Die Suche nach der Sonne
massigen Kopf. Sie wußten beide, daß sie sterben würden.
Ein Menschenjäger hielt vor der Kiste an, seine Rezeptoren drehten sich langsam. Als ob sie sich bewußt wäre, daß sie gleich einen Gnadenstoß ausführen würde, richtete die Maschine sorgfältig ihre Ketten aus, schwang den Geschützturm herum und feuerte. Ancor, den die schnelle Folge von Explosionen in allernächster Nähe betäubt hatte, konnte nicht glauben, daß er noch am Leben war. Er stand auf, erwartete allerdings, dabei auseinanderzufallen, und fragte sich, warum er überhaupt keinen Schmerz fühlte. Dann dämmerte ihm die Wahrheit. Die Flut der Erleichterung war derart intensiv, daß sie eine Qual war. Der Menschenjäger feuerte immer noch, ebenso wie seine Genossen, aber es waren die Wachen, die dezimiert wurden. Nur wenige von ihnen bekamen überhaupt die Gelegenheit, das Feuer zu erwidern.
Schließlich kehrte Stille ein. Die übriggebliebenen Wachen hatten sich klugerweise zurückgezogen, und selbst die vereinzelten Schüsse vom gegenüberliegenden Ende des Terminals waren verstummt. Ancor schüttelte angesichts des Ausmaßes der Verwüstung den Kopf; schließlich kam er zum Vorschein und half der zitternden Sine hinter der Kiste hervor. Beide Enden des Ganges waren mit Körpern übersät, und das einzige, was sich noch bewegte, waren die unablässig umherstreifenden Todesmaschinen, die sie gerettet hatten. Es war eine grauenhafte Szene, die durch die unheilige Allianz zwischen Mensch und Maschine noch unwirklicher erschien.
»Ich frage mich, was wir jetzt tun sollen?« fragte Maq. »Ich hoffe bei Gott, daß uns niemand zu einer Zugabe zwingt.«
Vier der Menschenjäger formierten sich zu einer Gruppe und hielten neben ihnen an. Ancor faßte sie als Eskorte auf, er stellte sich zögernd zwischen sie und rief Sine herbei. Ein starker Kordit-Geruch begleitete sie, als sie zusammen mit ihren sonderbaren Anstandsdamen in den Terminal zurückkehrten und die Eingangshalle durchquerten. Die Menschenjäger bemühten sich, die Körper der Gefallenen zu umfahren, aber überrollten sie auch, wenn das nicht möglich war. Obwohl mit Sicherheit einige der Wachen außerhalb des Gebäudekomplexes verblieben waren, zeigte sich nicht einer von ihnen. Nicht einmal Scharfschützen schossen aus der Entfernung. Der Terminal war vollkommen verlassen, das lauteste Geräusch war das Brummen der Motoren der Menschenjäger.
Das Areal hinter dem Terminal lag im Dunkeln, der sonderbare Zug aus Menschen und Maschinen bewegte sich die langen Rampen hinunter und bog schließlich in ein Landefeld ein. Eine Zeitlang zogen sie zwischen den nur teilweise erkennbaren Umrissen von Fluggeräten dahin, und Ancor begann Vermutungen darüber anzustellen, was Zeus für den letzten Teil ihrer Reise vorbereitet haben mochte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. In einer Ecke des Feldes stand ein einzelnes Schiff, und man konnte selbst in der Dunkelheit seine Exosphärentauglichkeit erkennen. Die Menschenjäger hielten davor an und warteten. Ancor öffnete die Luke. Er suchte nach dem Lichtschalter und betätigte ihn, dann ging er wieder hinaus, um Sine zu holen. Die todbringenden Maschinen waren verschwunden. Selbst wenn er die Absicht gehabt hätte, ihnen zu danken, oder auch nur gewußt hätte wie, war die Gelegenheit verstrichen. Er hatte allerdings das Gefühl, daß sie in der Dunkelheit immer noch Wache hielten.
Sine sah müde und blaß aus. Ancor gab ihr ein Beruhigungsmittel aus dem Medi-Streifen an seinem Gürtel, brachte sie in eine Koje und riet ihr, sich auszuruhen. Er selbst war zwar körperlich erschöpft, aber immer noch aufgebraucht von der Heftigkeit des Gefechts. Um seine Nerven zu beruhigen, untersuchte er das Innere des Schiffes. Es stellte sich heraus, daß es ungewöhnlich große Lebensmittelvorräte mit sich führte und gänzlich automatisch gesteuert wurde. Er fragte sich, was für eine Verwendung Zeus für ein solches Fahrzeug haben mochte. Und auch einige der Gegenstände, die er entdeckte, waren mehr als rätselhaft. Schließlich ließ er sich mit der Absicht, die Instrumente einer Schalttafel zu untersuchen, auf eine gepolsterte Couch fallen. Eine Welle der Müdigkeit überkam ihn, und trotz anderslautender Vorsätze schlief er rasch ein.
Kapitel 27
Die plötzliche Zündung der Schiffstriebwerke weckte ihn. Draußen war es noch dunkel, und er sah für einen kurzen Augenblick überall auf dem Landefeld Ansammlungen von Lichtern.
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