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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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erstaunlich anzusehen war, und die Gaffer überlegten, wie er überhaupt auf das Tier gekommen war. Der zweite Herr war vielleicht noch reicher gekleidet als der erste und hatte etwas merkwürdig Durchscheinendes. Sein Gesicht war weiß gepudert, doch die sonderbar grüne Gesichtsfarbe schimmerte noch durch. Aber sein Hals, der ungepudert war, schien zu verschwinden, als wäre er aus Rauch. Die dicke Kette lag darum, als schwebte sie in der Luft. Der Makel wurde jedoch durch die üppige Pelzverbrämung der schweren Samtschaube wettgemacht, und bei einem Herrn von so offenkundigem Reichtum und solcher Vornehmheit konnte man das wohl kaum einen Makel nennen.
    Am allerseltsamsten waren möglicherweise die beiden schwarzen Maultiere, die sich unter ihrem hübsch gearbeiteten Lederzaumzeug dahinmühten. Hätte jemand sie näher gemustert, er hätte gemerkt, daß ihre Nüstern etwas Feuer spien, was sie aber fast hinter ihrem dampfenden Atem verbargen. In Wirklichkeit waren sie zwei Unterteufel aus der Hölle, die Belphagor beschworen hatte, als sich herausstellte, daß die Engländer und ihre Diener, die scharenweise zu dem prächtigen Turnier angereist waren, alle Reittiere, abgesehen von der gescheckten Stute, aufgekauft hatten.
    Der durchsichtige Herr verrenkte sich den unsichtbaren Hals nach den Sehenswürdigkeiten, und seine Nase, die die Größe und Form einer mittleren Gurke hatte, sog den fauligen Geruch der Straßen ein, als handelte es sich um Parfüm. »Hmm. Hier hat es sich seit meinem letzten Besuch gewaltig verändert. Nur die verdammte Kathedrale ist noch immer da und hockt wie eine Kröte im Mittelpunkt. Ach, dazumal – da ist ja Les Tournelles… man hat angebaut. Crouch, Ihr habt recht gehabt. Ich war viel zu lange in der Kiste. Nie wieder. Ah! Freiheit und schöne Kleider. Gibt es etwas Schöneres?« Sinnend blickte er Crouch an. Wie lange brauchte er seinen Rat noch? Ich habe ihn fast ausgesaugt, dachte Belphagor. Danach schaffe ich ihn mir vom Hals.
    »Macht, Lord Belphagor«, sagte der listige Crouch, der genau wußte, wie man Zeichen von Erschöpfung bei Hirnen zu deuten hatte, die es mit seinem nicht aufnehmen konnten. »Ich zeige Euch, wie man sie erlangt.«
    »Ich weiß schon, wie. Mit dem Geld, das Ihr für mich holt, kaufe ich mir Sklaven. Denn so läuft das doch wohl auf der Erde.«
    »Natürlich, Euer Ungnaden. Für Geld kann man alles kaufen. Habt Ihr nicht bemerkt, wie ich den Schneider und den Kapitän gekauft habe?«
    »Aber keine Maultiere.«
    »Weil es keine gab. Im allgemeinen jedoch gibt es nichts, was man nicht mit Geld kaufen könnte. Menschen übrigens auch. Jeder Mensch hat seinen Preis.«
    »Was stimmt dann nicht an meinem Plan, Crouch?«
    »Lord Belphagor, Ihr dürft immer nur einen zur gleichen Zeit kaufen. Wenn Ihr gelernt habt, wie man Macht häuft, könnt Ihr Tausende mit einer Handbewegung zerstören. Warum altmodische Methoden anwenden? Menschen zu kaufen geht schneller, als ihnen etwas einzuflüstern, und wer die Macht hat, kann mehr als nur eine Seele zur gleichen Zeit kaufen. Wenn Ihr es richtig anstellt, gehen sich alle gegenseitig an die Kehle und ersparen Euch das lästige Herumflitzen. Und Ihr könnt Euch bequem zurücklehnen und sie ernten, wenn sie reif sind.«
    »Oh, hervorragend, hervorragend. Ich wußte gar nicht, daß man Macht über Menschen erlangen kann. Bei uns in der anderen Welt ist alles noch, wie es seit Anbeginn der Zeit gewesen ist. Aber Menschen scheinen mir in vieler Hinsicht anders.«
    Crouch freute sich über Belphagors Worte. Es war fast, als hielte ihn der alte Dämon für einen Bruder. Seine Wachsamkeit läßt nach, dachte Crouch. »Vertraut auf mich, Euer Ungnaden. Mir liegt nur Euer Interesse am Herzen. Mit meiner Hilfe könnt Ihr die höchste Macht erlangen.«
    Belphagor musterte Crouchs ausdrucksloses blasses Gesicht mit argwöhnischem Blick. Die grünen Augen funkelten vor Bosheit und Ehrgeiz. »Euch vertrauen, Crouch, nicht doch. Ihr seid eine verdammte Seele. Und noch dazu eine der schlimmsten Sorte, selbst gemessen an der Hölle. Ich bin nämlich nicht dumm.«
    »Lord Belphagor, ich habe Achtung vor einem Kopf, der sich so fein gesponnene Ränke ausdenken kann. Gleich und gleich gesellt sich gern. Vertraut mir, weil ich Euch achte. Außerdem braucht Ihr mich, so wie ich Euch brauche. Warum wollt Ihr mir da nicht vertrauen? Aha, da sind wir ja. Der Pont au Change. Gleich haben wir genügend französisches Geld zur Durchführung Eurer

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