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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ausgeliefert. Wenn sie wenigstens wüsste, was diese Frau von ihr wollte! Würde man sie erpressen und sie zu einer Spionin in Diensten des Paschas machen wollen? Wenn hier in Wien ihre wahre Identität aufgedeckt wurde, so konnte man die Sache leicht zu einem großen Skandal ausweiten. Egal wie tapfer sie auch gekämpft haben mochte, vor den übrigen Staaten Europas wären die Waffen Österreichs lächerlich gemacht, wenn herauskam, dass ein Weib unerkannt unter dem Banner des Doppeladlers in die Schlacht gezogen war.
    Diese Demütigung würde sie niemals ertragen können. Lieber würde sie sich das Leben nehmen! Sie würde das Palais des Paschas besuchen, um herauszufinden, was die Verschleierte von ihr wollte. Wenn der Gesandte des Sultans oder Schnitter allerdings glaubten, dass sie ihr Leben höher als ihre Ehre schätzte, dann hatten sie sich geirrt!
    Die Wärter hatten Gregorius zu nachtschlafender Zeit aus seiner Kammer geholt. Irgendetwas schien in den Kasematten der Gefangenen geschehen zu sein. In aller Eile hatte er sich angekleidet und folgte den Soldaten nun tief ins Innere des Festungsbaus. Eisiger Wind pfiff über die Schanzen. Er dachte an die Kameraden, die zur Belagerung der Festung Schweidnitz abkommandiert waren. Sie mussten bei diesem Wetter in ihren Zelten ausharren! Er hatte Glück gehabt, dass er wegen seiner Verwundung zum Festungsdienst eingeteilt worden war.
    Schließlich erreichten sie die Wachkammer. Dort lag, auf einer Pritsche zusammengekrümmt und halb unter Decken verborgen, Janosch. Sein Gesicht war eine einzige blutige Masse.
    »Was ist geschehen?«, fuhr Gregorius in scharfem Ton den wachhabenden Unteroffizier an.
    »Eine Schlägerei, Herr Hauptmann! Der Mann ist bei den anderen Gefangenen nicht sehr beliebt. Er wurde in den letzten Wochen schon öfter verprügelt. Wir haben den Lärm in der Kasematte gehört und sind sofort eingeschritten. Wären wir nur um weniges später gekommen, hätten sie ihn gewiss totgeschlagen!«
    Missbilligend sah Gregorius zu Janosch. Wären die Wachen nur ein wenig später gekommen! Es wäre das Beste, wenn dieser Kerl unter die Erde kam. Aber man hatte ihn seiner Obhut anvertraut … Nach diesem Vorfall konnte er ihn nicht mehr in die Kasematten zurückbringen lassen. Das wäre Mord, und die Wachsoldaten wüssten das. Ein solches Risiko konnte er nicht eingehen! Vielleicht würde einer die Sache an den Stadtkommandanten melden.
    »An der Westschanze gibt es doch eine kleine, leerstehende Pulverkammer«, wandte sich Gregorius an den Wachhabenden.
    »Jawohl, Herr Hauptmann. Seit das neue Magazin fertig ist, wird die Kammer nur noch genutzt, um dort allerlei Plunder abzustellen.«
    »Sehr schön. Lasst sie freiräumen und den Boden mit Stroh ausstreuen. Der Gefangene soll nach dort überführt werden! Ich wünsche, dass er alleine eingesperrt wird. Niemand soll mit ihm sprechen!«
    »Allein?« Der Wachhabende sah ihn fragend an. »Der Kerl ist doch Zivilist. Warum stecken wir ihn nicht einfach ins Zuchthaus? Die Pulverkammer liegt tief unter der Erde. Dort kommt nie Licht hin. Was hat er verbrochen, dass man ihn so streng bestraft?«
    Gregorius bedachte den jungen Offizier mit einem eisigen Blick. »Für gewöhnlich kommentiere ich meine Befehle nicht! Dieser Mann ist ein Spion, der in preußischen Diensten stand. Er hat uns an den Feind verraten. Als wir ihn fassten, war er sofort bereit, erneut die Seiten zu wechseln. Ich weiß nicht, warum er noch nicht erschossen worden ist. In meinen Augen ist er der niedrigste Abschaum. Deshalb haben ihn die Österreicher wohl auch halb totgeprügelt. Der Festungskommandant glaubt offenbar, dass man eines Tages vielleicht noch ein paar wertvolle Informationen aus ihm herausholen kann. Deshalb bleibt er am Leben. Also lassen Sie ihn in die ausgediente Pulverkammer bringen und rufen Sie nach einem Feldscher. Reden Sie kein Wort mit dem Kerl! Er lügt, sobald er das Maul aufmacht! Schärfen Sie das auch Ihren Männern ein, die ihm künftig sein Essen bringen werden. Ich wünsche, dass dieser Verräter die Pulverkammer unter keinen Umständen verlässt! Wenn er versucht Ihr Herz zu erweichen, vergessen Sie niemals: Heimtücke und Lüge sind sein Geschäft.«
    »Jawohl, Herr Hauptmann!« Der junge Offizier salutierte zackig. Offenbar hatte er die Geschichte geglaubt.
    Gregorius ging auf seine Stube zurück. Am nächsten Tag würde er das Protokoll vernichten, das über das Verhör von Janosch angefertigt worden war.

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