Die Suche nach dem Wind
euch jetzt los. Redet, aber keiner wirft sich auf Aeneas, klar?«
Der konnte auf die besorgten Fragen hin gerade noch erklären, es sähe schlimmer aus, als es wäre, sie bräuchten sich keine Gedanken zu machen, als auch schon alle durcheinanderredeten: von Wölfen, geisterhaften Gestalten, fast so etwas wie Untoten, süßen, kleinen Kindern und Dynamitstangen.
Aeneas erfuhr, dass Gerrit tatsächlich mehrere Stunden ohne Essen auskommen konnte, weil er seine Wegzehrung verschenkt hatte, und dass die Kinder keinen Wind kannten und keine Schokolade. Anna musste dringend nach Hause, weil sie kein Deodorant mehr besaß, und Holly hatte sogar ihren Lieblingspulli verschenkt. Ihre Waffen hatten sie zwar gemopst aber auch benötigt und nie im Leben hätten sie die Sprengung verursacht, aber die Babys waren einfach zu süß, und man müsste sie unbedingt befreien. Es ging bunt durcheinander, und Wölfe und Seelenräuber fanden genauso Erwähnung wie öder Massentourismus und Bergwanderungen.
Lennart mischte tüchtig mit und erzählte von seiner Zeit als Blindenhund und wie Aeneas um die hundert Mal gefragt hatte, wie es aussähe um sie herum.
Der selbst hatte Mühe, dem allgemeinen Durcheinander zu folgen, und schwieg. Unterbrochen wurden die Erzählungen nur hin und wieder vom erleichterten Gelächter der Jugendlichen.
Erma schüttelte verwundert und belustigt zugleich den Kopf. Immer wieder zupfte einer an Aeneas herum, um seine besondere Aufmerksamkeit zu erhaschen, und selbst Lennart wirkte wieder wie ein Jugendlicher und nicht wie der überlegene Erwachsene der letzten Tage. Zwei Rhan warteten mit offenem Mund neben dem Eingang, und der geächtete Ringlord stand da, steif als hätte er einen Stock verschluckt.
Von Gandar starrte in stummem Entsetzen auf die grölende Schar und konnte es nicht fassen. Sein eigener Sohn hatte ihn nach einer halben Ewigkeit wiedergesehen und kaum zwei Sätze mit ihm gewechselt. Nun stand er in einer Gruppe offensichtlich verrückter Jugendlicher und erzählte seinem Ringlord aufgeregt, dass ein Junge noch keine Zähne hätte und trotzdem Wind kennen lernen müsste, weil schließlich beides für die Entwicklung wichtig wäre.
Statt die Jugendlichen auf ihre Plätze zu verweisen, saß der da und sah mal verwirrt mal verständnisvoll drein.
Er musste sich viermal räuspern, bis zumindest Aeneas seinen Versuch, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, zur Kenntnis nahm. Der legte einen Finger auf den Mund und blinzelte seine Schützlinge an. Einer nach dem anderen verstummte und sah sich fragend nach dem Gastgeber um.
Der machte einen äußerst verkniffenen Eindruck. »Trotz der Wiedersehensfreude sollten wir die Formen wahren! Ich würde mich gern mit eurem Ringlord unterhalten, und ihr solltet daher schweigen«, erklärte der kühl.
Die Jugendlichen sahen ungläubig von ihm zu Aeneas.
»Setzt euch schon hin!«, bat der zwinkernd. »Ihr könnt mir später alles ausführlicher erzählen. Nur eins jetzt! Was war das mit den Babys und Kindern, die weder Schokolade noch Wind kennen?«
Adrian stieß Erik an und der berichtete nach einem schüchternen Seitenblick auf seinen Vater knapp und nüchtern von ihrer Begegnung mit den Kuttenmännern und den Kindern.
»Meine Güte!«, stieß Aeneas aus, kaum dass Erik schwieg.
»Ja, das ist eine traurige Geschichte«, stimmte von Gandar zu. »Überall gibt es hier diese Höhlenmenschen. Sie sind ausgesprochen misstrauisch und mischen sich unter die Seelenlosen, wenn sie sich im Freien aufhalten. Wir könnten es kaum schaffen, alle in der uns verbleibenden Frist zu finden und von Rantaris zu schaffen. Ich weiß nämlich nicht einmal annähernd, wie viele von ihnen es überhaupt gibt.«
Während die Jugendlichen ratlos von einem zum anderen blickten, bemerkte sein Kollege. »Das ändert einiges.«
»So ist es! Wir können sie kaum einfach ihrem Schicksal überlassen und werden uns daher wohl oder übel Karon und seinen Kreaturen stellen müssen.«
»Karon? Ist das der Schlangenmann?«, warf Adrian interessiert ein.
»Ich unterhalte mich mit deinem Ringlord, junger Mann. Es ziemt sich nicht, uns zu unterbrechen.« Von Gandar wandte sich nach einem strengen Blick auf den Störenfried wieder Aeneas zu. »Es ist natürlich unglücklich, so plötzlich vor neue Tatsachen gestellt zu werden, aber daran lässt sich nichts mehr ändern. Ist meine Annahme richtig, dass keiner Ihrer Begleiter weiß, was es mit Karon auf sich hat?«
Der wusste genau,
Weitere Kostenlose Bücher