Die Suche nach dem Wind
und er brauchte etliche Minuten, um überhaupt nur ruhig atmen zu können. Erst dann sah er sich um. Überall lagen tote Wölfe, vereinzelt auch Späher. Er klammerte sich an die Hoffnung, dass seine Schützlinge sich irgendwo verborgen hatten. Mühsam schob er sich an der Wand hoch, bis er saß. Schon allein dieser Anstrengung war er kaum noch gewachsen und sah sofort wieder Sterne. Mit zitternden Händen wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht. Seine Glieder fühlten sich an wie flüssiges Blei, und in seinem schmerzenden Kopf setzte sich nur ein Gedanke fest: Dämonen waren unbesiegbar.
Blieb nur die Hoffnung, dass es ihnen irgendwie gelingen würde, Rantaris zu verlassen. Aber darum musste man sich später kümmern. Eigentlich wollte er nur noch schlafen, doch auch das würde warten müssen. Zunächst galt es, seine Schützlinge zu finden. Nur mit Mühe riss er sich aus seiner Lethargie.
»War gar nicht so schlimm, oder?«, fragte er seinen Begleiter.
Er erhielt keine Antwort und beugte sich hinüber. »Erik?« Er klopfte ihm leicht ins Gesicht. Es war eiskalt.
Aeneas vergaß seine Erschöpfung augenblicklich. Mit klopfendem Herzen untersuchte er ihn genauer. Im Oberarm steckte eine winzige Silbernadel. Ein Ruck und sie war draußen. Erik regte sich nicht, stöhnte nur auf. Der Ringlord legte seine Hand auf die Wunde. Sie verströmte eine eisige Kälte und ließ sich nicht schließen.
Der Junge begann, zu zittern, öffnete die trüben Augen und stöhnte: »Mir ist so kalt, so entsetzlich kalt.« Die Augen fielen wieder zu.
Der Ringlord konzentrierte sich erneut aufs Heilen. Nichts geschah!
»Oh, nein, bitte nicht!«, flüsterte er. Eriks Körper bebte.
Aeneas sah sich hektisch um. Er brauchte dringend Decken zum Wärmen. Hier liegen lassen konnte er den Jungen nicht. Er hatte schließlich keine Ahnung, wer sich im Palast noch so herumtrieb. Also nahm er den Jungen auf den Arm, holte tief Luft und machte sich leicht schwankend auf die Suche. Seine Erschöpfung ließ ihn die Wände wie Gummi sehen, das sich ständig verbog. Kaum traf er die Türöffnungen. Aber seiner Umgebung galten seine Gedanken auch nicht, er nahm sie kaum wahr. Was tat man gegen Dämonenwunden? Er hatte keine Ahnung, wusste nicht einmal, ob Erik überhaupt noch lebte. Schlaff hing der in seinen Armen.
Aeneas fröstelte es nun ebenfalls. »Bitte nicht!«, bat er erneut und stolperte in einen langen Gang hinein.
»Lennart!«, brüllte er mit krächzender Stimme.
»Hier sind wir«, erklang es vielfach und munter hinter der dritten Tür. Nur Sekunden später sprang sie magisch geöffnet auf. Der Ringlord taumelte hinein und warf nur einen kurzen Blick in die Runde, der ihn davon überzeugte, dass alle wohlauf schienen.
Adrian lachte erleichtert. »Na endlich, wir dachten ...«
Er verstummte, weil Aeneas ihn unsanft zur Seite schubste, um Erik auf den Boden zu legen. Mit fliegenden Händen tastete er nach dem Puls. »Schnell! Etwas zum Wärmen, Jacken oder Decken!«
Holly fiel schon neben ihm auf die Knie und schluckte schwer. Gerrit und Anna rafften umgehend einige Umhänge zusammen und guckten verwirrt von einem zum anderen.
»Was ist mit ihm?«, fragte Lennart voller Sorge.
»Ein Dämon hat ihn verwundet. Ich kann ihn nicht heilen. Er ist eiskalt. Der Puls ist schwach, kaum noch tastbar.« Der Ringlord nahm einen weiteren Umhang und wickelte Erik darin ein. Verzweifelt sah er hoch. »Wir verlieren ihn, wenn wir nicht bald etwas tun. Ich hab nur keine Ahnung, was.«
Die darauf folgende Stille war fast greifbar.
»Es muss etwas geben. Bitte, Aeneas, denk nach!«, bat Holly mit tränenerstickter Stimme. »Bitte, bitte!«
»Ich schick ihn zu Großmutter. Wenn jemand ihm helfen kann, dann sie.« Einige Sekunden verstrichen. »Verdammt, ich komm nicht durch, ich muss raus.«
Lennart hielt ihn sofort fest, als er sich erheben wollte. »Bist du verrückt? Hör mal!«
Das Kreischen des Dämons hatte sich vervielfacht. »Das schaffst du nie. Ihr kommt nicht mal heil aus der Tür.«
»Ich kann seinen Puls gar nicht mehr fühlen«, kreischte Anna hysterisch. »Unternehmt endlich was!«
Holly kniete leichenblass neben Erik, hielt seine Hand, bewegte stumm die Lippen und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Aeneas befreite sich unsanft aus Lennarts Griff und beugte sich wieder über den Verwundeten, der völlig reglos da lag. Die Haut war schneeweiß und die Lippen hatten bereits einen bläulichen Schimmer.
»Es nutzt nichts. Wir
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