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Die Suche nach der Sonne

Die Suche nach der Sonne

Titel: Die Suche nach der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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zu erkennen waren, obwohl sie sich in großer Höhe befanden. Gewaltige Zylinder, die mehrere hundert Kilometer Länge erreichten, schienen Teil eines Verarbeitungssystems zu sein, dessen Maßstab das menschliche Begriffsvermögen überstieg. Die ganze Merkur-Schale war eine gigantische und fürchterliche Maschine.
    Es gab auch Städte, und einige davon waren von beachtlicher Größe, aber trotzdem schienen sie nicht mehr als isolierte Stammesdörfer in einem riesigen, alles verschlingenden Technik-Dschungel zu sein. Ancor versuchte sich vorzustellen, wie das Leben in einer Umwelt aussah, die völlig von Transformatoren von der Größe einer Stadt und nuklearen Umwandlungsanlagen von der Größe eines Landes bestimmt wurde. Hier waren die Menschen nicht mehr als winzige Mikroben. Dieses Bild machte ihm klar, wie Zeus dachte. Eine Million zu opfern, um eine Trillion am Leben zu erhalten, war im Gesamtrahmen gesehen eine vernünftige Handlungsweise. Selbst die schlimmsten menschlichen Tragödien verblaßten völlig angesichts der Aufgabe, ein ganzes Universum am Laufen zu halten.
    Sieben Stunden später wies das Verstummen des regelmäßigen Signals der Shellback darauf hin, daß Cherry den Computer endlich nach eingegangenen Funksprüchen abgefragt hatte. Dann kam seine Stimme durch, zwar schwach, aber dennoch klar.
    »Maq? Sine? Wir hielten euch für tot. Wir haben so lange nichts mehr von euch gehört.«
    »Zeus hat uns mit einem Speichen-Shuttle hierhertransportiert, deshalb konnten wir nicht früher Kontakt aufnehmen. Wir sind jetzt in einem automatischen Schiff mit Kurs auf weiß der Himmel wohin. Hat Zeus schon die Antwort auf die Erste Direktive gegeben?«
    Die Antwort kam sechs Minuten später.
    »Nein. Ich gebe deine Aufforderung täglich durch, aber wir bekommen immer nur die Antwort, daß alle Implikationen untersucht werden.«
    »Verflucht! Wir können es nicht wagen, die Shellback wegzubewegen, solange wir keine zustimmende Antwort haben. Und so, wie es hier aussieht, kommen wir ohne die Shellback nicht von der Merkur-Schale weg. Laßt es mich sofort wissen, wenn sich irgend etwas tut.«
    Ancor beendete das Gespräch, ließ aber das Mikrophon eingeschaltet. Er begann von neuem, die Landschaft unter ihnen zu mustern. Er hatte keinen Scherz gemacht, als er sagte, daß die Shellback ihre einzige Hoffnung war, von der Merkur-Schale wegzukommen. Nach dem Gemetzel am Speichen-Terminal war es äußerst unwahrscheinlich, daß sie diesen Weg ein zweites Mal nehmen konnten, und obwohl ihr gegenwärtiges Schiff exosphärentauglich war, bezweifelte er, daß es auch raumflugtauglich war.
    Nach zwei weiteren Tagen wuchsen am Horizont langsam die ihnen bereits vertrauten Umrisse eines weiteren Käfigwelt-›Vulkans‹. Der Kurs des Schiffes machte es unmißverständlich, daß dies ihr Ziel war. Das Schiff befand sich bereits in den oberen Schichten der Exosphäre und mußte Höhe verlieren, um in den Zwischenraum einzufliegen. Es entging Ancor nicht, daß ihre Flugbahn einem sonderbaren Muster folgte, das sie unter den Kraterrand brachte, ohne daß sie nur eine Andeutung jener Turbulenzen spürten, die die Shellback durchgeschüttelt hatten. Das Schiff schlug im Zwischenraum einen hohen Kurs ein und flog die ganze Zeit über den Proto-Sonnen der Käfigwelt. Dabei reduzierte es zwar seine Geschwindigkeit, flog aber immer noch deutlich schneller, als sie es bei ihren Erkundungsflügen mit der Shellback getan hatten.
    Die Oberfläche der Käfigwelt fesselte Ancor. Sie besaß fast keine Atmosphäre, war öde und unbewohnt, knorrig und verrunzelt. Willkürlich verstreute Gipfel und Bodenfalten zeigten, daß man sich hier nicht am Terraforming versucht hatte. Es schien, als ob man die Käfigwelt lediglich als praktischen ›Stöpsel‹ in den Zwischenraum eingefügt hatte. Er konnte sich die Käfigwelt als einen alten, natürlichen Trabanten von Planetengröße vorstellen, den man, um die Konstruktion der Schale zu vervollständigen, von irgendwo hertransportiert und hier abgesetzt hatte. Ihm fiel kein stichhaltiger Grund ein, warum man diese Welt mit Proto-Sonnen ausgestattet hatte. Hatte Zeus die wahnwitzige Hoffnung, sie eines Tages mit irgendeiner Mutantenrasse zu besiedeln?
    Nach sechs Stunden schnellen Fluges durch den Zwischenraum signalisierte das veränderte Antriebsgeräusch die bevorstehende Landung. Ancor musterte die Landschaft sorgfältig, konnte aber keinen besonderen Grund erkennen, warum sie gerade an dieser

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