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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Zwischendecke vorbei. Im schwachen Licht der Laterne sah sie, dass hier Hunderte von Feuerwerkskörpern lagerten. Stechender Gestank von Schwefel und Salpeter lag in der Luft. So musste es auf dem Weg in die Hölle riechen.
    Auch die nächste Kammer war mit allerlei hölzernen Gerüsten zugebaut. Gregorius stellte seine Laterne auf den Boden. »Hier sind wir nun auf Höhe des Wasserspiegels. Dies ist mein Reich.« Er wies auf etwas, das aussah wie ein Fischernetz und zwischen zwei Balken aufgehängt war. »Mein Bett!«
    Gabrielas Blick fiel auf einen Stapel Bücher, der neben der merkwürdigen Bettstatt aufgetürmt lag. »Was liest denn ein Gottesleugner so?«
    Der Feuerwerker grinste breit und nahm das oberste der Bücher vom Stapel. »Natürlich nur das tugendhafteste! Dies hier zum Beispiel ist ein gar treffliches Werk von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen. Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, die Lebensgeschichte eines Soldaten und Tunichtguts. Zum dritten Mal schon lese ich dieses Buch, und es hat nichts von seinem Reiz verloren.«
    Gabriela musterte den abgegriffenen Ledereinband mit seiner verblichenen Goldprägung. »Glaubst du, du könntest es mir leihen? Nur für morgen? Mir scheint diese Lektüre wäre genau das Richtige für einen Tag, an dem ich lediglich als Schmuck meines Onkels dienen soll und dabei am besten nicht den Mund aufmache.«
    »Wenn du wirklich anfängst, darin zu lesen, dann wirst du es mir nicht schon nach einem Tag zurückgeben. Du darfst es mitnehmen, aber du musst mir versprechen, dass ich es zurückbekomme, noch bevor ich die Stadt verlassen werde. Es ist eine besonders schöne, illustrierte Ausgabe, die ich einmal als zusätzlichen Lohn für ein kleines Feuerwerk bekommen habe.« Gregorius nahm das Buch zur Hand, schlug es auf und nahm einen Zettel heraus, der völlig mit Zahlen bedeckt war.
    Gabriela verdrehte ein wenig den Kopf, um das merkwürdige Blatt besser sehen zu können. »Was ist das denn?«
    »Zahlenkolonnen zur Berechnung der Flugbahnen von Feuerwerkskörpern«, entgegnete der Magister kurz angebunden. »Wir sollten uns nun lieber dem Problem der passenden Maske für den morgigen Tag widmen.«
    Sie nickte und trat ein Stück zur Seite, während Gregorius den Zettel in einem kleinen, eisenbeschlagenen Kasten verschwinden ließ. Auf dem Deckel zeigten Intarsien aus Perlmutt einen Löwen und ein Einhorn, die einander gegenüberstanden.
    Gabriela spürte etwas wie groben Sand unter ihren Fußsohlen. Sie schluckte. Es war Schießpulver!
    »Zunächst werden wir uns deiner Frisur widmen. Deine Haare hängen dir wie grobe Wolle vom Kopf. Damit siehst du nicht gerade aufregend aus. Das werden wir jetzt ändern und … «
    Gabriela blickte zu dem kleinen Häufchen Pulver auf dem Boden. Nur wenige Spann weiter stand die Laterne. Sie wünschte sich, sie hätte diese riesige, schwimmende Pulverkammer niemals betreten!

1 3. KAPITEL
    »Mademoiselle, mon Général , es ist uns eine Ehre und ein Vergnügen, Sie auf unserem bescheidenen Landsitz zu empfangen.« Der Baron selbst hatte den Schlag ihres Wagens geöffnet und verbeugte sich formvollendet. Wenzel Leopold, Baron zu Gewitsch, war ein Mann mittleren Alters mit leichter Tendenz zur Dickleibigkeit. Diesen Mangel versuchte er durch besondere Sorgfalt bei der Wahl seiner Kleidung zu verschleiern. So war sein Gehrock nach neuester französischer Mode aus feinstem Goldbrokat gefertigt, darunter trug er eine gelbe Weste und ein Hemd aus dünnem, fast durchscheinendem Leinen. Seine Hosen waren leuchtend rot und wurden ergänzt von weißen Seidenstrümpfen. Auf den Schuhen glänzten protzig große, polierte Goldschnallen. Von Bretton mochte es nicht, wenn Männer sich wie Gecken kleideten, doch da er mit dem Baron sein Auskommen haben musste, behielt er seine Meinung für sich.
    Als von Gewitsch sich wieder aufrichtete, pendelte der lange Zopf seiner Perücke wie der Schwanz eines aufgeregten jungen Hundes. Die Augen des Barons standen sehr dicht zusammen und waren von mächtigen, schwarzen Brauen überschattet, was seinem Gesicht einen leicht cholerischen Zug verlieh. Obwohl er gewiss am Morgen sehr gründlich rasiert worden war, lag bereits wieder ein schwarzblauer Schleier auf seinen Wangen und um sein Kinn.
    Wenzel Leopold griff nach Gabrielas Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Dabei wallte eine Wolke seines Parfüms bis ins Wageninnere. Er hatte so viel Duftwasser aufgetragen, dass es jeden anderen Geruch in

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