Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
reinzuwaschen, indem sie ihrem Schicksal mannhaft entgegensahen.
Eine Abteilung Dragoner wurde von einem jungen Lieutenant mit blassem Gesicht herangeführt. Gabriela wusste, dass die Offiziere des Althanner-Regiments in der vergangenen Nacht ausgewürfelt hatten, wer bei der Exekution das Kommando führen musste, denn alle hatten Angst, dass sich die Kroaten rächen würden.
Die Dragoner hatten in zwei Reihen Aufstellung genommen. Es war totenstill. Scharf tönten die Kommandos des jungen Offiziers. Die Soldaten legten an.
»Feuer!« Gleich einem silbernen Blitz zuckte der Degen des Offiziers nieder. Krachend feuerten die Karabiner. Einen Herzschlag lang verschwanden die Soldaten in einer Wolke aus grauem Pulverrauch. Die Plünderer lagen hingestreckt auf der Wiese oder kauerten zusammengesunken auf den Stühlen. Der junge Lieutenant musste nun zu ihnen hinübergehen, um jenen, die nicht tödlich getroffen waren, den Gnadenstoß zu geben. Gabriela sah, wie ihm der Degen in der Hand zitterte.
Nádasdy löste sich aus der Gruppe der Stabsoffiziere und ritt dichter zu den Reihen der Kroatenregimenter. Der Rauch war davongetrieben. Es herrschte Stille. Zweimal hörte Gabriela einen kurzen Schrei, als der Dragonerlieutenant sein blutiges Handwerk tat.
»Wir alle wissen, dass wir nicht aus jenem Holze geschnitzt sind wie die Kürassiere der Kaiserin, die gewappnet in schimmerndem Stahl ins Herz der Schlacht reiten. Egal wie große Lücken das Feuer des Feindes in ihre Reihen reißt, sie halten die Linie und blicken voller Verachtung dem Tod entgegen. Sie halten sich für Ritter und wer bei ihnen Offizier sein will, muss von Adel sein. Auf uns aber blicken sie hinab!
Heute Morgen sehe ich euch, meine Kinder, zum ersten Male in Reih und Glied stehen. Ich weiß, dass ihr es nicht für mich tut und auch nicht, weil euch eure Offiziere mit Prügel gedroht haben. Ihr tut es, um euren Kameraden die letzte Ehre zu erweisen. Ich weiß, etliche von euch denken in diesem Augenblick darüber nach, ob sie mich nicht einfach niederschießen sollen. Nun, hier bin ich!«
Gabriela ließ ihre Rechte auf den Korb des Säbels sinken. Was zum Henker tat der General da? Wenn die Regimenter rebellierten, würde keiner der Offiziere lebend entkommen.
»Ihr seid die Hunde des Krieges und ihr habt eure Leinen zerrissen. Knurrend und mit gebleckten Zähnen steht ihr nun vor mir, eurem Herrn und Bruder. Ich kenne euch … Jedem Einzelnen von euch kann ich in die Seele schauen. Lasst euch wieder an die Leine nehmen, und ich verspreche euch, dass jeder von euch, solange ich euer General bin, einen vollen Wanst haben wird. Zerreißt mich, und man wird euch jagen wie herrenlose Hunde. Ihr werdet Hunger leiden, und noch bevor ein Jahr herum ist, wird auch der Letzte von euch in irgendeinem Straßengraben verreckt sein.
Seid meine Kettenhunde, und ich werde euch das tun lassen, wofür ihr geschaffen seid! Ich werde euch auf die Preußen hetzen, wenn ihre Schlachtreihen zerbrochen sind, und ihr werdet sie zu Tode jagen und ihr Feldlager plündern. Wenn Fritzens Armeen marschieren, werden wir in den Büschen neben den Straßen hocken und seinen Grenadieren blutige Löcher in ihre hohlen Schädel schießen, bis den Preußen bei jedem Schritt, den sie tun, die Angst im Nacken sitzt. Wir werden die Wagenzüge ausplündern, die ihnen Nachschub bringen sollen, und wenn sie nachts an ihren Feuern hocken und ihre Feinde verfluchen, dann werden sie euren Namen im Munde führen! Nicht die Helden der Schlacht, die strahlenden Kürassiere, sondern ihr werdet die Nachtmahre sein, die sie selbst noch in ihren Albträumen verfolgen. Ich weiß, dass euch das gefällt. Ihr, die ihr an der Grenze aufgewachsen seid, in der ständigen Angst, dass die Türken kommen und euch alles nehmen, oder dass über Nacht eine Bande Mordbrenner aus den Bergen herabsteigt. Ihr, die ihr jeden Tag und jede Nacht mit der Angst gelebt habt. Ich muss nur in eure Gesichter sehen. Ihr seid stolz, doch die Angst hat euch gezeichnet. Nun ist es an euch, Rache zu nehmen! Von nun an werdet ihr diejenigen sein, die Angst verbreiten! Die Angst und euer Name werden ein Wort sein: Kroaten! In der letzten Nacht habt ihr eurem schlechten Namen alle Ehre gemacht! Ich mache mir nichts vor. Jeder, wie ihr dort vor mir am Hang steht, hätte bei den Mordbrennern sein können. Dass ihr lebt, ist ein Zufall! Vielleicht werdet ihr auch fragen, warum eure Kameraden gerichtet wurden, wo sie doch taten, was
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