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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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an ein Kleid genestelt war, in dem wiederum Füße und Schuhe und obendrein ein grimmiges Gesicht mit starren, weit aufgerissenen Augen steckten. Die Vermieterin, und sie war mausetot.
    »Blut«, sagte ich ganz entsetzt, und ich spürte, wie es mir eiskalt über den Rücken lief.
    »Fürwahr, das ist in der Tat Blut«, sagte eine Stimme aus dem Schatten. »Wie merkwürdig.« Ich konnte schweres Schnaufen hören, jemand japste nach Luft, und da wußte ich, wer mit mir im Zimmer war. Ich sah Stiefel, ich sah einen schweren Umhang, und ich sah ein weißes, aufgedunsenes, zerfurchtes Gesicht, so stand er im Dunkeln beim Kamin, doch der war leer, und überall lag Asche. Im Zimmer war ein stetiges Tropfen zu hören. Meine Blasen mit Öl waren aufgeschlitzt, meine Farben waren überall verstreut, und die Pinsel, die ich selbst angefertigt hatte, lagen zertrampelt auf dem Fußboden zwischen Öl und Terpentin und Farbpulvern. Gliedmaßen aus Gips waren zerborsten, so als hätte ein großes Gemetzel stattgefunden. Meine Schatzkiste war umgestülpt, meine Bücher lagen aufgeschlagen auf dem Fußboden neben herausgefallener Wäsche und Nans halbfertigem Strickzeug. Im Zwielicht am Fenster hing noch der Weidenkäfig mit den Vögeln, doch sie schwiegen und hatten sich zu kleinen Federbällen zusammengekuschelt.
    »Alles zerstört«, sagte ich, und Tränen brannten mir in den Augen. »Ihr habt alles zerstört.« Auf einmal wußte ich, daß ich laufen mußte. Blitzschnell drehte ich mich um, doch die Tür wurde mir von einem furchterregenden Wesen in maurischer Tracht verstellt, das jeden beliebigen Menschen um Haupteslänge überragte. Es spie Flammen aus den Nasenlöchern. Ich drehte mich um, und da winkte Crouch, und das Wesen schloß die Tür und verriegelte sie fest.
    »Noch nicht alles«, sagte Septimus Crouch. »Ihr geht und redet noch. Ihr solltet mir lieber sagen, wo Ihr es versteckt habt, solange Ihr noch die Kraft dazu habt.«
    »Wehe, Ihr faßt mich an«, sagte ich.
    »Ach, damit gebe ich mich nicht ab. Seht Ihr die Unterteufel da? Ich bin ein Meister der Schwarzen Magie, und sie unterstehen jetzt meinem Befehl. Sie haben mich hierhergetragen, ehe der Steuermann dieses Haus finden konnte. Und jetzt, schlage ich vor, übergebt Ihr mir das Buch mit dem Geheimnis.«
    »Ich weiß nicht, welches Buch Ihr meint. Das da drüben sind meine Bücher, und in die habt Ihr Flecken gemacht. Wie konntet Ihr nur? Einfach mein Feiellbraun ausschütten. Wißt Ihr eigentlich, was pulverisierter Lapislazuli kostet? Und seht nur, mein Tafelbild von der Königin in Abbeville – das habt Ihr zerkratzt und zerstört. Ihr seid das gräßlichste Ungeheuer auf der ganzen weiten Welt!« Unwillkürlich mußte ich weinen, und das sollte man in so gefährlichen Augenblicken nun wirklich nicht tun, aber zuweilen wissen meine Augen einfach nicht, wann sie nicht überfließen dürfen.
    »Aber selbstverständlich bin ich ein Ungeheuer«, sagte er, und seine Stimme troff honigsüß. »Und jetzt«, er hörte auf zu japsen und kam näher, »jetzt beweise ich Euch, daß es Schlimmeres gibt als verschüttete Farbe.« Hinter ihm erblickte ich einen weiteren furchterregenden Unterteufel mit Flammenatem. Crouch klatschte in die Hände und sagte: »Los ihr beiden, packt die Frau da!« Sie rührten sich nicht. Er setzte eine hochfahrende Miene auf und sagte noch einmal: »Packt-i die Frau-i bei den Arm-i, ihr Halunk-i. Reißt sie ihr langsam aus.« Ich sah die gräßlichen Geschöpfe, die mich überragten, und das Herz wollte mir vor Angst schier stehenbleiben. Sie hatten eine gräßliche Aura des Bösen und der Gefahr. Langsam kamen sie näher.
    Irgendwo aus ihrem Bauch drang ein ganz seltsames Geknurr und Gegrummel, so daß mir eiskalt vor Entsetzen wurde. Die Unterteufel blieben stehen und blickten Crouch mit roten Augen vorwurfsvoll an. Das Blut stockte mir in den Adern, und die Haare standen mir zu Berge. »Heda, heda!« rief Crouch. »Ihr verfluchten Biester-i, tut, was ich euch sage, schnell-o, schnell-o. Wer ist hier der Herr?«
    Ich könnte schwören, ich hätte ein Wort in dem Gequietsche und Geknurre verstanden. Es hörte sich an wie »Belphagor«. Danach ging alles wild durcheinander, ich sah, wie die beiden großen Wesen Schritt für Schritt auf Crouch zugingen, und aus ihren Nasenlöchern schossen noch längere Flammen und aus ihren Ohren auch, und dann wurden sie irgendwie formlos und verschwommen, und Crouch hörte auf, Befehle zu brüllen, sondern

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