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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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einem langen, schwarzen Talar bekleidet, an dessen Ausschnitt ein weißes Hemd und eine silberne Krawatte hervorschimmerte. Radecke erkannte ihn trotz des spärlichen Kerzenlichtes sofort. Der Blonde aus der Sauna! Zu tief hatte sich das hübsche Gesicht des Strichers in sein Gedächtnis eingegraben. Er malte sich aus, was jetzt wahrscheinlich folgen würde. Die beiden würden eine unglaublich geile Nummer abziehen, an deren Ende sich alle drei in wilder Lust auf dem Fußboden wälzen und sich gegenseitig mit dem Gummiknüppel und ihren Pimmeln befriedigen würden.
    »Ich eröffne die heutige Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen Gottwald Radecke, geboren am 16.   Mai 1950 in Mannheim.« Die Stimme war laut und klang sehr ernst. Der Uniformierte und der Mann im schwarzen Talar nahmen auf ihren Stühlen Platz.
    »Jungs, was habt ihr vor? Ich mache alles mit. Dafür hättet ihr mich doch … doch nicht betäuben müssen!« Radecke versuchte, sich ein Grinsen abzugewinnen, obwohl ihn die Fesselung am linken Handgelenk schmerzte. »Bindet mich los oder lockert wenigstens das Ding hier ein bisschen.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung seines schmerzenden Handgelenkes.
    Der Mann in der Robe fuhr unbeirrt fort: »Der Angeklagte wird des schweren sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener in mehreren Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung sowie in einem Fall des schweren sexuellen Missbrauchs mit Todesfolge in Tateinheit mit Körperverletzung bezichtigt.« Die Stimme traf so schneidend an Radeckes Ohr, dass ihn schauderte.
    »Mensch, Jungs, hört auf mit dem Zirkus und bindet mich los. Wir können auch so unseren Spaß haben!«, stieß er rau hervor. »Aber ich muss zugeben, so ein Spiel mit Richter und Polizist hat was. War eine prima Idee.« Er wollte cool wirken, aber es schwang deutlich Angst in seinen Worten.
    »Angeklagter, sind Sie Gottwald Radecke und bekennen Sie sich im Sinne der Anklage schuldig?«
    »Natürlich bin ich Gottwald Radecke! Aber woher … woher kennst du meinen Namen? Wir hatten uns doch noch gar nicht vorgestellt?« Radecke überlegte kurz. »Ah, so ist das! Ihr beide habt mich gerippt und mir mein Portemonnaie samt Personalausweis geklaut!«
    »Angeklagter, mäßigen Sie sich. Antworten Sie bitte auf meine Frage: Bekennen Sie sich schuldig?«
    In Radecke kamen Zweifel auf. Ihm schwante so langsam, dass das kein Spiel war, sondern bitterer Ernst. Ad hoc entschloss er sich, den Ahnungslosen zu mimen. »Ich habe keinen Schimmer, wovon du sprichst!«
    »Angeklagter, ich weise Sie darauf hin, dass Sie dem hohen Gericht Respekt entgegenzubringen haben. Sie haben mich mit Euer Ehren anzusprechen. Jede Missachtung des hohen Gerichtes zieht eine sofortige Strafe nach sich. Haben Sie mich verstanden?«
    »Macht doch keinen Scheiß, Jungs! Wir können über alles reden!«, stieß Radecke hastig hervor. Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, sauste der Schlagstock mit voller Wucht auf seinen Unterarm nieder. Er schrie laut. Der Schmerz war so höllisch, dass Radecke sofort Tränen in die Augen schossen. Er keuchte schwer.
    »Angeklagter, ich frage Sie noch einmal, bekennen Sie sich schuldig?«
    Radecke versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Nein, das war kein Spiel, da war er sich jetzt sicher. Aber was sollte er antworten? Er stöhnte laut, bevor er sich zu einer Antwort zwang. »Ich bekenne mich … ich bekenne mich nicht schuldig … Euer Ehren.«
    Der Mann in der schwarzen Robe nickte. »Dann treten wir in die Beweisführung ein. Meine erste Frage lautet: Kennen Sie einen Mann namens Philipp Otte?«
    In diesem Moment begriff Radecke, was Sache war. »Ja«, sagte er leise.
    »Ich habe Sie nicht verstanden und wiederhole noch einmal meine Frage: Kennen Sie einen Mann namens Philipp Otte?«
    Radecke spürte, dass es jetzt um alles oder nichts ging. Doch was sollte er antworten? Jedes Wort könnte ihn den Kopf kosten. Er war den beiden auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Was wussten sie von ihm und Philipp Otte? Offensichtlich wussten sie, dass es zwischen ihm und Otte einen Kontakt gegeben hatte, sonst hätte ihn der Mann in der schwarzen Robe nicht explizit danach gefragt. Also konnte er das zugeben, ohne etwas befürchten zu müssen.
    »Ja, ich kenne Philipp Otte«, presste Radecke zwischen den Lippen hervor. Der Schlagstock sauste ein zweites Mal auf die gleiche Stelle seines Unterarmes. Radecke schrie auf. Er zitterte am ganzen Körper.
    »Sie haben Euer Ehren vergessen!«,

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