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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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rückte Nawrod mit seiner Idee heraus.
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    Er saß fast ununterbrochen vor dem Bildschirm und verfolgte gespannt die Nachrichten und Sondersendungen. Außerdem lagen die meisten Tageszeitungen auf dem großen Wohnzimmertisch. Manchmal fluchte er verärgert vor sich hin, ein anderes Mal rieb er sich schadenfroh die Hände. Doch der ganz große Erfolg blieb aus. Johannes Holzmann schien nicht gewillt zu sein, vor laufender Kamera ein Geständnis abzulegen. Wie sein Mentor, der Papst, hüllte sich dessen Privatsekretär einfach in Schweigen. Auch der Pressesprecher des Vatikans gab keinerlei Statements ab. Alles, was die Nachrichtensender und ihre Korrespondenten verkündeten, waren Mutmaßungen und Prognosen. Ganze Herden von Übertragungswagen aller namhaften TV -Anstalten waren innerhalb kürzester Zeit in Rom eingefallen. Undichte Kanäle im Vatikan gab es wohl mehr als genug. Das war immer wieder deutlich herauszuhören. Wollte es Holzmann darauf ankommen lassen und das Leben der Geisel opfern? Der Pontifex selbst schien zu schwach zu sein, um eine Entscheidung zu treffen.
    Es gab nur eine Lösung: Er musste den Druck erhöhen. Radecke hatte es verdient. Um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen – er war ja jetzt alleine – narkotisierte er ihn, indem er seinem Essen eine genau errechnete Dosis Etorphin beimischte. Die Amputation verlief ohne Probleme.
    Nicht so einfach war der Versand des Paketes. Aber auch das gelang ihm wieder, ohne dass irgendein Postbeamter Verdacht schöpfte. Abermals war es eine alte Frau, die das kleine Päckchen aufgab. Das hatte sich bisher als sicherste Lösung bewährt. Das einzige Risiko hatte darin bestanden, dass dem Postbeamten auf der Paketkarte das Polizeipräsidium Heidelberg als Adressat aufgefallen wäre. Doch dieses Risiko schloss er aus, indem er das Päckchen nur an Jürgen Nawrod, Römerstraße 2 in Heidelberg adressierte und die Bezeichnung Polizeipräsidium wegließ. Außerdem wählte er dieses Mal nicht Heidelberg, sondern Mannheim als Aufgabeort. Dort würde kein Schalterbeamter wissen, dass die Römerstraße 2 in Heidelberg die Adresse des Polizeipräsidiums war. Er war sich absolut sicher, dass die grausige Botschaft seinen Empfänger erreichen würde. Und zwar gleich morgen, denn sie würde als Expressgut aufgegeben werden.
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    Wegner fasste sich an die linke Brust. Schon seit Tagen spürte er immer wieder ein Ziehen in der Herzgegend. Sobald der Fall gelöst wäre und die Täter hinter Schloss und Riegel säßen, würde er einen Kardiologen aufsuchen. Aber jetzt hatte er dazu keine Zeit. Die Last der Verantwortung drückte Tag und Nacht auf seine Schultern. Er musste unzählige Maßnahmen koordinieren und ständig abwägen, welche Hinweise und Spuren vordringlich zu bearbeiten waren. Mehrmals erschien Lehmann in seinem Büro, um sich persönlich nach Neuigkeiten zu erkundigen. Doch ein Durchbruch war nicht in Sicht.
    Wegner erhielt von Kriminalkommissar Schuster aus Berlin einen Anruf. Der Kollege teilte mit, dass sich aufgrund der Plakataktion und der Veröffentlichung eines Bildes von Radecke in den Berliner Zeitungen sowie in den regionalen TV -Sendern mehrere Zeugen gemeldet hätten, die Radecke kurz vor seinem Verschwinden gesehen haben wollten. Wie in solchen Fällen üblich, bewertete Schuster die Hinweise mit einer gewissen Vorsicht, denn wollte man allen Zeugen Glauben schenken, hätte Radecke ein Geist sein müssen, um gleichzeitig an mehreren Stellen Berlins auftauchen zu können.
    Nach dem Telefonat mit Schuster rief Wegner sofort im Bundesinnenministerium an. Die Nummer hatte ihm der Minister persönlich gegeben. Es dauerte keine zehn Minuten, bis der Berliner Polizeipräsident die Weisung erhielt, Schuster fünf Kriminalbeamte zur Seite zu stellen, um das Hinweisaufkommen so schnell wie möglich aufzuarbeiten.
    Kommissar Kunze, der auf den Diebstahl des Etorphin im Frankfurter Zoo gestoßen war, setzte alles daran, den verdächtigen Tierpfleger ausfindig zu machen. Doch Markus Schaller war wie vom Erdboden verschluckt. In dem Hochhaus, in dem er laut seines Arbeitgebers wohnte, konnten die unmittelbaren Nachbarn keine brauchbaren Hinweise auf seinen Aufenthaltsort geben. Schallers Briefkasten war bis oben hin voll mit Werbesendungen und belanglosen Briefen.
    Seine Eltern wohnten auf dem Land in der Nähe von Mannheim. Sie beschrieben ihren Sohn als äußerst schwierig. Angeblich hatten sie schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm. Im Alter von

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