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Die Sünde

Die Sünde

Titel: Die Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Feller
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dass er die Polizei und die Presse als seine Werkzeuge benutzt. So fand er in dem allseits geschätzten Kollegen Nawrod einen Polizisten, der ihn mit der Aufklärung eines spektakulären Selbstmordes zufälligerweise auf die Idee brachte, seine Tat so zu begehen, dass er in der Presse höchste Aufmerksamkeit erreichte. Als Einstieg sandte er natürlich nicht gleich einen abgetrennten Kopf an den Kollegen, sondern erst einen weniger spektakulären Zeigefinger, und zwar den rechten.« Uhl schaute leicht triumphierend in Richtung Nawrod, der in diesem Moment ungläubig seinen Kopf schüttelte und bei sich dachte: »Wir haben mindestens zwei Täter, du Klugscheißer, und die werde ich dir sehr bald präsentieren.«
    »Ich weiß, Kollege Nawrod, es ist nicht leicht, das alles zu verstehen. Doch die erste Botschaft gibt hierzu einen eindeutigen Hinweis. Sie ist auf Lateinisch verfasst und wurde zunächst falsch übersetzt. Insofern konnte ihre Bedeutung auch nicht erkannt werden.«
    Sabine Bauer und Nawrod sahen sich verblüfft an. Die Kriminaltechnikerin errötete. Jetzt war es Nawrod, der seine Hand auf ihren Unterarm legte, als ob er sie vor weiterem Unheil beschützen wollte.
    » Mihi viam monstrabas lautet die erste Botschaft des Täters. Fälschlicherweise wurde das in der Akte mit Zeige mir den Weg übersetzt. Da ich sichergehen wollte, habe ich einen Professor für Lateinische Sprache an der Gutenberg-Universität in Mainz mit der Übersetzung der vier Botschaften beauftragt. Gestern Abend kam das Ergebnis. Die erste Botschaft heißt richtigerweise Du zeigtest mir den Weg und war direkt an Kriminalhauptkommissar Nawrod gerichtet. Darüber gibt es keinen Zweifel. Die Botschaft ist demnach so zu interpretieren, dass der Täter erst durch Aufklärung des Selbstmordes und die anschließende breite Berichterstattung in den Zeitungen dazu animiert wurde, mit abgetrennten menschlichen Körperteilen die Aufmerksamkeit zu erregen, die er sich erhofft und die er eventuell für sein weiteres Vorgehen benötigt.«
    »Sie glauben also, dass der Mörder ein sensationsgeiler Verrückter ist, der den Blick der Öffentlichkeit auf sich richten und daraus Kapital schlagen will?«, fragte Wegner, der natürlich Ansgar Haider und Robert Pfaff im Hinterkopf hatte.
    »Den ersten Teil Ihrer Frage muss ich eindeutig mit Ja beantworten«, entgegnete Uhl Wegner selbstsicher. »Ob der Mörder aber daraus Kapital schlagen will, wird sich noch herausstellen. Möglicherweise könnten die Verstümmelungen und der erste Mord nur eine Warnung und ein Hinweis darauf sein, zu was der Täter fähig ist, wenn in Zukunft nicht nach seiner Pfeife getanzt wird. Das wird sich aber bestimmt noch zeigen, denn der Mörder wird wieder zuschlagen. Es ist meines Erachtens nur eine Frage der Zeit, wann das geschehen wird. Irgendwann wird er uns auch sein Motiv und sein Ziel mitteilen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er zum Erreichen dieses Zieles weiterhin sowohl die Presse als auch unseren Kollegen Nawrod benötigt oder besser gesagt benutzt.«
    Wegner nickte zufrieden. Es war im Hinblick auf Haider und Pfaff nicht ganz, was er sich von dem Profiler erhofft hatte. Doch immerhin traf einiges auf die beiden zu. Und Uhl war ja noch nicht fertig.
    Nawrod hatte sich mit Fragen und Einwänden absichtlich zurückgehalten. Er hatte noch nie besonders viel von derartigen Hypothesen und Vermutungen gehalten. Auch nicht von den OFA s, den Operativen Fallanalysten, wie die Profiler genannt wurden. Seines Erachtens wurden diese selbsternannten »Hellseher« überschätzt. Ihm war kein Fall bekannt, bei dem ein Profiler wirklich unmittelbar zur Aufklärung eines schweren Verbrechens beigetragen hatte.
    Uhl fuhr fort: »Der Täter weiß durch die Presseveröffentlichungen, dass es sich bei dem Kollegen Nawrod um einen äußerst tüchtigen Mordermittler handelt. Nun will er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen will er die Kompetenz und die durch die Presse gewonnene Berühmtheit Nawrods nutzen, um sich und sein Tun aufzuwerten, und zum anderen sehe ich auch darin Anzeichen dafür, dass sich der Täter einen sportlichen Wettkampf mit dem Kollegen liefern möchte, wenn ich das mal so ausdrücken darf.«
    »Ein Spiel mit seinem Henker«, brummte Nawrod mehr zu sich selbst, aber so laut, dass es Bauer und Yalcin hören konnten. Wieder spürte er die Hand der Kriminaltechnikerin auf seinem Unterarm. Ein kurzer, aufmunternder Druck und schon zog sie ihre Hand

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