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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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selbst - in die Kehle, bitter wie der Duft der chinesischen Blumen.
    »Er war ein Prachtkerl«, murmelte Stephan plötzlich noch einmal, leise und erstickt. Er schob seinen Stuhl zurück und stürzte von seinem losen Ärmel umflattert aus dem Zimmer. Fast wäre er in seiner Hast über den Hund gestolpert.

    Gustav stieß ein überraschtes Geräusch aus und sprang auf. Sein Schwanz wedelte langsam, während er zögerte, unsicher, ob er seinem Herrn folgen sollte.
    »Hier«, sagte Grey, der die Verwirrung des Hundes sah. Seine Stimme war belegt, und er räusperte sich, wiederholte: »Hier, Gustav«, und hielt dem Hund ein Stückchen Wurst hin. »Das magst du bestimmt. Du siehst schließlich selbst wie eine Wurst aus, weißt du«, sagte er und bedauerte diesen Affront augenblicklich.
    »Entschuldigung«, murmelte er, doch Gustav fühlte sich nicht beleidigt und nahm den Leckerbissen anmutig entgegen. Sein Schwanz wedelte hin und her, hin und her.
    Grey beobachtete die Pendelbewegungen einen Moment lang, dann schloss er die Augen, weil ihm schwindelig wurde. Er sollte Wilhelm rufen. Er sollte zu Bett gehen. Er sollte … der Gedanke schwebte unvollendet davon. Er legte die verschränkten Arme vor sich auf den Tisch und ließ den Kopf daraufsinken.
    Er war ziemlich betrunken und nahm seinen Körper nur halb wahr. Gleichzeitig jedoch brannten seine Augen, und seine Glieder schmerzten, als ob er eine Krankheit ausbrütete. Er wünschte sich dumpf, er könnte Erleichterung finden, indem er weinte, doch obwohl er so viel getrunken hatte, war sein Körper wie ausgedörrt, sein Hals trocken und verklebt, und er hatte das obskure Gefühl, diese Erleichterung nicht zu verdienen.
    Ein sanftes Gewicht lehnte sich an sein Bein, und der Atem des Hundes wärmte ihm die Wade. Er streckte eine Hand nach unten aus und streichelte den seidigen Kopf, wieder und wieder, roch den kräftigen Moschusgeruch des Tiers, und seine Handbewegung drängte seine Gedanken zurück, bis der Brandy und die Erschöpfung diese Aufgabe übernahmen und er sich entspannte. Dumpf spürte er das Holz der Tischplatte unter seiner Wange, und dann hörte er die Eule wieder, die im Dunklen rief.
    Als Tom Byrd ihn fand, war er fest eingeschlafen. Gustav,
der Dachshund, lag neben ihm auf dem Boden und hatte ihm die lange Nase wachsam auf den Stiefel gelegt.
     
    Der Wildhüter versicherte ihnen, dass sich der Dachsbau nicht mehr als eine Meile vom Jagdhaus entfernt befand, daher gingen sie zu Fuß durch den Wald und genossen den milden Abend. So kurz vor dem Mittsommer stand die Sonne auch nach neun Uhr noch am Himmel und tauchte ihre Dachsjagd in ein gedämpftes, glühendes Licht, das Grey das Gefühl gab, sich eher auf der Suche nach Elfen oder Feen zu befinden als nach einem kampflustigen Tierchen.
    Im Lauf des Tages war zwischen ihm und von Namtzen kein einziges Wort gefallen, aber das Bewusstsein, dass es noch einiges zu sagen gab, hing zwischen ihnen in der Luft. Doch der Wildhüter und sein Sohn gingen neben ihnen her, um Gustav zu beaufsichtigen, der behäbig dahertrottete und seine lange Nase in die duftende Abendluft hielt, und so drehten sich ihre Gespräche nur um belanglose Kleinigkeiten.
    Er hatte keine Ahnung gehabt, was ihn auf einer Dachsjagd erwartete. Der Wildhüter hatte den Dachsbau, der in einen Hang eingegraben war, teilweise freigelegt, sodass der Eingang eines dunklen Tunnels zu sehen war. Gustav begann, vor Erregung zu beben, als sich nun der Wind drehte und einen so deutlichen, durchdringenden Geruch mitbrachte, dass ihn selbst Greys schwache Nase wahrnahm.
    Dem Hund standen auf dem ganzen Rücken die Haare zu Berge, und er begann, zunächst hingebungsvoll zu knurren und dann zu bellen, als wollte er den Dachs herausfordern. Falls jedoch ein Dachs zu Hause war, zeigte er sich nicht, und auf von Namtzens Signal ließ der Wildhüter den Hund los, der auf den Tunneleingang zuschoss, wo er einen Moment verweilte und wie verrückt buddelte, dass ihm die Erde nur so um die Pfoten flog. Dann wand er seine breiten Schultern in die Erde und verschwand mit steif aufgerichteter Rute.
    Aus dem Loch drangen Kratz- und Fauchgeräusche, und Grey wurde von einer alptraumhaften Vorstellung heimgesucht,
als er sich ausmalte, wie es sein musste, sich in die Dunkelheit zu begeben und vom Erdboden verschluckt zu werden, obwohl man wusste, dass dort irgendwo unsichtbare Zähne und ungebremste Wut lauerten.
    Er sprach von Namtzen darauf an, doch dieser

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