Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
schwerkranken Onkels stand.
    Der alte Arzt sah von Bretton an und schüttelte den Kopf. »Wie er es geschafft hat, aus dem Bett zu fallen. Und sehen Sie nur sein Gesicht an … Obwohl er ohnmächtig ist, scheint es eine Grimasse des Schreckens zu sein. Was für grässliche Alpbilder ihn in seinen Träumen wohl gequält haben? Ich hoffe sehr, dass sich das nicht wiederholt. Es könnte ihn das Leben kosten.«
    Straben griff nach seinem Dreispitz auf der Kleidertruhe vor dem Bett und nickte Gabriela zu. »Ich werde mich nun zur Ruhe legen. Wachen Sie diese Nacht an seinem Lager, gnädiges Fräulein?«
    »Ja, ich werde hierbleiben.« Gabrielas Stimme klang matt. Sie hatte einen Fehler gemacht. Sie hatte Angst, dass die Kunst des Arztes ihren Onkel nicht retten würde.
    »Wenn Sie meine Hilfe brauchen, schicken Sie den Jungen nach mir. Und sorgen Sie für die warmen Ziegelsteine … «

1 1. KAPITEL
    »Warum er vor dieser Frau wohl solche Angst hatte? Ich meine, wenn er sie wie eine Heilige verehrt, sollte man doch davon ausgehen, dass es sein Herz höher schlagen lässt, wenn er dieser vergötterten Person begegnet. Sein Speicher sieht doch aus wie ein großer Reliquienschrein … «
    »Hör auf! Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Gabriela lehnte sich gegen die Schanzmauer und blickte über den vereisten Fluss hinweg nach Norden. Es war ein kalter Winternachmittag, und die Luft war so klar, dass man bis zur Wallfahrtskirche auf dem Heiligenberg sehen konnte. Die Dörfer in der Ebene jenseits des Flusses waren fast vom Schnee verschluckt. Nur an den Kirchtürmen, die gleich schwarzen Fingern aus dem Weiß aufragten, konnte man erkennen, wo die verschiedenen Ortschaften lagen.
    Seit Wochen hatte Gabriela keinen Ausritt mehr gemacht. Es ziemte sich nicht für eine junge Dame, allein unterwegs zu sein. Und Caspar … Hinter den Weiden am anderen Flussufer sah sie das Beinfeld. Dort lag in einem leeren Sarg ihre Freiheit begraben. Mit einem Seufzer ging sie weiter. Der Wehrgang auf der Mauer war mit gemahlenem Kies bestreut, sodass die Füße festen Halt hatten. Für eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander, und das einzige Geräusch war das Knirschen ihrer Stiefel.
    »Wir sollten es dennoch nicht aufgeben«, murmelte Gregorius schließlich hinter dem dicken Schal, den er bis zur Nasenspitze hochgezogen hatte. »Wenn wir nichts unternehmen, wird dein Onkel auf jeden Fall sterben.«
    »Und wenn es wieder so endet wie beim letzten Mal?« Gabriela schüttelte unwillig den Kopf. »Ich habe ihn fast zu Tode erschreckt, als ich ihm helfen wollte. Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl ist? Es gab Tage, da hätte ich ihn am liebsten zum Teufel geschickt. Aber als ich ihn dann im Bett gesehen habe, das Gesicht vor Angst verzerrt, wie er mit zitternder Hand nach seinem Herzen griff und schließlich stürzte … Nein, das will ich nicht noch einmal erleben. Wenn es Gottes Wille ist, ihn zu sich zu nehmen, dann können wir ohnehin nichts ausrichten.«
    »Du hast wohl zu lange mit dem Jesuitenabt gesprochen«, spottete der Feuerwerker.
    »Vielleicht hat er sogar recht?«
    »Recht? Womit? Was hat dir dieser Rabe denn geflüstert? Ich weiß nur eins, wenn dieser Straben deinen Onkel immer wieder zur Ader lässt, wird er seine Krankheit ganz gewiss nicht überleben.«
    »Der Abt hat mich vor dem Umgang mit dir gewarnt. Er glaubt, du seiest gottlos. Ein Atheist oder vielleicht sogar ein Satansjünger, geschickt, um die wahren Gläubigen in ihrem Vertrauen zu Gott zu erschüttern.«
    Gregorius schnaubte verächtlich. »Natürlich! Es ist auch Teufelswerk, wenn ich eine Menschenmenge, die nach Tausenden zählt, mit einem Feuerwerk für eine Stunde in sprachloses Erstaunen versetze, denn Wunder dieser Art dürfen nur Gott oder seine Diener vollbringen. Ich kenne dieses Gerede! Du hast also beschlossen, tatenlos zuzusehen, wie dein Onkel unter den Händen Strabens langsam stirbt!«
    Gabriela fuhr wütend herum. »Du glaubst wohl, du hast die Weisheit mit Löffeln gefressen. Ich habe auf dich gehört. Du hast mich verkleidet und mir geholfen, mein Haar zu färben, sodass ich fast wie Juliette ausgesehen habe. Und was hat es gebracht? Mein Onkel ist vor Schreck fast krepiert! Warum sollte ich also noch einmal auf deinen Rat hören? Ich habe meinen Pakt mit dir erfüllt und dir alles erzählt, was du über mich, Caspar und meinen Onkel wissen wolltest. Du hast mir dafür beigebracht, wie ich mich so kostümieren kann, dass

Weitere Kostenlose Bücher