ein.
Kaum zwei Stunden waren vergangen, als sie erwachten, gleichzeitig, als hätten sie nur für einen Moment geschwiegen. Draußen wurde es hell, und sie beschlossen, ihre Sachen zu packen und zur Taube hinunterzugehen.
Da Hel genau genommen gar nichts mitzunehmen hatte außer Arus’ Weste, wartete sie auf der großen Wendeltreppe, während Nova in sein Zimmer lief. Zurück kam er mit einem Bündel und seinem Vater. Neremias Nord tapste blinzelnd neben ihm her wie ein aufgescheuchter Vogel, wirkte aber ansonsten aufbruchsbereit. Zumindest trug er den Degen am Gürtel, was immer ein gutes Zeichen war.
Zu dritt verließen sie den Turm. Nova hatte seinem Vater nicht verraten, was der wahre Grund ihrer Reise war, doch der Kapitän schien arglos. Als sie die Treppe hinabstiegen und die Anlegestelle in Sicht kam, fragte er Nova nur, ob er seinen guten Umhang und das Rasierwasser für ihn eingepackt hatte.
Die Taube lag verlassen in der Dunkelheit. Sie ließen die Leuchtkugeln an Deck angehen und bereiteten alles für ihren Aufbruch vor. Hel bestimmte die Windrichtung und errechnete die beste Flughöhe, während Kapitän Nord die Route festlegte und Nova die Rohre prüfte. Als Hel fertig war und an Deck trat, erblickte sie eine kleine Gestalt im Eingangsportal. Reglos harrte sie in den Schatten aus; dann glitt sie zur Seite, fort aus Hels Blickfeld, als hätte sie sie bemerkt.
Einen Augenblick später erschien die Besatzung. Nova hatte nur sechs Sturmjäger ausgewählt. Als sie an Bord kamen, fasste Kapitän Nord noch einmal den Anlass für ihre Reise zusammen, was natürlich nur das war, was Nova ihm erzählt hatte und die Sturmjäger schon wussten: »Der Zufall will es, dass ein hochrangiger Magier in Moia gebraucht wird und Nova die Gelegenheit bekommt, seine Mutter zu
besuchen. Wie lange wir bleiben werden, hängt von verschiedenen Dingen ab … spätestens sobald die Liga wieder im Einsatz ist, kehren wir zurück. Also, Freunde, auf zu neuen Abenteuern! Schafft die Verpflegung her!«
Hel und die Sturmjäger gingen zum Lagerraum, der in einem dunklen Gewölbe gleich hinter dem Portal lag. Die Magierschaft hatte bereits Fleischkeulen für die Trolle und Proviant für die Mannschaft bereitgestellt, und davon nicht zu wenig. Hel war gerade dabei, Wasserfässer in die Schiffskammer zu
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