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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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jedes unnötige Geräusch würde jetzt stören. Nach endlos langer Zeit stieß Yalcin erleichtert hervor: »Na endlich!« Auf dem Monitor waren zwölf Buttons zu sehen, mit deren Hilfe man sich die jeweilige Sprache aussuchen konnte. Nachdem sie auf German geklickt hatte, erschien auf dem Bildschirm in großen Buchstaben: Schwarzbuch der katholischen Kirche – streng geheim. Yalcin scrollte und klickte mal hier, mal dort, aber dermaßen schnell, dass es Nawrod beim Zusehen fast schwindelig wurde. Kaum hatte er ein paar Buchstaben oder Wörter erfasst, waren sie auch schon wieder weg.
    »Jürgen, das musst du mir unbedingt noch beibringen«, sagte sie anerkennend.
    »Dir etwas beibringen? Du führst mir gerade vor, wie unglaublich weit ich hinter dem Mond zu Hause bin, und ich soll dir noch etwas beibringen?«
    Yalcin lachte. »Alter, oh sorry, ich meine Jürgen, hey, du hast einen gigantischen Riecher und mal wieder voll ins Schwarze getroffen. Kannst du mir mal bei Gelegenheit sagen, wie du das immer machst?«
    »Wenn du mir beibringst, wie man mit diesen Dingern in Lichtgeschwindigkeit umgeht«, Nawrod zeigte auf den Rechner, »und man dabei ebenso schnell erfassen kann, welche Informationen wichtig sind und welche nicht.«
    Yalcin hämmerte weiter in die Tasten. »Das macht die Übung.«
    »Jetzt halt doch mal inne und sag mir endlich, was Sache ist!«
    Yalcins zierliche Finger erstarrten. Sie grinste Nawrod an. Der Bildschirm stand endlich still. Sie hob die Hände etwas an und machte ein paar gymnastische Übungen mit den Fingern. Dann legte sie beide Hände an den Hinterkopf. »Dieses ominöse Schwarzbuch der katholischen Kirche beinhaltet tatsächlich Verfehlungen ihrer Priester, Bischöfe, Kardinäle und anderer hoher Würdenträger. Die elektronische Speicherung ist zwar nicht vollständig und sicher bei Weitem nicht so umfangreich wie die schon ab dem Jahr 423 nach Christus begonnenen handgeschriebenen Originalakten, die in einem klimatisierten Kellergewölbe unter dem Petersdom lagern. Aber sie ist dennoch so informativ, dass es reicht, weitere Schlüsse daraus zu ziehen.«
    »Und die wären?«
    »Hättest du mich eben nicht unterbrochen, könnte ich dir darauf vielleicht schon eine präzise Antwort geben.«
    »Oh sorry! Dann will ich dich nicht weiter stören.« Nawrod gab der Kollegin einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Yalcins Finger nahmen wieder ihre Arbeit auf. Ein Suchfeld tauchte auf. Sie gab den Namen Radecke ein. Es öffnete sich eine Datei, auf der die Biografie des Genannten in Stichworten gespeichert war. Augenblicke später sah Nawrod auf dem Bildschirm das, wonach sie suchten. Der Name Gottwald Radecke war Bestandteil einer Liste von Teilnehmern des 49. Collegium Borromaeum, die allesamt beschuldigt wurden, sich nach ihrer Priesterweihe vor über 20   Jahren zusammengeschlossen zu haben, um sich in gemeinsamen Aktionen an jungen Ministranten zu vergehen. Philipp Otte und Johannes Holzmann standen natürlich ebenfalls auf der Liste. Nawrod verschlug es die Sprache. »Unglaublich, das gesamte Seminar«, stieß er nach einigen Sekunden fassungslos hervor.
    »Wie ist es möglich, dass die alle dichtgehalten haben?« Yalcin schüttelte verwundert den Kopf.
    »Sie hatten sich vermutlich abgeschottet und genügend Sicherheiten in ihr Netzwerk eingebaut.«
    »Und dennoch kam es ans Licht.«
    »Das stimmt nicht ganz. Ganz im Gegenteil! Nichts kam ans Licht. Es wurde alles unter einer dunklen Decke gehalten. Ich bin ganz sicher, dass keiner dieser Dreckschweine je verurteilt wurde.«
    »Können wir das nachprüfen?«
    »Wenn nicht in diesem Schwarzbuch, dann steht es nirgendwo. Polizeiliche Akten sind längst schon vernichtet. Die Löschungsfristen für solche Fälle betragen höchstens 15   Jahre. In unseren oder anderen staatlichen Archiven werden wir also mit Sicherheit nichts mehr finden.«
    »Mist! Das ist ja nicht zu fassen! Na, dann werden wir mal sehen, was wir aus der Kiste herausholen können.«
    Eine halbe Stunde später hielt Nawrod ein dickes Bündel von Ausdrucken in der Hand. Sie enthielten Informationen über die beteiligten Personen und ihre Vergehen. Weiter ging daraus hervor, dass einige der Priester vor dem damaligen Erzbischof ausgepackt und so ihren Hals gerettet hatten. Einer von ihnen war Johannes Holzmann, aus dessen Biografie entnommen werden konnte, dass er fortan nicht mehr von der Seite des Bischofs wich und sehr bald sein Privatsekretär wurde.
    Nawrod

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