Die Sünde
die Entlassung aus dem Polizeidienst nicht mehr zu vermeiden ist.«
»Na, wenigstens etwas.« Nawrod konnte ein Grinsen nicht verbergen.
»Freuen Sie sich nicht zu früh, Herr Nawrod. Wenn Neumann merkt, was auf ihn zukommt, wird er um sich beißen wie ein Straßenköter, der von allen Seiten getreten wird. Mir wäre es deshalb lieber, wenn er, wie die anderen, mit einem blauen Auge davonkäme. Das würde vor allem Ihnen, lieber Herr Nawrod, zugutekommen. Mal sehen, was sich da noch machen lässt.«
»Wie bitte? Herr Böhm, Sie schlagen sich doch nicht etwa auf die Seite dieser korrupten Schweine? Das wäre ja …« Nawrod rang um Fassung.
»Herr Nawrod, mäßigen Sie sich. Es ist ganz allein in Ihrem Interesse. Sie sind einer meiner besten Ermittler. Ich möchte Sie nicht auch noch verlieren. Deshalb habe ich beschlossen, Sie für eine Weile aus der Schusslinie zu nehmen.«
»Sie wollen mich also suspendieren?«
»Nur, wenn es keine andere Lösung gibt. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, einen anderen Weg zu finden.«
Nawrod hätte am liebsten den vor ihm stehenden Briefbeschwerer aus massivem Bronzeguss genommen und gegen die Wand geschleudert. Doch er spürte instinktiv, dass der Polizeipräsident recht hatte, nur konnte er es nicht einsehen. Nicht, wenn er so verärgert war wie jetzt und seine Emotionen drohten, ihn zu überwältigen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zwei-, dreimal tief durchzuatmen.
Das Telefon klingelte. Böhm lauschte kurz in den Hörer, nickte und sagte: »Moment mal.« Die Hand über der Sprechmuschel, wandte er sich an Nawrod: »Das war’s vorerst, Herr Nawrod. Sie hören wieder von mir.«
Er streckte Nawrod die Hand entgegen. Nawrod stand zögernd auf und überlegte kurz, ob er seinem obersten Vorgesetzten sagen sollte, was er für ein Arschloch sei, weil ihm offenbar irgendein Telefonat wichtiger war, als mit ihm über seine Zukunft zu sprechen. Doch dann besann er sich anders. Es hätte ihm nichts als noch mehr Ärger gebracht. Er erhob sich von seinem Stuhl, schüttelte Böhms Hand und verließ wortlos dessen Büro.
Nachdem Nawrod die Tür hinter sich geschlossen hatte, sprach Böhm weiter.
»Hallo, Volker, schön, dass du zurückrufst. Wie geht es dir? Was macht die Familie?
»Grüß dich, Klaus-Dieter. Der Familie geht es gut. Du wolltest mich sprechen? Was hast du auf dem Herzen?«
»Hör mal, Volker, du könntest mir einen Gefallen tun.«
»Gerne, wenn es in meiner Macht steht.«
»Das tut es ganz bestimmt, mein Lieber.«
»Dann hat die Sache wohl einen Haken, oder?«
»Wie man’s nimmt. Es geht um einen meiner besten Männer. Er war früher Leiter des Rauschgiftdezernates und bekannt dafür, riesige Fische an Land zu ziehen. Unter einem Kilo Heroin ging bei dem nichts. Sein größter Fang waren einmal dreieinhalb Zentner Hochprozentiges und ein gutes Dutzend Dreckärsche, die für lange Zeit in den Knast wanderten. Dafür und für einige andere erfolgreiche Einsätze habe ich ihm verschiedene Auszeichnungen verliehen.«
»Sag mal, Klaus-Dieter, du singst ja die reinsten Arien auf den Mann. Da stinkt doch etwas?«
Böhm räusperte sich, bevor er weitersprach. »Ich will ehrlich zu dir sein. Mein Superman ist zur heißen Kartoffel geworden. Ich möchte, dass sie sich auf einer anderen Dienststelle wieder abkühlt.«
Der Heidelberger Polizeipräsident konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Na, hör mal, ich habe hier doch kein Abklingbecken für Brennstäbe. Behalte deinen Problemfall mal lieber bei dir.«
Böhm lachte ebenfalls. »Und wenn ich dir sage, dass der Mann zurzeit Sachbearbeiter beim Dezernat 1 ist und vor Kurzem sieben Morde in einem Aufwasch geklärt hat?«
Jetzt lachte Lehmann noch herzhafter. »Sieben auf einen Streich? Ein tapferes Schneiderlein also! Das war doch die Geschichte, die tagelang in den Zeitungen zu lesen war? Wollte dich noch anrufen, um dir zu diesem großartigen Erfolg zu gratulieren. Habe es dann leider vergessen. Entschuldige! Und wie wird so ein Held zur … zur … wie sagtest du?«
»Zur heißen Kartoffel. Na ja, seine Methoden sind nicht immer ganz astrein, und im gleichen Aufwasch mit der Aufklärung der Morde ließ er drei Kollegen wegen Bestechlichkeit über die Klinge springen. Sie ließen sich von einem Starreporter korrumpieren. Das Ganze beginnt nun hochzukochen. Ich möchte meinen Mann aus der Schusslinie nehmen und da dachte ich, bei dir wäre er gut aufgehoben.«
»Und diese sieben
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