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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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wälzen, als sich die Haut eines
Frauenzimmers zum Polster zu wünschen. Nicht wahr, Sie verstehen,
was ich meine? Man ist wie ein Vieh eine kleine Weile, juckt sich
das Fell und entlaust sich. Das beruhigt. Wenn ich mich kratze,
bilde ich mir ein, Gottes Hund zu sein, und darum sag' ich, das
ganze Paradies guckt zum Fenster 'raus und lacht über mich …
Sie dürfen auch lachen, Herr Pfarrer. Für die Heiligen und für Sie
tue ich's. Da, ein Purzelbaum für den heiligen Joseph, einer für
den heiligen Johannes, einen für St.
Michael, für St. Markus und einen für St. Matthias … «
    Und er fuhr fort, Purzelbäume zu schlagen, rings um das ganze
Zimmer, und einen ganzen Kranz von Heiligen herzusagen. Der Abbé
Mouret, der, auf den Tisch gestützt, sein Schweigen nicht aufgab,
mußte schließlich lächeln. Für gewöhnlich beunruhigten ihn die
Heiterkeitsanfälle des Bruders. Als dieser gerade der Teusin in
erreichbare Nähe kam, gab sie ihm einen Fußtritt.
    »Na, spielen wir endlich?« sagte sie.
    Bruder Archangias knurrte als Antwort. Auf allen Vieren kroch er
der Teusin nach, er war der Wolf. Bei ihr angekommen, steckte er
den Kopf unter ihre Röcke und biß sie ins rechte Knie.
    »Wollen Sie das wohl lassen!« schrie sie auf. »Was fallen denn
Ihnen jetzt für Schweinereien ein?«
    »Mir?« prustete der Bruder, so erheitert von dieser Vorstellung,
daß er eine zeitlang liegenblieb, ohne sich erheben zu können.
»Schau, es würgt mich, nur weil ich von deinem Knie gekostet habe.
Zu salzig ist es, dein Knie… Ich beiße die Frauen und dann speie
ich sie aus, sieh so.«
    Er duzte sie und spuckte ihr auf die Röcke. Als es ihm endlich
gelang, sich aufzuraffen, schnaufte er eine Weile und rieb sich die
Seiten. Vereinzelte Lachstöße erschütterten noch seinen Bauch, wie
ein Wasserschlauch, den man leert, sah es aus.
    »Wir wollen spielen … Wenn ich lache, so geht das mich an.
Sie geht der Grund gar nichts an, Teusin.«
    Und der Kampf entbrannte mit fürchterlicher Hitze. Der Bruder
schlug die Karten klatschend auf den Tisch. Rief er »Schlacht!«, zitterten die Scheiben. Die
Teusin gewann. Sie hatte drei Asse und lauerte mit glänzenden Augen
auf das vierte. Bruder Archangias gab sich unterschiedlichen
Scherzhaftigkeiten hin. Er hob den Tisch, auf die Gefahr hin, die
Lampe umzuwerfen, mogelte unverschämt und entschuldigte sich mit
argen Schwindeleien, aus Witz, wie er dann hinterher erklärte.
Plötzlich stimmte er die Vespergesänge an und sang mit der vollen
Stimme des Vorsängers am Pult. Er hörte nicht mehr auf mit dem
gräßlichen Gegröl, und um jeden Versbeginn zu unterstreichen,
schlug er seine Karten in die flache linke Hand. Wenn seine
Heiterkeit ihren Höhepunkt erreichte und ihm nichts mehr einfiel,
wodurch er sie bekunden konnte, so sang er die Vespergesänge
stundenlang. Die Teusin kannte dies und schrie in das Geblök
herein, von dem das Eßzimmer widerhallte:
    »Es ist nicht zum Aushalten! Schweigen Sie doch… Heute abend
treiben Sie's zu toll!«
    Da stimmte er sein Bußlied an. Der Abbé Mouret hatte sich ans
Fenster gesetzt. Er schien nicht das geringste wahrzunehmen von den
Vorgängen in seiner Umgebung. Bei der Mahlzeit hatte er wie
gewöhnlich gegessen; es war ihm sogar gelungen, Desideratas endlose
Fragen zu beantworten. Jetzt war er zu Ende mit seiner Kraft und
ließ sich gehen. Zerschlagen und vernichtet fühlte er sich, und der
entsetzliche Kampf in seinem Innern riß ihn hin und her. Er brachte
es nicht einmal mehr fertig, aufzustehen und in sein Zimmer
hinaufzugehen. Auch mußte er befürchten, wendete er sein Gesicht
der Lampe zu, daß seine unaufhaltsam fließenden Tränen bemerkt
würden. Er lehnte die Stirne an die Scheiben und sah hinaus
in die Nacht. Nach und nach dämmerte er
ein, schreckhafte Betäubung umfing ihn.
    Bruder Archangias, immer noch psalmodierend, zwinkerte mit den
Augen und deutete mit einer Kopfbewegung auf den versunkenen
Priester.
    »Was denn?« fragte die Teusin.
    Der Bruder wiederholte seine Gebärde mit größerem Nachdruck.
    »Verrenken Sie sich nur den Hals!« sagte die Magd. »Sprechen Sie
doch, dann kann ich Sie verstehen… Halt, ein König. Desto bester,
dann nehme ich Ihre Dame.«
    Er legte seine Karten einen Augenblick nieder, beugte sich über
den Tisch und blies ihr ins Gesicht:
    »Das Frauenzimmer war da!«
    »Ich weiß,« erwiderte sie, »ich habe sie gesehen, als sie mit
dem Fräulein über den Hof ging.«
    Er warf ihr einen

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