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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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machen wir denn da?« Nawrod tat, als ob er angestrengt überlegen würde. Dann sagte er mit ernster Miene und äußerstem Respekt: »Verehrte Frau Graf, ich bin mir sicher, dass Sie uns helfen können. Es wäre überaus wichtig, wissen Sie. Bestimmt liegt es in Ihrer Kompetenz, uns sofort mit dem Bereitschaftsstaatsanwalt bekannt zu machen.«
    »Darf ich fragen, um was es geht?«
    »Es geht um Leben und Tod«, antwortete Nawrod. »Und Sie, liebe Frau Graf, könnten heute das Leben eines Menschen retten!«
    »Ich?«, entgegnete die Geschäftszimmerdame verwundert.
    »Ja, Sie und keine andere!«, antwortete Nawrod charmant und fügte hinzu: »Wenn Sie die Güte hätten …«
    »Natürlich, Herr Nawrod. Oberstaatsanwalt Steinmann hat heute Bereitschaft. Ich führe Sie zu ihm.«
    Eine Minute später saßen Nawrod und Yalcin vor Steinmann. Der Anklagevertreter war ein großer, imposanter Mann mit vollen grauen Haaren, die er lässig im Stil der sechziger Jahre trug. Sein sonnengebräuntes Gesicht verriet, dass er auch noch etwas anderes kannte, als Anklageschriften zu verfassen und in muffigen Gerichtssälen Plädoyers zu halten. Er machte auf Nawrod sofort einen sympathischen Eindruck. Ein alter Hase, dachte Nawrod. Dem kann ich nichts vormachen.
    »Sie müssen entschuldigen«, begann Nawrod, nachdem er sich und Yalcin vorgestellt hatte, »wir wollten eigentlich zu Herrn Staatsanwalt Brügge, aber der ist außer Haus.«
    »Waren Sie angemeldet?«, fragte Steinmann und runzelte die Stirn.
    »Eigentlich schon«, antwortete Yalcin. »Unser Soko-Leiter müsste uns avisiert haben. Die Sache eilt sehr, deshalb konnten wir das nicht selbst tun. Wir haben uns sofort auf den Weg gemacht.«
    »Kollege Brügge hatte es auch eilig.« Steinmann schüttelte den Kopf und lächelte vielsagend. »Dann schießen Sie mal los, was haben Sie auf dem Herzen?«
    Nawrod schilderte den Fall in knappen Sätzen, wobei ihn Steinmann gelegentlich unterbrach und ihn darauf aufmerksam machte, dass er einige Fakten bereits aus den Medien und aus Unterhaltungen im Kollegenkreis kannte. Nawrod schloss mit den Worten: »Sicher können wir mit den Durchsuchungen und Festnahmen von Haider und Pfaff der Schlange nicht den Kopf abhacken, aber wir können sie empfindlich treffen. Und eines ist sicher, wenn sie Radecke getötet haben, werden sie sich den Nächsten schnappen. Sie werden so lange weitermachen, bis sie ihre Forderungen durchgesetzt und ihr Ziel erreicht haben.«
    »Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach dieser Philipp Otte?«, fragte Steinmann.
    »Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder war er das erste Opfer oder er ist Mittäter. Sein Verschwinden könnte für beides sprechen. Spätestens morgen liegt das Ergebnis der DNA -Untersuchung vor. Dann wissen wir mehr.«
    »Kollege Brügge könnte morgen …«
    »Mit Verlaub, Herr Staatsanwalt Brügge in allen Ehren«, unterbrach Nawrod, »wenn wir bis morgen warten, könnte das für Radecke den Tod bedeuten. Wir wissen nicht, was die Täter mit ihm vorhaben. Sollte der Privatsekretär des Papstes der Forderung nicht bald nachkommen, und davon gehe ich aus, werden sie den Druck weiter erhöhen. Dann werden sie nicht zögern, uns Radeckes Kopf zu schicken.«
    »Okay, in einer Stunde haben Sie die Haft- und Durchsuchungsbefehle«, sagte Steinmann. »Ich werde dafür sorgen, dass sie Ihnen per Fax zugestellt werden. Bereiten Sie inzwischen alles vor.« Steinmann erhob sich und gab den beiden die Hand. »Viel Glück!«
    Sie bedankten sich. Als Nawrod die Türklinke herunterdrückte, rief Steinmann hinterher: »Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, was auf dem Spiel steht. Wenn die Sache in die Hosen geht, wird uns das sehr bitter aufstoßen.«
    »Alles oder nichts«, antworte Nawrod über die Schulter hinweg, während Yalcin sich umdrehte und siegessicher den Daumen hob.
    »Deshalb hast du also Wegner gebeten, uns bei Brügge anzumelden. Du wusstest, dass dieser Angsthase das Weite sucht.« Yalcin schnalzte anerkennend mit der Zunge.
    »Ich wusste es nicht, aber ich habe es gehofft. Brügge ist nun mal kein Mann für solche Fälle. Was liegt da näher, als sein Glück bei einem anderen zu versuchen?«
    »Könnten wir dann nicht immer Steinmann einschalten, wenn wir einen Beschluss brauchen?«
    »Nein, das geht leider nicht. Die Ressorts bei der Staatsanwaltschaft sind nach Deliktarten und Buchstaben unterteilt. Für Körperverletzungsdelikte und Kapitalverbrechen ist nun mal Brügge zuständig. Ich nehme

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