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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Angreifer brauchte, um erfolgreich gegen die Befestigung vorzugehen.
    Erschrocken schob sie das Pergament in das Cachette zurück. War dies das Geheimnis ihres Onkels? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er ein Verräter war. Auf der anderen Seite war der Plan so detailliert, dass er nur von einem Festungsoffizier stammen konnte. Von ihrem Vater wusste Gabriela, dass der Onkel eine Zeit lang in Peterwardein gedient hatte.
    Wieder blickte sie zum Portrait der Frau im Schäferinnenkostüm. Der Plan war in ihrem Schminktisch verborgen gewesen. Mit Sicherheit hatte sie gewusst, wie er dort hingelangt war und wer ihn angefertigt hatte.
    Gabriela dachte an das eingefallene Gesicht des Generals. Das Fieber verbrannte ihn von innen heraus. Sie würde vergessen, was sie hier entdeckt hatte. Das Einzige, was sie wollte, war, ihren Onkel retten! Wenn er gesund war, fand sich vielleicht eine ganz einfache Erklärung für alles.
    Sie trat hinter den Schminktisch und hielt den Kerzenhalter etwas höher. Dort stand eine Kiste, die mit schweren Schlössern gesichert war. Sich ohne Schlüssel daran zu schaffen zu machen, war ganz offensichtlich aussichtslos. Über der Kiste hingen weitere Kleider. Sie hatte sich schon halb herumgedreht, um sich den Schminktisch noch einmal anzuschauen, als sie stutzte und zurückblickte. Hinter einem blassgelben Sommerkleid und einer weißen, mit Perlen bestickten Abendrobe hing dreimal die Schäferinnentracht, welche die Fremde auf dem Bild trug. Verblüfft trat Gabriela näher und betrachtete die Kostüme. Sie schienen unterschiedlich alt zu sein, so als wäre jedes Mal, wenn eines der Kleider zu sehr unter Staub und Motten gelitten hatte, ein neues angeschafft worden. Auf dem Boden befanden sich an dieser Stelle besonders viele Wachstropfen, ganz so als würde ihr Onkel oft vor den Schäferinnenkleidern stehen bleiben.
    Gabriela ging noch einmal zurück zum Spiegel und betrachtete das Portrait. Die Fremde war nicht sehr groß und von zierlicher Statur …
    Als von Bretton erwachte, war es fast völlig finster in seiner Kammer. Nur ein kleines Licht stand auf dem Tisch neben seinem Bett. Erschöpft streckte er die Hand nach seiner Bibel aus. Er hatte einen beängstigenden Traum gehabt. Der Erzengel Gabriel war gekommen und hatte ihn auf einen steilen Berg geführt. Von dort sah er drei Adler, die in der Luft unter ihm kämpften, und einen Löwen, der einen riesigen Hahn gerissen hatte. Dann führte eine lange Prozession einen mit schwarzen Tüchern verhüllten Sarg, der auf einer Geschützlafette lag, zum Gebeinfeld vor der Stadt. Sie kamen an einem Baum vorbei, an dem man Husaren in preußischen Uniformen gehenkt hatte. Als der Leichenzug passierte, öffneten sie ihre zerfallenen Schlünde und lachten. An dieser Stelle war von Bretton aufgewacht.
    Der Sturmwind rüttelte an seinem Fensterladen, als trüge er die Geister der Toten heran, die Einlass in seine Kammer begehrten. Einen Herzschlag lang glaubte er, das Kratzen von Knochenhänden zu hören. Seine Finger schlossen sich um die Bibel. Obwohl ein ganzer Berg von Decken über ihm aufgetürmt lag, war ihm plötzlich kalt. Wie Eiswasser perlte der Schweiß von seiner Stirn.
    Die Bibel entglitt seinen kraftlosen Fingern und stürzte zu Boden. Irgendwo tuschelten Stimmen. Er konnte nicht verstehen, was gesprochen wurde, doch er wusste, dass es um ihn ging. Er musste aus diesem verfluchten Bett heraus. Es war dazu bestimmt, ihm zur Gruft zu werden. Er sollte seine Felduniform anlegen und nach Olek rufen, damit er die Kutsche anspannte. Wenn ihm ein wenig frischer Wind um die Nase wehte, würde er wieder zu Kräften kommen. Hier in der Kammer roch es nur nach altem Schweiß und Tod. Er würde sterben, wenn …
    Stöhnend versuchte er sich aufzusetzen. Seine Arme zitterten, als er sich hochstemmte. Endlich saß er! Er würde nicht in einem Bett sterben! Er war Soldat! Von Bretton wollte nach Branko rufen, doch brachte er nur ein heiseres Röcheln hervor. Sein Hals brannte, als habe man ihm glühende Kohlen in den Schlund geschüttet.
    Wütend riss er sich die Schlafmütze vom Kopf. Affiger Unsinn! Nie hatte er so etwas getragen! Auch jetzt würde er nicht mit seinen alten Traditionen brechen. Auf dem rechten Ärmel seines Nachthemds war ein dunkler Blutfleck. Von Bretton erinnerte sich, wie Straben ihn zur Ader gelassen hatte. Ganz dunkel, ja fast schon schwarz, war das Blut gewesen, das über seine bleiche Haut geperlt war. Wir müssen die üblen

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