Die Sünde
können.«
»Dann sollten Sie keine Zeit verlieren. Ich bin sicher, Ihnen fallen außer der Stürmung der Heidelberger Allgemeinen noch andere Ermittlungsmethoden ein, um des Täters habhaft zu werden«, antwortete der Staatsanwalt in der Art eines Gutsherrn, erhob sich von seinem luxuriösen Schreibtischstuhl und gab den beiden die Hand. »Aber beeilen Sie sich, nicht dass Ihre Prophezeiung wahr wird und wir hier noch einen Mord bearbeiten müssen.«
»Verdammte Scheiße!« Nawrod fluchte, als sie im Wagen saßen. Er schlug mit der Faust gegen die Beifahrertür. »Dieser Sesselfurzer hat keinen Schimmer von Polizeiarbeit. Mit Thiel würde so etwas nicht passieren.«
»Wer ist Thiel?« Yalcin sah Nawrod neugierig an.
»Thiel ist ein Oberstaatsanwalt in Stuttgart, mit dem ich jahrelang sehr erfolgreich zusammengearbeitet habe. Ihm wäre der Rummel mit der Presse am Arsch vorbeigegangen. Er hätte noch heute den Durchsuchungsantrag beim Amtsgericht gestellt, und du kannst Gift darauf nehmen, dass ihn der zuständige Richter auch bewilligt hätte.«
»Leider heißt unser Staatsanwalt nicht Thiel, sondern Brügge, und Heidelberg ist nicht Stuttgart«, bemerkte Yalcin lakonisch. »Was machen wir jetzt?«
»Keine Ahnung.« Nawrod überlegte. Yalcin startete den Wagen und fuhr los.
»Was hältst du davon, wenn wir ab sofort sämtliche Postfilialen und Hauptstellen in Heidelberg besetzen und jede Person kontrollieren, die ein solches Päckchen aufgibt?«, fragte Nawrod wieder voller Tatendrang. »Es kann ja nicht so schwierig sein, die fraglichen Personen vor Ort zu bitten, zur Kontrolle des Inhalts ihr Päckchen noch einmal zu öffnen.«
»Das ist eine super Idee.« Yalcin ließ das Lenkrad los und klatschte in die Hände. »Könnte von mir stammen.« Sie grinste.
»Auf was warten wir noch. Los, gib Gas!«
Zehn Minuten später saßen sie in Wegners Büro. »Mit Staatsanwalt Brügge sind wir in der Vergangenheit eigentlich immer gut gefahren«, sagte er missmutig, als Nawrod ihm die Geschichte mit dem gescheiterten Durchsuchungsantrag vortrug. »Ist wohl eine Nummer zu groß für ihn«, bemerkte er nachdenklich. »Da ist jetzt guter Rat teuer.«
»Wir dachten … das heißt, eigentlich hatte Jürgen die Idee, sämtliche Poststellen zu besetzen und den Täter abzufangen, wenn er wieder ein Päckchen aufgibt«, sagte Yalcin nicht ohne Stolz.
Wegner runzelte die Stirn. »Das können wir unmöglich alleine stemmen. Aber der Vorschlag ist gut. Ich werde über unsere Führungsgruppe 40 Kollegen der Bereitschaftspolizei Bruchsal anfordern. Damit könnten wir meines Erachtens alle Postämter abdecken.«
»Wir müssen das sofort in Angriff nehmen. Denn sofern der Täter weitermacht, ist davon auszugehen, dass er noch heute oder spätestens morgen das nächste Päckchen aufgeben wird.«
»Das wird schwierig werden, sehr schwierig«, erwiderte Wegner. »Ich werde sehen, was sich machen lässt.« Er griff zum Telefonhörer und rief Uwe Hardig, den Leiter der Führungsgruppe an.
Wegner und Hardig waren dicke Freunde. Sie waren vor Jahren zusammen in der Dienstgruppe B des Polizeireviers Neckarstadt gewesen und dort oft zusammen durch dick und dünn gegangen. Jeder hatte sich auf den anderen verlassen können. Später hatten sie unterschiedliche Wege eingeschlagen und, jeder auf seine Art, Karriere gemacht. Doch ihre Freundschaft hatten sie all die Jahre aufrechterhalten.
Es dauerte genau 41 Minuten, bis Hardig zurückrief und mitteilte, dass die 40 Mann bereitstanden. In dieser Zeit hatte die Soko »Päckchen« alle Poststellen in Heidelberg ausfindig gemacht, mit ihnen telefoniert und das Erscheinen der jungen, in Zivil auftretenden Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftspolizei angekündigt.
Für Verkehrsteilnehmer war es äußerst imposant zu beobachten, wie 20 Polizeifahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn über die Autobahn und anschließend durch Heidelberg rasten. Die Dienstfahrzeuge parkten direkt vor der Landespolizeidirektion. Keine fünf Minuten später fand die Einsatzbesprechung statt.
»Liebe Kolleginnen und Kollegen«, begann Nawrod. »Ich bedanke mich für eure schnelle und unbürokratische Bereitschaft, uns bei der Fahndung nach einem Täter zu unterstützen. Er hat allem Anschein nach eine männliche Person in seiner Gewalt, der er inzwischen einen Finger und ein Ohr abgeschnitten sowie ein Auge herausgetrennt hat. Unsere Rechtsmedizinerin ist sich absolut sicher, dass das Opfer bei
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